Kienberg feiert sein Gotteshaus
Die Wallfahrtskirche im Rennertshofener Ortsteil wird 300 Jahre alt. Verehrt werden dort der Viehpatron Leonhard und der Pestheilige Sebastian. Alles begann mit einer Vision eines frühen Siedlers
Rennertshofen Kienberg Wenn ein Dorf eine weitaus größere Kirche hat, als für die Einwohnerzahl nötig, handelt es sich um eine Wallfahrtskirche. So auch in Kienberg. Das dortige Gotteshaus ist dem Viehpatron Leonhard und dem Pestheiligen Sebastian geweiht und könnte locker mehr als das Doppelte der rund 90 Kienberger fassen. Am 22. Oktober laden die Kirchenverwaltung und der Pfarrgemeinderat Trugenhofen und natürlich auch die Bürger zur 300-Jahr-Feier der Wallfahrtskirche ein. Um 10.15 Uhr findet dort der Festgottesdienst statt. Prediger ist der Eichstätter Professor Dr. Stephan E. Müller. Nachmittags um 14 Uhr informiert Kreisheimatpfleger Manfred Veit bei einer Kirchenführung über die Geschichte und die Ausstattung von Sankt Leonhard.
In einer 64-seitigen, reich bebilderten, liebevoll und ausführlich gestalteten Festschrift, die am Festtag zu haben ist, haben die Kienberger Autorinnen Veronika Maria Müller und Bettina Maria Kugler alles Wissenswerte zum 300. Jubiläum von Sankt Leonhard zusammengestellt. Der Bau der Kirche geht demnach auf den Kienberger Maurer Hans Abreiner zurück. Er war einer der ersten Siedler, der das Dorf nach der Zerstörung 1632 durch die Schweden infolge der Schlacht bei Rain wieder mit aufbaute. Alle Bewohner waren in dieser Phase des Dreißigjährigen Kriegs umgekommen, die Felder lagen öd und brach, der Ort in Schutt und Asche. Es dauerte mehr als 20 Jahre, bis er allmählich wieder besiedelt und neu belebt wurde.
Damals hatte Hans Abreiner einen Traum: „Ich soll aus einem Weidenbaum, der in meinem Hof steht, den heiligen Leonhard schnitzen“, so erzählte er seinen Nachbarn. Für den im Schnitzen Ungeübten war dies keine leichte Aufgabe und doch zeigt die Figur des sitzenden Heiligen mit seinem Abtstab die kraftvolle und zugleich kunstfertige Hand des Schnitzers. Abreiner war es gelungen, dem Bildnis des Heiligen Ausdruck und Würde zu geben. Der Maurer entfernte dort, wo heute die Wallfahrtskirche steht, eine Wildnis aus Dornen und Gestrüpp und stellte 1670 die Leonhardsfigur auf. Vor dem Bildstock des heiligen Fürbitters beteten bald fromme Bauern aus nah und fern. Die Zahl der Wallfahrer wurde immer größer und schon ein Jahrzehnt später stand dort eine Kapelle mit einem schönen Altar sowie einem Türmchen mit zwei Glocken. Sie wurde am 19. Juni 1686 feierlich eingeweiht.
Die Wallfahrt florierte in der Fol- und damit auch die Dankesopfer der Erhörten. Geld und Naturalien vermehrten die Wallfahrtskasse derart, dass die Kirchenstiftung von Kienberg sogar Geld verleihen konnte. 1705 wurde die Kapelle restauriert und mit einem neuen Hochaltar ausgestattet, für den die Stepperger allein ein Drittel der Kosten übernahmen. Zu dieser Zeit dachte man schon an den Bau einer großen Wallfahrtskirche und kaufte zwischen 1712 und 1715 für 249 Gulden Bauholz aus den zahlreichen Spenden. Hans Abreiner, der Begründer der Wallfahrt, sollte dies aber nicht mehr miterleben. Er starb bereits am 4. Oktober 1691. Im März 1717 begann der eigentliche Kirchenbau mit der Grundsteinlegung durch Dekan Kern. Das Gotteshaus kam auf dem Platz zu stehen, wo einst die Heiligenfigur und später die Kapelle standen. Der Rohbau war bald abgeschlossen. 1719 und in den Folgejahren wurde die Kirche fertiggestellt, erhielt aber erst 1786 die Weihe. Die Gründe für die Verzögerung sind heute unbekannt.
Die Wallfahrt erlebte im Laufe der drei Jahrhunderte ein Auf und Ab: Zu Beginn gab es fast einen Wettstreit an Opfer und Gaben. Jede Gemeinde wollte einen besonderen Anteil leisten. Die Rohrbacher hatten schon beim Bau dem Heiligen zuliebe 16 Fuhren gelöschten Kalk hergeführt. Später schenkge ten Marxheim und Schweinspoint zwei Eichen zur Fertigung der Kommunionbank und der Kaisheimer Pfleger von Ammerfeld überließ zu ganz geringem Preis sechs Kiefern, zwölf Ahorn und drei Eschen, woraus die Emporenstühle gefertigt wurden. Nachdem der Schreiner von Marxheim die Kommunionbank umsonst gefertigt hatte, verlangte der Schmied von Trugenhofen für seine Arbeiten daran ebenfalls nichts.
Blütezeit der Wallfahrt war im 18. Jahrhundert. So waren 1727 acht zusätzliche Seelsorger beim Leonhardifest im Einsatz. Doch es gab auch andere Zeiten: Das traurigste Leonhardifest seit Bestehen fand im Jahre 1854 statt. Ein Ammerfelder war als einziger Auswärtiger erschienen. Schuld daran war die kurz vorher in Kienberg herrschende schlimme Cholera, an der vom 11. bis 30. Oktober 27 Personen gestorben waren. Im Jahre 1921 ließ Pfarrer Högel nach der grassierenden Maul- und Klauenseuche den Leonhardiumzug noch einmal aufleben, nachdem der Umritt jahrzehntelang erloschen war. Damals waren 71 Pferde daran beteiligt. Danach schlief das Brauchtum aber wieder ein. Erst 1989 erneuerten Pfarrer Stanislaus Kryszkowski und die Kienberger diese Institution und bewahrten den Leonhardiritt vor dem Vergessen.