Im Befragungsstau
Woher? Wohin? Über die Brücke? Wer diese Fragen von einem der 44 Schüler gestellt bekommen hat, ist direkt an der verkehrspolitischen Zukunft der Stadt beteiligt. Ohne das Verkehrsgutachten wird es keine zweite Brücke geben
Neuburg Zwischen dem Busfahrer und Paula ist das Spiel mittlerweile zur einstudierten Routine geworden. Sie steht am Straßenrand, der Busfahrer sitzt am Steuer. Er bremst, sie geht einen Schritt vor. Er öffnet die Tür, beide lachen, denn die Fragen beantworten sich von selbst. Paula weiß in der Mittagsschicht bereits, dass der Busfahrer aus Bergen kommt und zur Schule am Englischen Garten unterwegs ist. Auch wenn auf seiner Digitalanzeige „Ingolstadt ZOB“steht. Ein Kreuzchen macht sie noch beim Fahrzeugtyp, die Anzahl der Insassen wird vermerkt und natürlich, ob sie über die Elisenbrücke fahren oder nicht. Paula erzählt, dass ihr bis zum frühen Nachmittag nur ein Fahrer untergekommen sei, der von Ried kam und nicht über die Brücke gefahren ist. Die Tür schließt sich und der Busfahrer setzt seine Reise fort. Paula lacht: „Das ist mittlerweile zum Running Gag geworden.“
Zur Mittagszeit lässt sich gut lachen. Mit einer Unterbrechung von ein paar Sekunden kommen die Autoschlangen relativ schnell durch die Reihen der Neuburger Gymnasiasten in ihren gelben Westen entlang der Ingolstädter Straße. Am Morgen sah das noch anders aus. Paula ist wie ihre 43 Mitschüler Teil einer wissenschaftlichen Erhebung, die mit der verkehrspolitischen Zukunft Neuburgs zusammenhängt. In drei Phasen haben sie und ihre Mitschüler an diesem Tag die Autos stichprobenartig gestoppt und die Insassen befragt: im Arbeitsverkehr von 7 bis 9 Uhr, zur Mittagszeit von 12 bis 14 Uhr und zum Feierabend von 16 bis 18 Uhr. An der Ingolstäd- und der Monheimer Straße sowie an der Bergheimer Spange unterbrachen jeweils zwei Polizisten den Verkehr mit ihren Kellen und lotsten die Fahrer zu den Interviewern im Auftrag der Firma Brenner Plan.
Brenner Plan ist in Zeiten der Diskussionen um die zweite Donaubrücke schon zum geflügelten Begriff geworden. Gegner zogen die Erhebung aus dem Jahr 2012 heran, um zu beweisen, dass es keine weitere Brücke brauche, weil die Autos sie nicht nutzen würden. Befürworter ter beriefen sich auf die Studie um zu erklären: Ohne Brücke droht der Verkehrskollaps. Svenja Sick ist die Geschäftsführerin der Stuttgarter Firma und sieht die Geschehnisse in Neuburg emotionslos. Sie hat drei ihrer Kollegen für diesen Tag nach Neuburg geschickt, damit die Verkehrsbefragung korrekt abläuft. Ab 18 Uhr hat die Planungsgesellschaft alle Daten beisammen, die schließlich ausgewertet und als Gutachten der Stadt vorgelegt werden. Zusammen mit der Verkehrszählung von vergangener Woche und weiteren unabhängigen Statistiken wie die Straßenverkehrszählung 2015 wird schließlich das Gutachten erstellt.
Ohne jenes Gutachten wird es auch keine Brücke geben. Das erklärt Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Er verspricht und erhofft sich davon, dass das Gutachten seiner Argumentationslinie und die der Stadträte der Brückenkoalition aus CSU und Freien Wählern folgen wird und zu jenem Ergebnis kommt, dass die Brücke im Osten die größte Entlastung auf der und um die Elisenbrücke herum bringen wird.
Mit dem Gutachten rechnet Oberbürgermeister Bernhard Gmehling übrigens bis Ende Januar. Dann wird auch er Teil der Studie sein. Auf dem Weg nach Ingolstadt hat man auch sein Auto gestoppt und die bekannten Fragen gestellt: Woher kommen Sie? Wohin fahren Sie? Über die Elisenbrücke?