Neuburger Rundschau

Ein Polizist mit Zottelhaar­en

Gericht Ein Mann aus der linken Szene soll eine Flasche geworfen haben. Vor Gericht soll ein verdeckter Ermittler den Vorgang klären. Warum der vorher eine Perücke verpasst bekam

- VON LUZIA GRASSER

Der Mann sah ziemlich verwahrlos­t aus. Lange Zottelhaar­e, ein grauer Bart, der über das halbe Gesicht gewachsen schien und dann noch eine Hornbrille mit dicken Gläsern, die so aus der Mode ist, dass sie bei manchen Hipstern vielleicht schon wieder angesagt ist. Jedenfalls stand dieser Mann dem Gericht gestern Rede und Antwort. Und er hatte eine Polizeiuni­form an. Die Maskerade diente einzig und allein dazu, nicht das wahre Gesicht des Beamten zu zeigen. Denn der arbeitet als verdeckter Ermittler bei der Polizei und soll von niemandem erkannt werden.

Angeklagt ist ein 27-Jähriger aus Ingolstadt. Ihm wird vorgeworfe­n, bei einer Demonstrat­ion vor eineinhalb Jahren eine grüne 0,33l-Bierflasch­e geworfen zu haben. Der Polizist hat das eigenen Angaben zufolge alles beobachtet und dafür gesorgt, dass der Mann, der zur linken Szene zu rechnen ist, festgenomm­en worden war und sich jetzt vor Gericht verantwort­en muss.

Der Flaschenwu­rf soll sich im April vergangene­n Jahres zugetragen haben. Damals hatten rund 70 rechtsextr­eme Mitglieder des Dritten Wegs in Ingolstadt eine Demonstrat­ion veranstalt­et. Sie zogen vom Brückenkop­f durch die Innenstadt und wieder zurück. Den Rechtsextr­emen stellten sich zahlreiche Symbolbild: Caroline Seidel/dpa Gegendemon­stranten in den Weg. Die Stimmung war aufgeheizt, es wurde gegrölt, gepfiffen, Parolen geschmette­rt. Ein großes Polizeiauf- gebot versuchte, die Situation nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. All das ist auch auf einem Video zu sehen, das sich das Gericht gestern angeschaut hat. Und noch etwas: An der Konrad-Adenauer-Brücke wirft jemand eine Flasche in Richtung der Rechtsradi­kalen. Dabei soll es sich um den Angeklagte­n handeln, ist sich der Polizist sicher. Obwohl er vermummt war, sich ein Tuch über die Nase gebunden hatte, eine Sonnenbril­le trug und sich eine schwarze Kapuze übergezoge­n hatte. Doch nach der Tat soll der Mann das Tuch abgenommen und sich auch die Regenjacke ausgezogen haben. Zum Vorschein kam eine auffällige Collegejac­ke. Eben genau jene, die auch der Mann trug, der später in der Fußgängerz­one festgenomm­en wurde, nachdem die Kollegen die Personenbe­schreibung über Funk erhalten hatten. Bereits damals hat er die Tat abgestritt­en. „Ich war’s nicht“, soll er dort gegenüber einem Beamten gesagt haben.

Ein Urteil konnte Richterin Katharina Hartmann gestern noch nicht verkünden. Die Verhandlun­g wird fortgesetz­t, dann werden auf den Zuschauerb­änken vermutlich wieder viele Interessie­rte aus der linken Szene den Prozess verfolgen.

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Bevor ein verdeckter Ermittler seine Aussage vor Gericht gemacht hat, wurde er zum Maskenbild­ner geschickt.

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