Der „König von Weichering“wird heute 90
Otto Schmid war 24 Jahre Bürgermeister und Kreisrat. Ein Rückblick auf neun Jahrzehnte Lebenserfahrung
Weichering Ist dieser freundliche, humorvolle Mann wirklich schon so alt? Man glaubt es kaum, aber es ist wahr: Otto Schmid, von Altlandrat Dr. Richard Keßler zum „König von Weichering“ernannt, feiert heute seinen 90. Geburtstag. Und wenn er erzählt, dann klappt ein Geschichtsbuch auf, das zwei Kapitel hat: eines über sein privates Leben und eines über sein Leben als Bürgermeister.
Otto Schmid, der am 18. Oktober 1926 als viertes der fünf Kinder der Landwirtseheleute Xaver und Maria Schmid geboren wurde, ist ein echter Weicheringer. Aufgewachsen ist er auf dem elterlichen Hof, besuchte ab 1933 die Schule in Weichering, wechselte 1941 in die landwirtschaftliche Berufsschule am Ort und 1943 zur Landwirtschaftsschule nach Neuburg und lernte den Beruf eines Landwirts. Parallel dazu musste er eine militärische Ausbildung beim Volkssturm in Lichtenau absolvieren, wurde 1944 zum Reichsarbeitsdienst nach München eingezogen und musste am 6. Januar 1945 in der Münchener Funkkaserne zur Wehrmacht einrücken. Im Mai 1945 geriet er in amerikanische Gefangenschaft und wurde am 11. Juni 1945 in Ulm entlassen. Zwei Tage brauchte er, um zu Fuß nach Weichering zu laufen.
Dort arbeitete er wieder auf dem elterlichen Hof und schloss 1947 seine Lehre als Landwirt ab. Er gründete 1955 mit seiner Frau Hilde Motzet eine Familie, in der Sohn Otto und Tochter Elfriede das Familienglück vollkommen machten. Das wurde leider recht früh getrübt, denn seine Tochter Elfriede verunglückte mit nur 14 Jahren. Ein weiterer schwerer Gang für ihn war die Beerdigung seiner geliebten Frau im Jahr 2014. Heute erfreut er sich an den drei Kindern und dem Enkel seines Sohnes Otto und seiner Schwiegertochter Irena, deren Schwester Maria ihn in seinem Hause umsorgt.
Nach dem Motto „Wer rastet, der rostet“macht Otto Schmid seine tägliche Runde im Garten oder mit dem E-Bike durch die Gemeinde und in die nähere Umgebung, bei denen er viele Bekannte trifft und mit ihnen ein gutes Gespräch führt.
Otto Schmid engagierte sich schon sehr früh, war an der Gründung der Pfarrjugend beteiligt, in Vereinen aktiv, hatte zahlreiche Ehrenämter und hat vor allem die Gemeinde geprägt. Politisch interessiert trat er erst der Jungen Union, 1955 dann der CSU Weichering bei, deren Vorsitzender er ab 1956 viele Jahre war. Auch bei der Feuerwehr war er aktiv – erst als stellvertretender Kommandant, danach zehn Jahre als erster Kommandant und schließlich weitere fünf Jahre als Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Weichering.
Seine kommunalpolitische Karriere begann er 1956, als er mit den meisten Stimmen zum Gemeinderat gewählt wurde. 1966 wurde er Zweiter Bürgermeister, 1972 als Nachfolger von Johann Steinherr Erster Bürgermeister der Gemeinde Weichering. Das blieb er auch, als 1978 im Rahmen der Gemeindegebietsreform die selbstständigen Gemeinden Weichering und Lichtenau zur Gemeinde Weichering zusammengeschlossen wurden. Zu seinem Stellvertreter wählten die Bürger den damaligen Lichtenauer Bürgermeister Hubert Landsberger, der 1996 sein Nachfolger wurde. Die Interessen seiner Gemeinde vertrat er von 1972 bis 1996 im Kreistag. kamen etliche Aufgaben in Gremien, wie etwa als Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Weichering, als Rechtlerobmann, als zweiter Vorsitzender des Zweckverbands der Arnbachgruppe, als stellvertretender Vorsitzender des Naherholungsvereins Niederforst oder als ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht München. Und weil zwischen all diesen Tätigkeiten immer noch ein bisschen Zeit war, konnte er – dank der Mithilfe seiner Familie – auch den eigenen Hof weiterbetreiben.
Wenn es um die Interessen WeiDazu cherings ging, konnte Otto Schmid alle Hebel in Bewegung setzen. Das war etwa 1980 der Fall, als er Weichering aus der Verwaltungsgemeinschaft Neuburg in die Selbstständigkeit zurückholte oder 1989, als er die B16 blockieren ließ, um die Ortsumgehung voranzutreiben. Viel bewegt hat Schmid mit seinen Gemeinderäten in den 24 Jahren als Bürgermeister. In seine Amtszeit fielen unter anderem zahlreiche Hoch- und Tiefbaumaßnahmen wie der Umbau des Rathauses, der Neubau von Grundschule und Kindergärten, die Verlegung der Bundesstraße, der Bahnlinie und des Gewerbegebiets südlich der B16 sowie die Ausweisung von fünf Bebauungsplänen mit 150 Parzellen.
Otto Schmid war ein Kommunalpolitiker, wie man ihn nur noch ganz selten findet. Geduldig, gelassen, bürgernah und vorausschauend verstand er es, für Weichering und Lichtenau beachtliche Fortschritte zu erzielen. Für seine ehrenamtliche Arbeit wurde er mit der Denkmalschutzmedaille, der Kommunalen Verdienstmedaille in Bronze und dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Eine besondere Ehre für ihn war nach Abschluss seiner 40-jährigen kommunalpolitischen Tätigkeit 1996 die Ernennung zum Altbürgermeister. Darüber hinaus wurde er 1997 zum Ehrenbürger Weicherings ernannt.
Seit 1996 ist Otto Schmid im Ruhestand. „Jetzt werde ich mehr Zeit für die Familie haben und mich der Landwirtschaft und dem Reisen widmen“, sagte er damals. Und tatsächlich setzte er seine Vorhaben um: Er unterstützte seinen Sohn bei der landwirtschaftlichen Arbeit und ging auf Reisen und lernte die Welt von Südafrika bis Mexiko, von Kalifornien bis Norwegen kennen. Jetzt lässt er es langsamer angehen, dreht seine Fuß- und Radlrunden, besucht die Fußballspiele des SV Weichering und die Seniorennachmittage der Gemeinde. Seinen Geburtstag feiert er heute Abend mit Familie, Freunden und Bekannten im Landgasthof Vogelsang.