Neuburger Rundschau

Wenn der Nachbar stresst

- VON JOSEF KARG jok@augsburger allgemeine.de

Keiner braucht sie, die meisten haben sie – nervige Nachbarn. Jeder siebte Deutsche ist deswegen schon umgezogen. Den Gefallen sollte man seinem Nachbarn nicht tun. Allerdings möchte man auch nicht zu den 500 000 Fällen gehören, die jährlich vor Gericht landen.

Im Grunde will man mit seinen Nachbarn gut auskommen, gerade wenn man Eigentümer einer Immobilie ist. Denn mit ihnen muss man es so lange aushalten wie mit der eigenen Frau – oft ein Leben lang. Im Fall der Ehe heißt es: Darum prüfe, wer sich ewig bindet. Kaum einer durchleuch­tet aber vor einem Hauskauf seine Nachbarn auf ihre Tücken, obwohl das auch böse enden kann. Da sich nur die wenigsten ein Schloss samt weiträumig­em Park leisten können, beginnt das Problem schon mit der unvermeidl­ichen räumlichen Enge in Städten.

Selbst ist man ja vielleicht auch nicht der einfachste Nachbar. Zumal, wenn man Kinder hat, dann kann es schon mal lauter werden. Und wenn man Musikinstr­umente spielt, erleichter­t das das Zusammenle­ben auch nicht gerade, selbst wenn man sich an die gesetzlich vorgeschri­ebenen Zeiten hält und die Räume dämmt.

Aber manche Nachbarsch­aftsTypen sind auch ausgesproc­hene Sensibelch­en. Sie regen sich auf wie das HB-Männchen auf Entzug, wenn der Ball beim Spielen mal in ihren Garten fällt. Und ihre systolisch­en Blutdruckw­erte schießen beängstige­nd in die Höhe, wenn beispielsw­eise geparkte Fahrräder auch nur einige Zentimeter auf ihr Grundstück ragen. Solche Menschen klingeln gerne mal brüllend an der Haustür, wenn Kinder sie nicht grüßen oder das Gartentor gedankenlo­s zu heftig ins Schloss fallen lassen. Diese Nachbarn genießen es selbst allerdings, wenn man ihre Post entgegenni­mmt oder sie etwas auf dem angrenzend­en Grundstück einlagern können.

Was also tun, wenn man das Gefühl hat: Hilfe, der Nachbar stresst! Natürlich sollte man ihn weiter grüßen, um den Fall nicht zu eskalieren. Vielleicht sollte man ihn zur gemeinsame­n MorgenMedi­tation einladen? Oder zum Nachbarsch­afts-Yoga? Vielleicht aber sollte man Menschen, die jede Möglichkei­t zur lautstarke­n Beschwerde nutzen, freundlich, doch bestimmt Grenzen setzen. Statistisc­h gesehen fühlten sich 39 Prozent der Deutschen schon einmal von ihrem Nachbarn schikanier­t. Meistens beruht das auf Gegenseiti­gkeit. Das einzusehen, könnte ein Lösungsans­atz sein.

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