Gärtnermeister kritisiert gepflanzte Bäume
Im Neubaugebiet Neuburg-West wurden 75 Bäume gepflanzt. Aber 69 von ihnen sind kritikwürdig. Gärtnermeister Uwe Silbernagel zeigte den Stadträten viele Beispiele einer verpfuschten Planung
Neuburg Je länger Uwe Silbernagel referierte, je mehr Bilder er zeigte, desto länger wurden die Gesichter. Denn das, was der Neuburger Gärtnermeister den Mitgliedern des Bauausschusses präsentierte, war alles andere als rühmlich.
Vor einiger Zeit war Silbernagel vom Agendakreis 21 eingeladen worden, einen Vortrag über den Status der Bepflanzungen in der Stadt und die Probleme bei der Gestaltung der Grünanlagen in Neubaugebieten und bei Gewerbebetrieben in Neuburg zu halten. Einige Stadträte waren damals anwesend und beeindruckt, so dass sie Silbernagel gebeten hatten, eine Zusammenfassung den Mitgliedern des Bauausschusses zu präsentieren. Gesagt – getan.
Der Gärtnermeister hatte für seinen Vortrag eine Reihe von Bildern mitgebracht. Er zeigte viele positive Beispiele – vor allem auf öffentlichen Grünflächen –, wo Flecken ansprechend und durchdacht gestaltet sind oder gefällte Bäume nach Neubauten wieder gepflanzt wurden, so zum Beispiel an der Schwalbangerschule. Aber er hatte auch viele Schwachstellen gefunden. So zum Beispiel in der neu gestalteten Blumenstraße. Toll, dass dort an Bäume gedacht wurde, meinte Silbernagel. Schade allerdings, dass einige im Abbiegebereich gepflanzt wurde, wo tagtäglich hunderte Autos über das Wurzelwerk fahren. Vorbildlich sei auch die Eybstraße mit Grün versehen worden. Blöd nur, dass unter jedem zweiten Baum eine Straßenlaterne installiert sei. „Da muss der Baum natürlich regelmäßig beschnitten werden“, sagte der Gärtnermeister.
Zum Thema Rückschnitt hatte er noch allerhand weitere Beispiele dabei, zum Beispiel im Heckenweg, wo die Baumreihe nur knapp 50 Zentimeter von der Straße gepflanzt wurde. „Sobald die Bäume etwas größer sind, werden Müllautos oder andere Lastwagen Probleme kriegen.“
Berufsbedingt verfolgt der Neuburger Gärtner seit fast 40 Jahren die Grünentwicklung seiner Heimatstadt. Besonders negativ aufgefallen ist ihm in den vergangenen Jahren, dass bei dem Bau von größeren Blöcken, Mehrfamilienhäusern und Gewerbebetrieben kaum noch ein Grashalm auf den Grundstücken zu finden ist. Meist finden sich nur noch Kiesflächen.
Anders dagegen im Neubaugebiet Neuburg-West. 75 Bäume seien dort gepflanzt worden, berichtet Silbernagel. Das lasse das Gärtnerherz höherschlagen, trotzdem gebe es auch hier ein großes Aber. Sage und schreibe 69 von ihnen entsprächen nämlich nicht der Norm. Unter zwölf wurden Verteilerkästen installiert, eine Sache, die rechtlich gar nicht erlaubt sei. „Entweder oder Strom.“Anderen Bäumen wurde zwar eine große Fläche zum Wachsen gegönnt, aber der Baum selbst am äußersten Zipfel gepflanzt. Zu viele Leitungen und Rohre der Stadtwerke würden unter den Baumscheiben verlaufen, so dass eine mittige Bepflanzung schier nicht möglich sei, erklärte Silbernagel. In den Kreisverkehren stehen – nein, nicht zentral, sondern am Rand – Eichen, und die werden riesig. Für eine Kreisverkehrsbepflanzung seien Eichen eigentlich nicht erste Wahl. Zwei von ihnen seien ohnehin schon tot, nur ein gut einjähriges Leben war ihnen beschie- den – vermutlich aus Platzmangel für ihr Wurzelwerk. Und noch ein letztes Beispiel: Vor den Häusern wurden Obstbäume gepflanzt. „Für die Durchfahrt von Müllautos, Möbeltransportern und Co. braucht man eine Mindesthöhe von 4,50 Metern. Das schafft ein Obstbaum nie!“Es sei also eine Frage der Zeit, bis auch diese Bäume sterben. Einige von ihnen sehen jetzt schon durch die vielen Baufahrzeuge äußerst zerrupft aus.
Nach zehn Minuten Vortrag war die Überraschung bei den Stadträten groß. Oberbürgermeister Bernhard Gmehling war alles andere als beBaum geistert. „Sie tun sich leicht. Wir haben gewisse Zwänge, an die wir uns halten müssen.“Das ist Uwe Silbernagel natürlich klar, wie er beschwichtigte. Er stehe in gutem Kontakt mit dem städtischen GrünMitarbeiter Christian Smyczek, als auch mit dem Chef des Bauhofs, Christian Winkler. Er wolle die Stadträte mit seinem Vortrag nur zum Nachdenken anregen, mehr nicht. Ihm sei klar, dass es nicht überall eine Lösung gebe, die alle befriedige, aber an der ein oder anderen Stelle wäre etwas mehr Kommunikation, vor allem zwischen Stadtbauamt und Stadtwerken, wünschenswert – und im Sinne der Natur sowie der Steuergelder.
„Da müssen wir uns schon selbst an der Nase packen“, sagte Freie Wähler-Stadtrat Roland Harsch. „Das Grün wird bei uns bei jeder Planung hinten angestellt.“Und Alfred Hornung (CSU), selbst Förster, meinte, dass die Überwachung der Maßnahmen während des Baus intensiver werden müsse. „Auch von unserer Seite aus.“Und beim Planen müsse man schon bei den grünen Kringeln im Plan genauer hinschauen, mahnte Heinz Schafferhans (SPD) seine Ausschusskollegen an.