Musikalisch und verbal was auf die Ohrwaschel
Seit einem Vierteljahrhundert schon gibt es die Vereinigten Well-Verehrerinnen (VWV) im Markt Pöttmes. Zum Jubiläum gratulieren Michael Well und die drei Haxn. Zwei weitere „Well“-Veranstaltungen folgen im November
Pöttmes Das Alphorn wanderte über die Köpfe der Musiker, Gitarre und Banjo wurden flugs vom Mann zur Frau gereicht, das Akkordeon spielte mal die eine, mal die andere. Die Drehleier, das Saxofon, die Triangel sind im Einsatz. Was die Instrumenten-Vielfalt und die musikalische Virtuosität der drei auf der Bühne betraf, stand der Auftritt von Michael Well und den drei Haxn ohne Weiteres in der Tradition der legendären Well-Dynastie. Der Ex-Biermösler Michael Well hatte sich mit Anni Preuß und Claudia Pichler zwei außerfamiliäre weibliche Haxn ins Boot geholt. Das Fremdgehen ließ aufhorchen.
Wo Well drauf steht, muss auch Well drin sein. Oder, wie Eva Ziegler von den Vereinigten Well-Verehrerinnen (VWV) verkündete: „Well bürgt für Qualität.“Dass es Well sein musste, war klar. Das silberne Jubiläum ihrer innigen Beziehung zur Großfamilie Well durften die VWV nicht ohne ihre Lieblinge feiern.
So lagen die Erwartungen bei den beiden Damen Anni und Claudia, die sich als Nicht-Wellsche Gewächse gehörig einen Hax’n ausreißen mussten. Die Operation gelang. Zumal Michael Well als sensibler und charmanter Frauenversteher agierte, den Damen musikalisch und kabarettistisch zuarbeitete, ohne deren ureigene Potenziale unter den Tisch zu spielen.
Der Profi umschrieb das Unternehmen folgendermaßen: „Was wir machen, ist reine Gaudi – ohne den ständig hohen Anspruch.“Doch das wollte und sollte man doch nicht so recht glauben. Natürlich steckt in den begabten Damen in jeder Beziehung mehr drin, als das, was sie vor nur 80 Zuhörern im Gasthof Ochsnwirt zum Besten gaben. Zwar war die Stimmung im Saal nicht auf Anhieb so mitreißend, dass die Akteure gleich zur vollen Entfaltung kamen. A Gaudi war’s allemal.
Die Gymnasiallehrerin Anni Preuß aus Passau und die promovierte Claudia Pichler aus München fabulierten und spielten sich hinein in ein Programm, das als kunterbuntes Durcheinander von Texten und Tönen überraschte und amüsierte. Im Zwiegespräch behauptete sich die Passauerin Preuß als selbstbewusster, männerorientierter Trampel aus der Provinz, die Münchnerin Pichler rümpfte empört ihr städtisch-kultiviertes Näschen. Beide bedienten mehrere Instrumente, an einigen üben sie noch. Sagte Michael und hievte der zierlichen Claudia die 14 Kilo schwere Tuba auf den Schoß.
Ihr entlockte sie irre tiefe Töne, die auch schon mal den Michael beim Steppen begleiteten. „HeavyMetal Stubenmusi“, hieß das dann. Dazwischen sang furios die blonde Anni aus Passau. Oder sie ließ dialektgefärbten Dampf ab in Richtung Dienstleistungssektor. Deren Vertretern flogen die Schimpfwörter nur so um die Ohrwaschel. Die Claudia musste auch singen, traf dabei aber nicht immer den richtigen Ton. Das, wie auch die gespielte Unsicherheit beim Vortragen ihrer Texte, entbehrte nicht eines gewissen bodenständigen Charmes.
Volksmusik wechselte sich ab mit Stubenmusik, mündete in eine Musette und keltische Melodien. Textmäßig war die echte Haxn, das „Mehr Fleisch“, allgegenwärtig. Samt der tragischen Verwicklungen in den menschlichen Gedärmen und tierischen Befindlichkeiten. Die fleischgewordenen Tragödien besang Michael Well mit großer Inbrunst. Die Damen gaben die Töne an, wenn die verliebte Fleischfliege Alois Brummer seiner angebeteten Fruchtfliege Jessica auf der Fleischtomate das todbringende Ja-Wort gab. Wenn Adam jammerte, man möge ihm doch um Gottes Willen seine Rippe wieder einsetzen. Ganz zum Schluss wurde doch noch à la Well mit Witz und Ironie g’stanzelt: mit kleinen Seitenhieben auf die lokalen Zustände, auf den Söder, die AFD und die CSU.
„Fleisch ist unser Gemüse“, mögen sich die VWV gedacht haben. Sie bedankten sich mit einem riesigen Korb voller Bio-Gemüse. Die nächsten Wells kommen bald: Am Freitag, 3. November, tritt Hansi Well in Pöttmes auf und am Sonntag, 3. Dezember, der Stofferl samt den Wellküren.