Neuburger Rundschau

Mehr Straftäter aus dem Ausland

Fast 40 Prozent der Verurteilt­en haben keinen deutschen Pass. Bayerns Justizmini­ster Winfried Bausback nimmt die Entwicklun­g „ernst“, mahnt aber auch zur Vorsicht

- VON HENRY STERN

München Mehr als jeder Dritte in Bayern wegen einer Straftat Verurteilt­e hatte im Jahr 2016 keinen deutschen Pass. Dies sagte Bayerns Justizmini­ster Winfried Bausback (CSU) bei der Vorstellun­g der Strafverfo­lgungsstat­istik in München. Demnach betrug der Ausländera­nteil an allen Verurteilt­en im vergangene­n Jahr 37,6 Prozent – nach 34,3 Prozent im Jahr 2015. Innerhalb der Ausländer stellten Rumänen (12,6 Prozent), Türken (10,2 Prozent) und Polen (6,3 Prozent) die größten Gruppen. Der Ausländera­nteil an der bayerische­n Gesamtbevö­lkerung liegt bei rund zwölf Prozent. Insgesamt wurden im Jahr 2016 118 544 Straftäter verurteilt – 80 Prozent davon zu einer Geldstrafe. Die Täter sind zu mehr als 80 Prozent männlich, knapp 13 Prozent waren zwischen 14 und 20 Jahre alt.

„Wir nehmen die Entwicklun­g der Ausländerk­riminalitä­t sehr ernst“, sagte Bausback, betonte je- man müsse die Zahlen differenzi­ert betrachten. So könnten gegen manche Gesetze nur Ausländer verstoßen – zum Beispiel, wenn es um Strafbestä­nde des Aufenthalt­sund Asylgesetz­es geht. Außerdem unterschei­de die Statistik nicht zwischen Durchreise­nden und Ausländern, die in Deutschlan­d arbeiten und leben. So sei beispielsw­eise der Anteil von internatio­nal agierenden Banden etwa bei den Wohnungsei­nbrüchen sehr hoch. Knapp zwei Drittel der 287 verurteilt­en Einbrecher kamen aus dem Ausland.

Auch bei den Sexualstra­ftaten stieg der Ausländera­nteil an den Verurteilt­en in den vergangene­n vier Jahren von 18,5 auf nun 26,2 Prozent. Fast die Hälfte der ausländisc­hen Straftäter stammte aus der Europäisch­en Union, 9,5 Prozent aus der Türkei, aus den Flüchtling­sländern Irak und Syrien jeweils 5,5 Prozent. Insgesamt ist die Zahl der Verurteilu­ngen wegen Sexualdeli­kten aber gesunken – von 1066 im Jahr 2015 auf 1044 im Jahr 2016. Die Verurteilu­ngen wegen Vergewalti­gung sanken gar um knapp 17 Prozent – von 84 Fällen auf 70. Die erst Ende 2016 in Kraft getretene Verschärfu­ng des Sexualstra­frechts („Nein heißt Nein“) habe sich in dieser Statistik noch nicht auswirken können, erklärte Bausback. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) hatte erst kürzlich von einem massiven Anstieg der Anzeigen wegen sexueller Übergriffe berichtet. Nicht alle Anzeigen führen aber letztlich auch zu einem Prozess oder zu einer Verurteilu­ng.

Bausback kritisiert­e, dass über 70 Prozent der 18- bis 20-jährigen Straftäter in Bayern nach Jugendstra­frecht verurteilt wurden, „obwohl hier das Gesetz als Regelfall die Verurteilu­ng nach Erwachsene­nstrafrech­t vorsieht“. Hier sei eine Gesetzesän­derung notwendig, die den Ausnahmech­arakter präzisiere­n müsse, so der Justizmini­ster.

Bei den verschiede­nen Delikten war 2016 erstmals seit 2012 wieder ein leichter Anstieg der Verurteilu­ndoch, gen wegen Körperverl­etzung um 5,4 Prozent auf gut 11 300 Fälle festzustel­len. Die Zahl der verurteilt­en Kapitaldel­ikte Mord und Totschlag sank dagegen von 80 Fällen im Jahr 2015 auf 70 im vergangene­n Jahr. Die Verurteilu­ngen wegen sexuellem Missbrauch von Kindern sanken um sieben Prozent auf 264 Fälle. Verurteilu­ngen wegen Besitz, Erwerb oder Verbreitun­g von Kinderporn­ografie blieben mit 255 Fällen auf konstantem Niveau.

Verurteilu­ngen wegen Diebstahls sanken um gut drei Prozent auf exakt 17 111 Fälle. Zu einem deutlichen Anstieg von mehr als zehn Prozent kam es dagegen bei Rauschgift­delikten mit fast 13 000 Verurteilu­ngen. Auffällig sei zudem ein deutlicher Zuwachs an verurteilt­en Beleidigun­gen auf mehr als 4000 Fälle. Vor allem im Internet sei die Hetze zunehmend unerträgli­ch, so Bausback. Die Statistik sei deshalb auch „ein Beleg dafür, dass die gesellscha­ftliche Auseinande­rsetzung härter wird“.

 ?? Foto: Marijan Murat/dpa ?? Im vergangene­n Jahr wurden 118544 Straftäter von bayerische­n Richtern verurteilt, der Großteil von ihnen zu Geldstrafe­n. Mehr als ein Drittel der Kriminelle­n haben eine ausländisc­he Staatsange­hörigkeit.
Foto: Marijan Murat/dpa Im vergangene­n Jahr wurden 118544 Straftäter von bayerische­n Richtern verurteilt, der Großteil von ihnen zu Geldstrafe­n. Mehr als ein Drittel der Kriminelle­n haben eine ausländisc­he Staatsange­hörigkeit.

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