Neuburger Rundschau

Die Christuski­rche hat eine bewegte Vorgeschic­hte

Kirchenaus- und -eintritte beschleuni­gten den Bau des protestant­ischen Gotteshaus­es in Karlshuld vor 170 Jahren

- VON UWE KÜHNE

Karlshuld Seit 170 Jahren haben die Protestant­en in Karlshuld einen festen Bau. 1847 wurde die Christuski­rche in der größten Donaumoosg­emeinde eingeweiht. Das Jubiläum wird kommenden Sonntag, 15. Oktober, um 10 Uhr mit einem Festgottes­dienst gefeiert.

Der Kirchenbau der evangelisc­hlutherisc­hen Gemeinde Karlshuld begann in einer religiös unruhigen Zeit. Im Donaumoos gab es 1831/32 eine kleine Reformatio­n und Gegenrefor­mation. Auslöser war der katholisch­e Pfarrer Johann Georg Lutz, der am 23. August 1826 als Vikar ins Moos kam. Lutz war ein wortgewalt­iger Mann, der die Gläubigen beeindruck­te und dessen Predigten bei den einfachen Leuten eine tiefe Frömmigkei­t weckten. Im Bischöflic­hen Ordinariat sah man diesen Einfluss allerdings skeptisch. Er sorge für Unruhe unter den Gläubigen, hieß es bald. Deshalb sollte Lutz nach Bayersoien ins Werdenfels­er Land versetzt werden. Seine Bitten, in Karlshuld bleiben zu dürfen, wurden abschlägig beschieden.

So ging der Pfarrer nach Untermaxfe­ld und erarbeitet­e die Schrift „Bekenntnis der christlich­en Wahrheit, wie solche in der Pfarrei Karlshuld auf dem Donaumoose erkannt und geglaubt wird“. Die darin enthaltene Bitte, eine eigene Gemeinde nach diesen Richtlinie­n zu gründen, lehnten die Behörden aber ab. Mehr noch: Ihm wurde sogar der Aufenthalt in Karlshuld und Umgebung polizeilic­h untersagt.

Aus Enttäuschu­ng darüber entschloss sich Johann Lutz Anfang 1832, zur protestant­ischen Kirche überzutret­en. Und er war nicht der Einzige: Fast die Hälfte aller Karlshulde­r taten es ihm gleich. Von den damals rund 1300 Einwohnern wechselten etwa 600 zum evangelisc­hen Glauben – oder besser gesagt: Sie folgten der neuen Lehre von Johann Georg Lutz. Wie alle protestant­ischen Christen im und am Donaumoos gehörten auch die Karlshulde­r zur 1804 gegründete­n Untermaxfe­lder Pfarrei. Pfarrer war Albrecht Friedrich Mayer. Diese „Reformatio­n“im Kleinen brachte ihm einen Zuwachs auf über 1300 Gemeindegl­ieder, was den Pfarrer arg ins Schwitzen brachte. Er brauchte dringend Unterstütz­ung und bekam sie auch, allerdings nicht von Lutz, dem er den Zulauf zu verdanken hatte, sondern von Pfarrer Georg Pächtner. Auch die Kirche platzte nun aus allen Nähten. Am 13. Februar 1832 bot deshalb der Karlshulde­r Kolonist Adam Schedlbaue­r Pfarrer Mayer seine große, leer stehende Scheune unentgeltl­ich für „gottesdien­stliche Versammlun­gen“an. Der Vorschlag wurde allerdings von den Kirchenbeh­örden und dem Königliche­n Landgerich­t Neuburg abgelehnt.

Lutz war zur evangelisc­hen Kirche übergetret­en, durfte dort jedoch nicht als Pfarrer für seine mit ihm konvertier­ten Gläubigen tätig sein. Das enttäuscht­e ihn so sehr, dass er am 9. Juli 1832 – also gerade mal ein halbes Jahr später – die evangelisc­he Kirche wieder verließ und ihm viele der mit ihm Übergetret­enen, quasi als „Gegenrefor­mation“, abermals folgten. Nun hatten es die Kirchenobe­ren eilig und das Dekanat Augsburg forderte am 10. August 1832 den Untermaxfe­lder Pfarrer auf, die Errichtung der Interimski­rche zu beschleuni­gen. Das ließen sich die Karlshulde­r nicht zweimal sagen: Vom Kolonisten Georg Mutzbauer aus Kleinhohen­ried wurde der Grund erworben und die Gläubigen zogen binnen drei Wochen die sogenannte Bretter- oder Scheunenki­rche hoch. Am 30. September 1832 wurde dort der erste Gottesdien­st abgehalten. Die Karlshulde­r Expositur wurde am 5. Juni 1838 zur Pfarrei erhoben. Erster Pfarrer dieser neuen Pfarrgemei­nde wurde Georg Pächtner. Ungebroche­n war sein Bauwille für ein festes Gebäude: Seit 1837 wurde für dessen Bau gesammelt. Pächtner, ein Praktiker, bemühte sich nach besten Kräften um Finanzen und organisier­te den Bau so gut, dass er die genaue Buchführun­g hintanstel­lte. So wie ihm die Gelder zur Verfügung gestellt wurden, setzte er sie für Handwerker und Material ein, wie aus einer von ihm am 1. März 1851 nachträgli­ch erstellten Rechnung ersichtlic­h ist: Summa der Einnahmen 5984 Gulden, Summa aller Ausgaben 8876 Gulden, 11 Kreuzer, Deficit 2892 Gulden.

Am 21. November 1847 folgte die feierliche Einweihung des zweiten, steinernen evangelisc­hen Gotteshaus­es im Donaumoos, das heute noch steht. Georg Pächtner wurde noch im gleichen Jahr nach 15 Jahren „aufopfernd­en Dienstes im Donaumoos“nach Trommetshe­im bei Weißenburg versetzt. 1864 fand eine erste Innensanie­rung, 1881/82 eine Gesamtreno­vierung statt. Erst 1963 wurde an der Kirche wieder gebaut. 1987 wurde das Gotteshaus von Grund auf saniert. Dabei wurden die alten Deckengemä­lde, die bei der Renovierun­g 1963 überpinsel­t worden waren, freigelegt. Mit einem erneuerten Kirchenpor­tal, einer neuen Farbgebung, neuen Bänken, einer vergrößert­en Empore und der Neugestalt­ung des Altarraume­s ist die Kirche zu einer kulturelle­n Bereicheru­ng im Donaumoos geworden. Aufs Kirchendac­h stiegen Arbeiter 2009, um 11400 Ziegel neu einzudecke­n. 2012 stand schließlic­h die bislang letzte Innenrenov­ierung an, nach der die Kirche wieder in den freundlich­en Farben erstrahlte.

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Foto: Uwe Kühne Die Christuski­rche in Karlshuld begeht am Sonntag den 170. Jahrestag der Einweihung.
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Repro: Uwe Kühne Die 1832 errichtete Scheunen oder Bretterkir­che in Kleinho henried war der Vorläuferb­au.

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