Neuburger Rundschau

Bei den Schiedsric­htern brodelt es

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger­allgemeine.de

Das Bild vom Fußball-Schiedsric­hter ist das eines Bedauernsw­erten, der mit einem Pfeifchen bewaffnet gegen eine Übermacht aufgebrach­ter Spieler seine Entscheidu­ngen und mitunter auch seine körperlich­e Unversehrt­heit verteidige­n muss. Der Videoassis­tent, der ihm dabei helfen soll, macht die Arbeit nicht einfacher. Die Feinde des Schiedsric­hters bleiben dieselben und sind nicht weniger geworden. Anderersei­ts weiß der Unparteiis­che, wo sie stehen. In den Vereinen, unter den Fans auf den Rängen und in den Fernsehses­seln.

Derartiger Druck von außen schmiedet die Bedrängten zusammen. Sie bauen eine Wagenburg, in der eine Mentalität gleichen Namens gedeiht und die nach eigenen Regeln funktionie­rt. Das geht so lange gut, bis ein Freigeist sich gegen die Enge, das Undurchsic­htige und den Korpsgeist erhebt. Dann steht der Feind plötzlich im Innern der Burg. So wie jetzt Manuel Gräfe. Der angesehene Bundesliga-Referee hat die Führung der Schiedsric­hter um Herbert Fandel und Hellmut Krug in jener Offenheit kritisiert, die er selbst für Entscheidu­ngsprozess­e im Schiedsric­hterwesen einfordert.

Er klagt fehlende Transparen­z und Vetternwir­tschaft bei der Auswahl und Nominierun­g der Unparteiis­chen an. Was so viel heißt wie: Nicht die Besten pfeifen, sondern die Strippenzi­eher und Duckmäuser, die den Mächtigen hinterherk­riechen. Oder ist alles ganz anders? Ist Manuel Gräfe ein Unruhestif­ter, der mit seiner Anklage persönlich­en Motiven folgt? Wohl kaum. Der 44-jährige Sportwisse­nschaftler fiel schon immer als einer auf, der über das Rasenviere­ck hinausgebl­ickt hat, dem das Schiedsric­hterwesen auch jenseits der Karriere am Herzen lag.

Was Gräfe inzwischen nicht mehr allein anklagt, ist jenes undurchsic­htige System der Bewertung und Beförderun­g das bis vor kurzem noch für Verunsiche­rung und Missgunst unter den Schiedsric­htern gesorgt hat. Es hat lange Zeit auf vielen Wegen den Aufstieg von Bibiana Steinhaus zur ersten Frau in der Männerrieg­e der Bundesliga­Schiedsric­hter verhindert. Mit dieser Saison ist das alte Notensyste­m zwar verschwund­en und durch eine differenzi­erte Leistungsb­etrachtung ersetzt worden, aber Fandel und Krug, die Köpfe des alten Systems, sind noch immer am Werk. So lange sich daran nichts ändert, wird Gräfe keine Ruhe geben. Der Machtkampf im Innern der

Burg geht also in die Verlängeru­ng.

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Foto: dpa Schiedsric­hter Manuel Gräfe.
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