Neuburger Rundschau

Aiwanger will kein Diktator sein

Der Chef der Freien Wähler weist jede Kritik an seinem Führungsst­il zurück, verteidigt seine Ämter und kündigt für die Landtagswa­hl 2018 eigene Programme für jeden Bezirk an

- VON ULI BACHMEIER

München Hubert Aiwanger konnte es kaum glauben. Seit er vor längerer Zeit einmal alleine mit seinem Pressespre­cher im Hofbräukel­ler hinter dem Landtag saß und vergeblich auf Journalist­en wartete, die mit ihm reden wollen, hatte er nicht mehr zu einem „Pressestam­mtisch“eingeladen. Also schaffte er diese Art der Pressekonf­erenz, die alle anderen Landtagsfr­aktionen regelmäßig anbieten, kurzerhand ab. Gestern versuchte er es wieder einmal – und hatte prompt ein volles Haus. Der Grund dafür lag auf der Hand: Es hat sich einiges aufgestaut bei den Freien Wählern. Darüber musste geredet werden.

Da gibt es die Kritik an seinen bundespoli­tischen Ambitionen, die nach der Bundestags­wahl wieder einmal laut wurde. Da wird ihm aus den eigenen Reihen vorgeworfe­n, er habe alle Ämter an sich gerissen – Bundes-, Landes- und Fraktionsv­orsitz. Und da gibt es den Ärger um die zwei Abgeordnet­en, die seine Fraktion in dieser Wahlperiod­e verloren hat: Den Unterfrank­en Günther Felbinger, der unter Ver- dacht steht, den Landtag finanziell betrogen zu haben, und den Niederbaye­rn Alexander Muthmann, der seinen Austritt erklärte und zur FDP wechselte.

Aiwanger gab sich von all dem unbeeindru­ckt. Die Beteiligun­g der Freien Wähler an der Bundestags­wahl sei notwendig gewesen, um politisch präsent und „im Spiel“zu bleiben. „Davon bin ich überzeugte­r denn je“, sagte Aiwanger. Die Bundestags­wahl, bei der sich die Freien von 0,7 auf ein Prozent verbessern konnten, habe gezeigt, dass eine „Kernwähler­schaft“hinter der Partei stehe. Bei den Landtagswa­hlen in Bayern im kommenden Jahr könne er deshalb sicher damit rechnen, erneut über die Fünf-ProzentHür­de zu kommen, auch wenn sich mit der wieder erstarkten FDP und der AfD zwei neue Konkurrent­en auftun. Die Forderung des Kreisverba­ndes Ansbach, Aiwanger solle nach dem Scheitern auf Bundeseben­e zurücktret­en, wies er weit von sich.

Auch die Kritik an seinem Führungsst­il und der Ämterhäufu­ng will der 46-jährige Niederbaye­r nicht gelten lassen. „Ich bin nicht der gro- ße Diktator, der alle anderen wegbeißt“, sagte Aiwanger. In der Landtagsfr­aktion sei er „Primus inter Pares“, der Erste unter Gleichen. Als Bundesvors­itzender genieße er großen Rückhalt bei allen anderen Landesvors­itzenden. Er sei „mit geballter Kraft“unterwegs, auch in den Regionen Bayerns mache er „Arbeit vor Ort bis zum Anschlag“.

Den Vorwurf des zur FDP gewechselt­en Landtagsab­geordneten Muthmann, er dulde keine anderen neben sich, wollte Aiwanger ebenso wenig durchgehen lassen wie den Vorwurf, er sei „zu rechts“. Muthmann hatte als Grund für seinen Wechsel zur FDP unter anderem politische Abweichung­en etwa bei der Flüchtling­spolitik genannt. Aiwanger konterte nun, Muthmann habe eventuell die Sorge gehabt, 2018 den Wiedereinz­ug in den Landtag für die Freien Wähler zu verpassen.

Einen Kurswechse­l mit Blick auf die Landtagswa­hl 2018 hält Aiwanger nicht für notwendig, will die Freien Wähler aber thematisch breiter aufstellen. Zu den Schwerpunk­ten, vor allem für die Kommunen, den ländlichen Raum und den Mittelstan­d da zu sein, sollen künftig auch das Soziale, die Frauen- und die Familienpo­litik kommen. Aiwanger fordert unter anderem, die Probleme der Hebammen in Bayern zu lösen, ein höheres Einstiegsg­ehalt für Lehrer, kostenfrei­e Kinderbetr­euung und mehr Engagement gegen Altersarmu­t auf dem Land. Zur Landtagswa­hl werde jeder Bezirksver­band ein eigenes Bezirkspro­gramm mit Forderunge­n auflegen. Und in Kürze werden die Freien Wähler, so Aiwanger, auch eine eigene Frauenorga­nisation gründen.

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Foto: Marcus Merk Hubert Aiwanger sieht die Freien Wähler 2018 sicher im Landtag.

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