Ein Polizist mit Zottelhaaren
Gericht Ein Mann aus der linken Szene soll eine Flasche geworfen haben. Vor Gericht soll ein verdeckter Ermittler den Vorgang klären. Warum der vorher eine Perücke verpasst bekam
Der Mann sah ziemlich verwahrlost aus. Lange Zottelhaare, ein grauer Bart, der über das halbe Gesicht gewachsen schien und dann noch eine Hornbrille mit dicken Gläsern, die so aus der Mode ist, dass sie bei manchen Hipstern vielleicht schon wieder angesagt ist. Jedenfalls stand dieser Mann dem Gericht gestern Rede und Antwort. Und er hatte eine Polizeiuniform an. Die Maskerade diente einzig und allein dazu, nicht das wahre Gesicht des Beamten zu zeigen. Denn der arbeitet als verdeckter Ermittler bei der Polizei und soll von niemandem erkannt werden.
Angeklagt ist ein 27-Jähriger aus Ingolstadt. Ihm wird vorgeworfen, bei einer Demonstration vor eineinhalb Jahren eine grüne 0,33l-Bierflasche geworfen zu haben. Der Polizist hat das eigenen Angaben zufolge alles beobachtet und dafür gesorgt, dass der Mann, der zur linken Szene zu rechnen ist, festgenommen worden war und sich jetzt vor Gericht verantworten muss.
Der Flaschenwurf soll sich im April vergangenen Jahres zugetragen haben. Damals hatten rund 70 rechtsextreme Mitglieder des Dritten Wegs in Ingolstadt eine Demonstration veranstaltet. Sie zogen vom Brückenkopf durch die Innenstadt und wieder zurück. Den Rechtsextremen stellten sich zahlreiche Symbolbild: Caroline Seidel/dpa Gegendemonstranten in den Weg. Die Stimmung war aufgeheizt, es wurde gegrölt, gepfiffen, Parolen geschmettert. Ein großes Polizeiauf- gebot versuchte, die Situation nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. All das ist auch auf einem Video zu sehen, das sich das Gericht gestern angeschaut hat. Und noch etwas: An der Konrad-Adenauer-Brücke wirft jemand eine Flasche in Richtung der Rechtsradikalen. Dabei soll es sich um den Angeklagten handeln, ist sich der Polizist sicher. Obwohl er vermummt war, sich ein Tuch über die Nase gebunden hatte, eine Sonnenbrille trug und sich eine schwarze Kapuze übergezogen hatte. Doch nach der Tat soll der Mann das Tuch abgenommen und sich auch die Regenjacke ausgezogen haben. Zum Vorschein kam eine auffällige Collegejacke. Eben genau jene, die auch der Mann trug, der später in der Fußgängerzone festgenommen wurde, nachdem die Kollegen die Personenbeschreibung über Funk erhalten hatten. Bereits damals hat er die Tat abgestritten. „Ich war’s nicht“, soll er dort gegenüber einem Beamten gesagt haben.
Ein Urteil konnte Richterin Katharina Hartmann gestern noch nicht verkünden. Die Verhandlung wird fortgesetzt, dann werden auf den Zuschauerbänken vermutlich wieder viele Interessierte aus der linken Szene den Prozess verfolgen.