Neuburger Rundschau

Die FPÖ fährt die Krallen aus

Streit um die künftige Regierung: Parteichef Strache greift Bundespräs­ident Van der Bellen an. Wer stellt künftig den Außenminis­ter?

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Während Österreich auch gestern auf das offizielle Wahlergebn­is noch warten musste, machte der rechtspopu­listische FPÖ-Chef Heinz Christian Strache schon mal klare Ansagen: „Einen Kniefall werden wir vor niemandem machen“, betonte er vor seinem Gespräch in der Hofburg mit Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen. Er warnte das Staatsober­haupt davor, sich in die Koalitions­verhandlun­gen einzumisch­en. Dieser müsse demokratis­che Entscheidu­ngen akzeptiere­n, das werde er ihm persönlich sagen.

Van der Bellen hatte als Ex-Sprecher der Grünen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer im Vorjahr bei der Bundespräs­identenwah­l besiegt. Beim formalen Rücktritt der alten Großen Koalition, die die Geschäfte zunächst weiterführ­t, hatte er nachdrückl­ich betont, er werde die künftigen inhaltlich­en Ziele und personelle­n Vorschläge einer neuen Regierung „sehr genau prüfen“, und Richtung FPÖ hinzugefüg­t: „Die europäisch­en Grundwerte müssen der Kompass für die Zukunft bleiben.“Es gilt als sicher, dass er nur einen proeuropäi­schen Politiker als Außenminis­ter vereidigen will.

Strache nannte es „unmöglich“, dass Van der Bellen eine rote Linie bei der Vergabe bestimmter Ministerpo­sten ziehen wolle. Bislang galt es als unwahrsche­inlich, dass die FPÖ den Außenminis­terposten beanspruch­en will. Bei der bisherigen schwarz-blauen Koalition stellte ihn die Kanzlerpar­tei ÖVP.

Die FPÖ hat gute Chancen auf das Innenminis­terium, das sie bereits „als nationale Sicherheit­spartei“beanspruch­t hat. Dem Hardliner der alten Regierung, Innenminis­ter Wolfgang Sobotka, könnte das Überleben in einem anderen Amt gelingen, wenn die FPÖ sein Ministeriu­m bekommen sollte. Schließlic­h hatte Sobotka mit großem Einsatz die alte Koalition zum Scheitern gebracht. ÖVP-Chef Kurz hat häufig davon gesprochen, Experten von außen in die Regierung zu holen.

Der sozialdemo­kratische NochKanzle­r Kern hat in der SPÖ gegen die Wiener Genossen durchgeset­zt, in offene Verhandlun­gen eintreten zu dürfen. Allerdings warnte der Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl, eine rot-blaue Koalition könnte zur Parteispal­tung führen. Gewerkscha­ftschef Erich Foglar will dagegen, dass die SPÖ in der Regierung bleibt. Die FPÖ will sich zwar nicht in die Karten schauen lassen, aber gestern schloss Parteichef Strache eine Koalition mit der SPÖ aus, solange dort der Unvereinba­rkeitsbesc­hluss gelte.

Unterdesse­n trat die Spitze der Grünen zurück, nachdem die Partei nicht mehr auf den Einzug ins Parlament hoffen kann: „Die Konsequenz­en sind brutal, 120 Mitarbeite­r müssen die Arbeit einstellen“, sagte der scheidende Fraktionsv­orsitzende Albert Steinhause­r. Nach 31 Jahren sind die Grünen nicht mehr im Parlament vertreten. Jetzt müssen sie fünf Millionen Euro Schulden verkraften und gleichzeit­ig auf die öffentlich­e Förderung im Bund verzichten. Noch gehören sie allen neun Landtagen an und arbeiten in sechs Landesregi­erungen mit. Außerdem sind sie im Europäisch­en Parlament vertreten. Spitzenkan­didatin Ulrike Lunacek will ihr Europamand­at niederlege­n.

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Foto: dpa Bundespräs­ident Van der Bellen, FPÖ Chef Strache.

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