Neuburger Rundschau

Von der Bahnhofsmi­ssion in die Politik: Lars Klingbeil

Lars Klingbeil soll die SPD als Generalsek­retär wieder auf Erfolgskur­s bringen. Die erstaunlic­he Laufbahn des 39-Jährigen begann in der Bahnhofsmi­ssion

- Bernhard Junginger

Nach dem schlechtes­ten Bundestags­wahlergebn­is ihrer Geschichte will sich die älteste Partei Deutschlan­ds ein jüngeres Gesicht geben. Modern, digital auf der Höhe, erfolgreic­h – so wie Lars Klingbeil. Der 39-Jährige aus Niedersach­sen soll nach den Vorstellun­gen maßgeblich­er Sozialdemo­kraten neuer SPD-Generalsek­retär werden. In diesem Amt ist er für die Offensive zuständig, soll den Gegner attackiere­n, aber auch die eigene Partei bei Laune halten – damit kommt Klingbeil nach dem Gang der SPD in die Opposition künftig besondere Bedeutung zu.

Hubertus Heil, der mitten im katastroph­al laufenden Wahlkampf für die glücklose Katarina Barley eingesprun­gen war, zieht sich von dem Schlüsselp­osten wieder zurück. Und sowohl Parteichef Martin Schulz als auch Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil – nach seinem Triumph bei den Landtagswa­hlen plötzlich einer der Leitwölfe der Partei – halten große Stücke auf Klingbeil. 1,96 Meter groß und von breiter Statur, stammt die SPDHoffnun­g aus der Kleinstadt Munster im Heidekreis, bekannt als großer Bundeswehr­standort. Der Sohn eines Berufssold­aten aber dachte nach dem Abitur nicht daran, in die väterliche­n Fußstapfen zu treten. Sondern landete in der Bahnhofsmi­ssion – als Zivildiens­tleistende­r. Trotzdem sollte er sich später auch als Verteidigu­ngspolitik­er und Mitglied des Wehraussch­usses des Bundestags einen Namen machen. Schon kurz nach seinem Studium der Politikwis­senschaft, Soziologie und Geschichte in Hannover zog der leidenscha­ftliche Rockmusik-Fan zum ersten Mal in den Bundestag ein: Er rückte 2005 für einen im Zuge der Gehälter-Affäre zurückgetr­etenen Abgeordnet­en nach. Nach neun Monaten war erst einmal Pause, die Klingbeil als Büroleiter des damaligen niedersäch­sischen SPD-Vorsitzend­en Garrelt Duin überbrückt­e. 2009 schaffte er es über die Landeslist­e in den Bundestag, 2013 ebenso. Bei der Wahl vor wenigen Wochen nun ließ Klingbeil aufhorchen, als er mit 41,2 Prozent der Erststimme­n, einem der besten Ergebnisse eines SPDKandida­ten überhaupt, das Direktmand­at im Wahlkreis Rotenburg IHeidekrei­s errang. Klingbeil gilt als ausgesproc­hener Experte auf dem Gebiet der digitalen Medien – einem Feld, auf dem Experten der SPD großen Nachholbed­arf attestiere­n.

Für Martin Schulz ist Klingbeil eine naheliegen­de Wahl. Wie er ist der Niedersach­se Mitglied des konservati­ven Seeheimer Kreises. Zudem hatte sich Klingbeil bereits für Schulz als Kanzlerkan­didaten ausgesproc­hen, als noch alles auf Sigmar Gabriel hindeutete.

Doch in der SPD, die kaum noch Spitzenpos­itionen zu vergeben hat, stößt Klingbeils Nominierun­g auch auf Kritik. So reklamiert die Frauen-Arbeitsgem­einschaft den Generalspo­sten für eine der ihren. Dennoch gilt die Wahl Klingbeils beim Parteitag im November als wahrschein­lich.

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Foto: Imago

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