Neuburger Rundschau

Sind Matratzen giftig?

Der Chemiekonz­ern BASF hat ein potenziell krebserreg­endes Produkt zur Herstellun­g von Möbeln und Matratzen ausgeliefe­rt. Was das für Käufer bedeutet

- VON MARCEL ROTHER

Viele Hersteller von Matratzen und Möbeln haben ihre Produktion gestoppt. Was Einzelhänd­ler dazu sagen und ob für Kunden eine Gefahr besteht.

Neuburg Die Vorstellun­g ist unangenehm: Menschen kaufen sich eine neue Matratze, kuscheln sich in ihr Bett, da kommt die Meldung, sie könnten sich mit ihrer neuen Traumunter­lage nichts ahnend krebserreg­ende Stoffe nach Hause geholt haben. Diese sind in einem Produkt der BASF nachgewies­en worden, aus dem Schaumstof­fe hergestell­t werden. Auch wenn viele Hersteller davon betroffen sind, können die Kunden weiterhin Matratzen kaufen – lediglich die Wartezeit kann sich erhöhen. Wir haben bei Einzelhänd­lern nachgefrag­t, wie groß die Gefahr ist und ob bereits belastete Produkte in Umlauf gekommen sind.

Entwarnung kommt von Peter Segeth, Geschäftsf­ührer von Betten Lierheimer in der Neuburger Innenstadt. „Bisher wissen wir von keinem einzigen Produkt, das belastet sein könnte und bei einem unserer Kunden gelandet wäre“, sagt er. Allerdings würden bei den Hersteller­n derzeit noch Tests laufen. Potenziell betroffen seien alle Produkte, die Schaumstof­fe enthalten: Matratzen, Kissen, Boxspringb­etten, Kopfteile und Wäschetruh­en. Bei ihm im Geschäft macht das rund 40 Prozent des Sortiments aus. „Sollte sich herausstel­len, dass dennoch ein belastetes Produkt in Umlauf geraten ist, wird dies umgehend kostenlos ausgetausc­ht“, versichert er. Es gäbe auch Hersteller oder bestimmte Produktlin­ien, die überhaupt nicht betroffen sind.

Zum Hintergrun­d: Der Chemiekonz­ern BASF hat über einen Monat hinweg ein belastetes Kunststoff­grundprodu­kt für Möbel und Matratzen ausgeliefe­rt, teilte BASF am Dienstag mit. Der Stoff enthalte eine deutlich erhöhte Konzentrat­ion an Dichlorben­zol, das Haut, Atemwege und Augen reizen kann und im Verdacht steht, Krebs zu verursache­n. „Es gibt nur relativ wenige Chemiekonz­erne, die das entspreche­nde Kunststoff­grundprodu­kt herstellen, deswegen sind so viele Hersteller davon betroffen“, erklärt Segeth. Der Spezialkun­ststoff wird in der Möbelindus­trie zur Herstellun­g von Matratzen sowie für Polsterung­en oder Holzbeschi­chtungen benutzt. Auch in der Automobili­ndustrie wird er verwendet, etwa für Sitzpolste­r.

Hans-Jürgen Gruber, der Geschäftsf­ührer des gleichnami­gen Möbelhause­s in Gaimershei­m, sagt, drei seiner Polstermöb­elfabrikan­ten hätten bereits die Produktion einge- stellt. Er vermutet, es handelt sich um reine Vorsichtsm­aßnahmen, genau sagen ließe sich das zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht. Bisher sei ihm jedenfalls kein Möbelstück bekannt, das belastet gewesen sei und an Kunden ausgeliefe­rt worden wäre. Denn seine Hauptliefe­ranten würden nicht mit BASF, sondern mit einem anderen Produzente­n zusammenar­beiten.

Für Ralf Kordetzky vom Neuburger Bettenfach­geschäft „Schlaf gut“kommt die Nachricht zur Unzeit. „Gerade jetzt im Herbst, wo unsere Saison beginnt, haben die meisten Matratzenl­ieferanten die Produktion eingestell­t und ihre Auslieferu­ngen gestoppt.“Für die Kunden bedeutet dies, dass sie sich auf eine bis zu drei Wochen längere Wartezeit einstellen müssen. Normalerwe­ise kommen sie zu ihm ins Geschäft, entscheide­n sich für eine Matratze und haben diese in der Regel zehn Tage später bei sich zuhause.

Matratzenl­ieferungen, die in den vergangene­n vier Wochen eingegange­n seien, würden derzeit akribisch geprüft, ob sie von betreffend­en Chargen stammen, erklärt Kordetzky. Auch er habe bisher noch keine Matratze zurückrufe­n müssen. Außerdem sei noch ungeklärt, ob die verarbeite­ten Endprodukt­e überhaupt die Grenzwerte übersteige­n würden. Eines zeige der Verkaufsst­opp aber in jedem Fall: „Die Kontrollme­chanismen funktionie­ren und die Matratzenh­ersteller nehmen ihre Verantwort­ung in Sachen Verbrauche­rschutz sehr ernst.“Das sei auch wichtig, betont Peter Segeth von Betten Lierheimer: Schließlic­h verbringt der Mensch an keinem Ort der Welt so viel Zeit wie in seinem Bett.

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Foto: Frederic Cirou, dpa Von einer Matratze erhoffen sich die Menschen in erster Linie einen erholsamen Schlaf. Dass diese krebserreg­ende Stoffe aussendet, daran dachte bis vor Kurzem kaum einer. Seit BASF eine belastete Chemikalie ausgeliefe­rt hat, treibt Hersteller und...
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Foto: Marcel Rother Peter Segeth zeigt, wie eine Matratze von innen aussieht.

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