Sechseinhalb Jahrzehnte bei der IG Metall
Gewerkschaft ehrt ihre langjährigen Mitglieder. Einer kommt aus Weichering und erzählt seine Geschichte
Ingolstadt/Weichering Als Karl Mandlmeier aus Weichering 1950 seine Lehre zum Werkzeugmacher im Zentraldepot in Ingolstadt begann, gab es weder ein Mutterschutzgesetz noch ein Betriebsverfassungsgesetz. Beides wurde erst 1952 eingeführt. Da war Mandlmeier schon bei Audi in der Ausbildung, da das Zentraldepot vom Automobilhersteller mitsamt den Mitarbeitern und Lehrlingen übernommen worden war. Im selben Jahr wurde der damalige Audi-Mitarbeiter auch Mitglied in der IG Metall. Und er ist es bis heute geblieben. Zusammen mit vielen anderen wurde Mandlmeier am Samstag im Stadttheater Ingolstadt bei einer Feierstunde geehrt. Mit ihm waren über 300 der über 1500 Jubilare anwesend.
„Mir ist es wichtig, weiterhin dabei zu sein. Auch als ich 1992 in Rente gegangen bin, nach 40 Jahren bei Audi, habe ich nicht daran gedacht, aus der IG-Metall auszutreten.“Mandlmeier zählt auf, was mit Hilfe der Gewerkschaften und Betriebsräte alles geschafft wurde: Angemessener Lohn, kürzere Arbeitszeiten und mehr Urlaubstage. In der Metall- und Elektroindustrie waren 48 Stunden Wochenarbeitzeit, verteilt auf sechs Tage, normal. „Wir durften als Lehrlinge immer sams- tags die Werkstatt aufräumen“, erinnert sich Mandlmeier. 1954 hatte der Weicheringer seine Ausbildung zum Werkzeugmacher abgeschlossen. 1959 dann ergriff er eine weitere berufliche Weiterbildungschance. Nach einem Jahr Vorbereitung absolvierte er ein Ingenieursstudium der Feinmechanik und Optik. „1963 war ich fertig und ging als Nachwuchsingenieur zurück zu Audi.“Als Betriebsingenieur im Motorenbau, in der allgemeinen Planung und später in der technischen Kostenkontrolle arbeitete der heute 84-Jährige bis 1992 für den Automobilhersteller. So gerne er bei Audi gearbeitet hat, die Gewerkschaften seien doch immer der starke Partner gewesen. „Sonst hätte der Arbeitgeber mit uns gemacht, was er wollte.“
Seit November 1952 ist Karl Mandlmeier Mitglied in der IG-Metall. Am Samstag wurde er für seine 65-jährige Mitgliedschaft geehrt. Und mit ihm über 1500 weitere Jubilare. Lediglich 21 weitere Mitglieder sind so lange dabei wie Mandlmeier. Neun Mitglieder sind sogar noch länger mit von der Partie, nämlich schon 70 Jahre dabei.
Johann Horn, erster Bevollmächtigter der IG Metall Ingolstadt, blickte in seiner Rede in diese Zeit nach dem zweiten Weltkrieg zurück. „1947 lag Deutschland in Trümmern und ihr alle habt beim Wiederaufbau mitgeholfen. Danke dafür“, sprach Horn die Jubilare im Stadttheater an. Und ging weiter durch die Geschichte, angelehnt an die Jubiläen. 69 IG-Metall-Mitglieder wurden für 60 Jahre geehrt. „Im Februar 1957 wurde ein Rahmentarifvertrag unterzeichnet, der eine Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten im Krankheitsfall, einen längeren Urlaub und eine bessere Urlaubsvergütung zum Ergebnis hatte.“112 IG-Metaller erhielten eine Urkunde für 50 Jahre Mitgliedschaft. 901 Jubilare sind 40 Jahre dabei und viele weitere seit 25 Jahren.
Als Hauptredner der Jubilarfeier im Stadttheater Ingolstadt sprach Stefan Körzell, Mitglied des geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes, den langjährigen Mitgliedern seinen Dank aus. „Ohne Sie und Ihr Engagement hätte es das viele Erreichte nicht gegeben.“Körzell sprach die Herausforderungen an, die vor den Gewerkschaften lägen, wenn eine Jamaika-Koalition mit einer selbstbewussten FDP Wirklichkeit werden würde. „Mit dieser Konstellation haben wir in Schleswig-Holstein bereits schlechte Erfahrungen gemacht.“Mindestlohn und Arbeitszeitregelungen seien in Gefahr. Über lange Jahre erreichte Arbeitnehmerrechte müssten weiter verteidigt werden. „Wer die Arbeitszeit nicht dokumentieren will, der will nicht weniger Bürokratie, sondern mehr Ausbeutung.“