Sind Matratzen giftig?
Der Chemiekonzern BASF hat ein potenziell krebserregendes Produkt zur Herstellung von Möbeln und Matratzen ausgeliefert. Was das für Käufer bedeutet
Viele Hersteller von Matratzen und Möbeln haben ihre Produktion gestoppt. Was Einzelhändler dazu sagen und ob für Kunden eine Gefahr besteht.
Neuburg Die Vorstellung ist unangenehm: Menschen kaufen sich eine neue Matratze, kuscheln sich in ihr Bett, da kommt die Meldung, sie könnten sich mit ihrer neuen Traumunterlage nichts ahnend krebserregende Stoffe nach Hause geholt haben. Diese sind in einem Produkt der BASF nachgewiesen worden, aus dem Schaumstoffe hergestellt werden. Auch wenn viele Hersteller davon betroffen sind, können die Kunden weiterhin Matratzen kaufen – lediglich die Wartezeit kann sich erhöhen. Wir haben bei Einzelhändlern nachgefragt, wie groß die Gefahr ist und ob bereits belastete Produkte in Umlauf gekommen sind.
Entwarnung kommt von Peter Segeth, Geschäftsführer von Betten Lierheimer in der Neuburger Innenstadt. „Bisher wissen wir von keinem einzigen Produkt, das belastet sein könnte und bei einem unserer Kunden gelandet wäre“, sagt er. Allerdings würden bei den Herstellern derzeit noch Tests laufen. Potenziell betroffen seien alle Produkte, die Schaumstoffe enthalten: Matratzen, Kissen, Boxspringbetten, Kopfteile und Wäschetruhen. Bei ihm im Geschäft macht das rund 40 Prozent des Sortiments aus. „Sollte sich herausstellen, dass dennoch ein belastetes Produkt in Umlauf geraten ist, wird dies umgehend kostenlos ausgetauscht“, versichert er. Es gäbe auch Hersteller oder bestimmte Produktlinien, die überhaupt nicht betroffen sind.
Zum Hintergrund: Der Chemiekonzern BASF hat über einen Monat hinweg ein belastetes Kunststoffgrundprodukt für Möbel und Matratzen ausgeliefert, teilte BASF am Dienstag mit. Der Stoff enthalte eine deutlich erhöhte Konzentration an Dichlorbenzol, das Haut, Atemwege und Augen reizen kann und im Verdacht steht, Krebs zu verursachen. „Es gibt nur relativ wenige Chemiekonzerne, die das entsprechende Kunststoffgrundprodukt herstellen, deswegen sind so viele Hersteller davon betroffen“, erklärt Segeth. Der Spezialkunststoff wird in der Möbelindustrie zur Herstellung von Matratzen sowie für Polsterungen oder Holzbeschichtungen benutzt. Auch in der Automobilindustrie wird er verwendet, etwa für Sitzpolster.
Hans-Jürgen Gruber, der Geschäftsführer des gleichnamigen Möbelhauses in Gaimersheim, sagt, drei seiner Polstermöbelfabrikanten hätten bereits die Produktion einge- stellt. Er vermutet, es handelt sich um reine Vorsichtsmaßnahmen, genau sagen ließe sich das zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht. Bisher sei ihm jedenfalls kein Möbelstück bekannt, das belastet gewesen sei und an Kunden ausgeliefert worden wäre. Denn seine Hauptlieferanten würden nicht mit BASF, sondern mit einem anderen Produzenten zusammenarbeiten.
Für Ralf Kordetzky vom Neuburger Bettenfachgeschäft „Schlaf gut“kommt die Nachricht zur Unzeit. „Gerade jetzt im Herbst, wo unsere Saison beginnt, haben die meisten Matratzenlieferanten die Produktion eingestellt und ihre Auslieferungen gestoppt.“Für die Kunden bedeutet dies, dass sie sich auf eine bis zu drei Wochen längere Wartezeit einstellen müssen. Normalerweise kommen sie zu ihm ins Geschäft, entscheiden sich für eine Matratze und haben diese in der Regel zehn Tage später bei sich zuhause.
Matratzenlieferungen, die in den vergangenen vier Wochen eingegangen seien, würden derzeit akribisch geprüft, ob sie von betreffenden Chargen stammen, erklärt Kordetzky. Auch er habe bisher noch keine Matratze zurückrufen müssen. Außerdem sei noch ungeklärt, ob die verarbeiteten Endprodukte überhaupt die Grenzwerte übersteigen würden. Eines zeige der Verkaufsstopp aber in jedem Fall: „Die Kontrollmechanismen funktionieren und die Matratzenhersteller nehmen ihre Verantwortung in Sachen Verbraucherschutz sehr ernst.“Das sei auch wichtig, betont Peter Segeth von Betten Lierheimer: Schließlich verbringt der Mensch an keinem Ort der Welt so viel Zeit wie in seinem Bett.