Vermeintlicher Täter war Opfer
Zeugin entlastet Angeklagten, der wegen Prügelei im Rainer Fasching vor Gericht stand
Rain Buntes Faschingstreiben, ausgelassenes Feiern und eine blutige Schlägerei: Wie schnell die Stimmung manchmal kippen kann – vor allem wenn Alkohol im Spiel ist –, zeigte sich bei einer Verhandlung vor dem Jugendrichter am Nördlinger Amtsgericht. Dort gab es für drei Gäste der After-Show-Party des Rainer Tillywurms ein Nachspiel.
Die jungen Männer hatten sich an diesem Faschingstag wild geprügelt. Zwei von ihnen hatten deshalb in einer früheren Verhandlung schon als Beschuldigte auf der Anklagebank gesessen. Damals hatte das Gericht schlussendlich auf Notwehr erkannt und sie freigesprochen. Nun wurde gegen ihren Kontrahent, einen 21-jährigen Studenten, verhandelt. Ihm wurde Körperverletzung vorgeworfen. Dass sich das Blatt am Ende überraschend zu seinen Gunsten wendete, hat er einer Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes zu verdanken. Sie war zuvor nicht gehört worden. An jenem 26. Februar war die Dreifachturnhalle in Rain voll mit Faschingsfreunden. Im Foyer stand gegen 20 Uhr unter anderem eine Gruppe junger Leute, über die sich plötzlich ein Bier ergoss. Übeltäter war der 21-Jährige, der vor Gericht von einem Versehen sprach. Ein Mädchen hatte besonders viel abbekommen, sodass sich deren Freund bei dem Studenten beschwerte. Aus der verbalen Auseinandersetzung entwickelte sich ein handgreiflicher Streit. Wer damit begonnen hatte, ließ sich nicht mehr rekonstruieren. Der Student behauptete, einer der Umstehenden habe ihn gegen seinen Kontrahenten geschubst. Einer der Gegner allerdings behauptete vom Angeklagten: „Er hat mich am Hals gepackt und gewürgt, und ich hab einen Schlag auf die Backe bekommen.“Ein Arzt habe ihm noch Tage später ein Hämatom am Kehlkopf attestiert und einen Kratzer im Gesicht. Auch der Dritte, der sich an der Rangelei beteiligt hat, soll einen Hieb abbekommen haben.
Neutrale Zeugin des Vorfalls war eine Mitarbeiterin des zuständigen Sicherheitsdienstes an jenem Abend. Sie zeigte sich vor Gericht verwundert, sie hatte den 21-Jährigen am Faschingssonntag als Opfer und nicht als Täter wahrgenommen. „Ich hab’ in der Nähe des Ausgangs zwei junge Männer gesehen, die auf ihn eingeschlagen haben“, schilderte sie die Szene. Das Opfer sei in eine Ecke gedrückt worden, dort zu Boden gegangen, und die beiden anderen hätten es mit Händen und Fäusten geschlagen sowie mit Füßen getreten. „Es hat böse ausgeschaut“, so die Zeugin, die sich um den Verletzten kümmerte, dem Blut aus dem Mund gelaufen sei. Später stellte ein Arzt einen Einriss der Lippe fest und Auswirkungen eines Schlags auf die Zähne. Zudem musste der Student an der Schläfe genäht werden.
Die beiden Schläger waren nach draußen gebracht worden, dort davongelaufen und konnten erst später gestellt werden. Ob sie erneut juristisch belangt werden, blieb vor Gericht offen. Das Verfahren gegen den Studenten wurde eingestellt.