Endlich Arbeit
Maria-Ingrid Müller hat lange nach einer Stelle gesucht. Bei der kleinen Firma Hartl Landtechnik in Karlshuld hat die behinderte Frau eine Anstellung gefunden. Das Engagement hat sich für beide Seiten ausbezahlt
Karlshuld/Marienheim Mitunter ist es wahrlich nicht einfach, eine Anstellung zu finden. Davon kann zum Beispiel Maria-Ingrid Müller ein Lied singen. Sie hat zwar eine Fachausbildung als Nachrichtengerätemechanikerin. Sie hat aber auch einen Behindertenausweis. Das macht die Arbeitssuche noch schwerer. In Karlshuld aber hat die Marienheimerin nun nach längerer Suche doch eine Anstellung gefunden – und zwar bei Hartl Landtechnik. Diese Tatsache passt zudem perfekt in das Konzept der Aktion „11 für 11“, die gemeinsam vom FC 04 Ingolstadt und der Agentur für Arbeit Ingolstadt seit 2010 Menschen mit Handicap in Beschäftigungsverhältnisse vermittelt.
„Ein Behindertenausweis bringt viel mehr Nachteile als Vorteile“, weiß Maria-Ingrid Müller. Ein Lungenschaden, Augen, die schlecht sehen, Ohren, die kaum hören. Und ein linkes Handgelenk, das komplett versteift ist. „Als Linkshänderin musste ich vollkommen umlernen“, erzählt Müller, die vor Tatendrang sprüht, immer gute Laune hat, alles lernen kann und will, aber eben mit ihren Handicaps schwer eine Anstellung gefunden hat. „Ich habe meine körperlichen Beeinträchtigungen nie verschwiegen. Aber sobald die Rede darauf kam, fanden Arbeitgeber irgend einen vorgeschobenen Grund, mich nicht anzustellen. Die Behinderung war es natürlich offiziell nie.“
Keine schöne Situation für einen Menschen, der unbedingt arbeiten will. Müller hat Telefonverträge verkauft. Und Stühle. Sie hat sogar ein Buch geschrieben. „In der Übergangszeit“, wie sie lächelnd sagt. Der Titel „Meine Handtasche und ich“spricht für sich. „Es ist etwas zu lachen, denn gelacht wird viel zu wenig.“Müller lacht viel und gerne, obwohl ihr manchmal nicht zum Lachen zumute sein müsste.
Im Frühjahr las sie die Stellenanzeige von Hartl Landtechnik und rief spontan dort an. Zuerst war Chef Andreas Hartl am Telefon. Das war ein kurzes Gespräch. Um die Stellen kümmere sich seine Frau. Ich möge noch einmal anrufen. Gesagt, getan. Michaela Hartl-Schmidt erinnert sich an dieses Telefonat noch sehr gut: „Gleich im ersten Satz sagte sie, ’Ich schaue anders aus als andere.’ Das fand ich schon mal spannend.“
Was bei anderen Firmen Türen geschlossen hätte, hat bei Hartls eine Tür geöffnet. Die beiden Frauen trafen sich und verstanden sich auf Anhieb. Seit Juni ist Müller bei Hartl Landtechnik angestellt und die gute Seele für alles. Sie hilft im Büro, nimmt Kunden-Gespräche am Telefon an, organisiert die Warenannahme und die Lagerverwaltung. Und auch wenn es Arbeit in der Küche oder in der Werkstatt gibt, ist sie da. Damit entlastet sie ihre Chefin, die die gesamte Buchführung schmeißt. Und Andreas Hartl ist froh, dass seine Frau eine helfende Hand im Unternehmen gefunden hat. Müller arbeitet seit Juni dienstags, donnerstags und freitags und bringt auch eine ordentliche Portion Flexibilität mit in den Betrieb.
Kennt man die Lebensläufe der Hartls, versteht man, wieso die Anstellung eines Menschen mit Handicap so reibungslos funktionierte. Michaela Hartl-Schmidt hat eine Ausbildung als Krankenpflegerin für Demenzkranke absolviert und in dem Beruf auch gearbeitet. Und Andreas Hartl hat seinen Ersatzdienst in der Regens-Wagner-Stiftung geleistet. Beide haben keine Berührungsängste und schon gar keine Vorurteile. Ganz im Gegenteil, sie halten es nach dem Motto von ihrer neuen Angestellten. „Alle Menschen sind doch gleich und haben ein Recht auf eine faire Chance.“
Für eine solche Chancengleichheit kämpft auch die Agentur für Arbeit gemeinsam mit dem Projekt „Schanzergeber“des FC 04 Ingolstadt. Und wenn ein Erfolg wie in diesem Fall verzeichnet werden kann, dann soll davon nicht nur der oder die behinderte Arbeitskraft profitieren. Bei der neuen Zusammenarbeit von Maria-Ingrid Müller und der Firma Hartl bedeutet dies konkret, dass die gesamte Belegschaft des kleinen Betriebs in der Donaumoos-Metropole mit Eintrittskarten zu einem Fußballspiel des Zweitligisten beschenkt wurden.
Die Hartl Landmaschinentechnik ist im Übrigen eine junge Firma. Andreas Hartl gründete sie 2016. Im Mai diesen Jahres sind sie in die Hauptstraße von Karlshuld gezogen. „Wir machen alles, von der Motorsäge bis zum Mähdrescher. Hartl betreibt eine freie Werkstatt, kann aber auch Maschinen und Traktoren verkaufen.