Wie gefährlich sind die „Reichsbürger“wirklich?
Polizistenmörder muss lebenslang in Haft. Bayern nimmt der Bewegung die Waffen ab
Augsburg/Nürnberg Dieser Fall war ein Wendepunkt im Umgang der Sicherheitsbehörden mit den sogenannten „Reichsbürgern“: Wolfgang Plan hatte vor einem Jahr beim Einsatz eines Spezialkommandos (SEK) in Franken einen Polizisten erschossen. Nun ist der 50-Jährige vom Landgericht Nürnberg-Fürth wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Prozess hat verschärft die Frage aufgeworfen, wie gefährlich die rechtsgerichtete „Reichsbürger“-Bewegung ist.
Am Morgen des 19. Oktober 2016 war das SEK angerückt, um Wolfgang Plan mehr als 30 Waffen abzunehmen. Die Behörden hatten ihm die Waffenerlaubnis entzogen, weil er als unzuverlässig eingestuft worden war. Mehrere Aufforderungen, die Gewehre und Pistolen freiwillig abzugeben, hatte der „Reichsbürger“missachtet. Als die Polizisten sein Haus stürmten, eröffnete er durch eine teilverglaste Tür das Feuer. Die Richter sind überzeugt, dass Plan gezielt auf die Beamten geschossen hat. Von elf Schüssen trafen zehn. Ein 32-jähriger Beamter starb, zwei wurden verletzt. Die Verteidiger hatten behauptet, Plan sei von einem Überfall ausgegangen. Sie kündigten Revision an.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, das Urteil sei hart, werde aber „der Schwere des Verbrechens gerecht“. Er nahm die Entscheidung des Gerichts zum Anlass, der „Reichsbürger-Szene“erneut den Kampf anzusagen. „Unser Rechtsstaat setzt sich durch“, sagte Herrmann. Tatsächlich ist es aber so, dass die bayerischen Sicherheitsbehörden sich erst seit kurzem intensiver mit den „Reichsbürgern“befassen. Auslöser waren neben den tödlichen Schüssen im mittelfränkischen Georgensgmünd mehrere gewalttätige Attacken von „Reichsbürgern“in Deutschland.
Die Bewegung erkennt die Bundesrepublik nicht als Staat an, ihre Mitglieder verweigern oft Zahlungen an den Staat wie Bußgelder oder Steuern. Die Bewegung ist in unzählige Kleinstgruppen zersplittert. Laut Verfassungsschutz sammeln sich dort Querulanten, Staatsverdrossene oder Verschwörungstheoretiker, aber auch Menschen mit einem geschlossenen rechtsextremistischen Weltbild. Diese Zersplitterung macht eine pauschale Einschätzung der Gefährlichkeit schwierig. Der Verfassungsschutz spricht aber von einer „verschärften Dynamik und Gewaltbereitschaft“. Nach aktuellen Zahlen des Innenministeriums gibt es rund 3250 „Reichsbürger“in Bayern und 15 000 bundesweit. Etwa 1000 werden als gewaltbereit eingestuft.
Ein generelles Verbot dieser Bewegung ist rechtlich praktisch nicht machbar. In Deutschland ist es nicht verboten, sich sein eigenes Weltbild zu zimmern, sei es auch noch so abwegig. Der Freistaat hat daher nach den gewalttätigen Angriffen damit begonnen, „Reichsbürgern“konsequent die Waffen abzunehmen. Laut Innenministerium hatten 247 Mitglieder der Bewegung eine Waffenerlaubnis, in 162 Fällen wurde sie bereits widerrufen. 547 Waffen »Kommentar wurden eingesammelt.