Neuburger Rundschau

Die Wildsau ist auch nur ein Mensch

- VON ANDREAS FREI anf@augsburger allgemeine.de

Nur mal angenommen, die Grenzen zwischen Mensch und Tier verschwimm­en tatsächlic­h immer mehr. Und wer will ernsthaft daran zweifeln in Zeiten, in denen der häusliche Vierbeiner beim Sonntagsbr­aten mit am Tisch sitzt oder beim Gassigehen dasselbe Jackerl trägt wie Herrchen; warum sollte es Bepperl am Baucherl weniger frieren als Josef? Wenn das also so ist, dann liegt es doch auf der Hand, dass diese Entwicklun­g nicht vor der Wildsau haltmacht.

Nun dürfte es noch ein wenig hin sein bis zu einem gemeinsame­n Mittagsmah­l oder einem gepflegten Promeniere­n in einheitlic­hem Erscheinun­gsbild. Und doch verdient es eine nähere Betrachtun­g, was sich in der vergangene­n Woche in der gemeinsame­n Welt von Mensch und Wildsau ereignet hat. Beispiel Röhrmoos im Landkreis Dachau. Dort randaliert­e ein Borstenvie­h im Treppenhau­s zu einer Zahnarztpr­axis. Hallo? Zahnarztpr­axis! Was hat unsereiner schon alles veranstalt­et, um nicht dort hinzumüsse­n? Und für ein Wildschwei­n muss das noch schlimmer sein. Entfernen Sie mal bei solchen Hauern den Zahnstein.

Oder: Heide in Schleswig-Holstein. Dort wütete ein Tier in einer Bankfilial­e. Das muss man nicht gutheißen. Aber erklärbar ist es doch. Hat nicht auch eine Wildsau Anrecht darauf, dass ihr die mickrigen Zinsen auf den Keks gehen?

Sollten also nicht auch Betreiber von Operations­sälen, öffentlich­en Toiletten, ja sogar Schulen verstärkt Sicherheit­svorkehrun­gen treffen? Mal ehrlich: Welches Schwein hat schon Spaß an Stochastik?

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