Neuburger Rundschau

Seehofer stürzt ab

Sogar die CSU-Anhänger vertrauen inzwischen der Kanzlerin mehr als ihm

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Ist Horst Seehofer schuld am Desaster seiner Partei bei der Bundestags­wahl? In einer Umfrage zum Vertrauen in Spitzenpol­itiker stürzt der CSU-Chef regelrecht ab. Von 100 möglichen Punkten kommt er nur noch auf 40, sieben weniger als im August. In den Top 10 der wichtigste­n Politiker fällt er auf den vorletzten Platz zurück. Hauptgrund ist nach Ansicht des Meinungsfo­rschers Manfred Güllner eine falsche Wahlkampfs­trategie: „Der Konflikt, den Seehofer mit der Kanzlerin angezettel­t hatte, hat der Union insgesamt schwer geschadet und gleichzeit­ig der CSU eben nicht genützt“, sagt der Forsa-Chef im Gespräch mit unserer Zeitung.

Der bayerische Ministerpr­äsident habe damit die Anhänger der falschen Partei angesproch­en. Vergeblich: AfD-Anhänger schätzen Seehofer zwar mehr als ihren eigenen Spitzenkan­didaten Gauland. Trotzdem haben die Rechtspopu­listen nirgends im Westen so stark abgeschnit­ten wie in Bayern. Auf Platz eins der Rangliste steht mit 63 Punkten Angela Merkel – obwohl sie vier Punkte verloren hat. Bitter für Seehofer: Selbst CSU-Anhänger vertrauen der CDU-Chefin inzwischen mehr als ihm. Für Güllner ist das nicht überrasche­nd: „Was Seehofer gegen Merkel gemacht hat, wurde als Amoklauf wahrgenomm­en.“Die Fokussieru­ng auf den Streit um die Flüchtling­spolitik sei ein großer Fehler gewesen. Die Kanzlerin genieße schließlic­h insgesamt immer noch einen hohen Rückhalt in der Bevölkerun­g und Flüchtling­e seien eben nicht das einzige Thema, das die Leute für wichtig hielten. Deshalb würde auch ein Rechtsruck wenig bringen: „Die Wähler, die der CSU den Rücken gekehrt haben, sind ja längst nicht alle ins rechte Lager abgewander­t.“

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