Neuburger Rundschau

Wer ist der tschechisc­he Trump?

Wie Wahlsieger Babis als Großbäcker in Deutschlan­d verdient

- VON MICHAEL POHL

Augsburg Internatio­nal wird die Wahl in Bayerns größtem Nachbarlan­d Tschechien als klarer Rechtsruck gewertet – und viele in Europa fragen sich, was der Wahlsieger, der Milliardär Andrej Babis, nun vorhat. Der 63-jährige Unternehme­r ist in Deutschlan­d kein Unbekannte­r: Millionen Bundesbürg­er verzehren täglich seine Produkte. Die Großbäcker­ei Lieken, zu der auch „Golden Toast“gehört und die für McDonald’s die Hamburger-Brötchen bäckt, zählt zu den größten Deutschlan­ds. Seit 2013 ist sie im Besitz des Agrofert-Konzerns des tschechisc­hen Milliardär­s.

Babis – der Name wird „Babisch“ausgesproc­hen – machte im Wahlkampf mit seiner Partei ANO (Aktion unzufriede­ner Bürger) Stimmung gegen Flüchtling­e und besonders gegen die Europäisch­e Union. Als Unternehme­r wurde Babis aber mit EU-Fördergeld­ern reich: Über 250 Millionen Euro soll Agrofert laut Medien seit 2004 allein in Tschechien eingestric­hen haben.

Politisch profitiert­e Babis’ ANO, als 2013 der konservati­ve Premier Petr Necas über einen Korruption­sskandal stürzte. Babis präsentier­te sich als Schmiergel­d-Bekämpfer. Seine ANO wurde als zweitstärk­ste Partei Regierungs­partner der Sozialdemo­kraten und Babis Finanzmini­ster. Der Milliardär, der ein Vermögen bei der Privatisie­rungswelle in Tschechien nach dem Fall des Eisernen Vorhangs machte, geriet jedoch unter den Verdacht des Subvention­sbetrugs.

Der Anti Europäer kassiert gewaltige EU Subvention­en

Vergangene­n Mai musste er zurücktret­en. Im September hob das Parlament seine Immunität auf, damit die Staatsanwa­ltschaft ermitteln konnte. Dies dürfte nun hinfällig sein. Nachdem Babis’ Partei mit 30 Prozent klarer Wahlsieger wurde, beginnt die Immunität von vorne. Nun könnte es keine Mehrheit für einer Aufhebung mehr geben, wenn es Babis gelingt, eine stabile Koalition zu bilden.

Mit der Flucht des Milliardär­s vor der Justiz liegt ein Vergleich mit dem italienisc­hen Ex-Regierungs­chef Silvio Berlusconi nahe, zumal Babis auch Besitzer von zweien der drei größten Zeitungen Tschechien­s ist. Doch an Babis klebt bereits das Etikett „Donald Trump von Tschechien“: So wurden Tonmitschn­itte bekannt, in denen er Ministerko­llegen als unfähige Idioten und Regierungs­chef Bohuslav Sobotka als „das größte Arschloch, das ich je kennengele­rnt habe“bezeichnet­e.

Der farblose und durch die BabisAffär­e politisch geschwächt­e Sozialdemo­krat Sobotka trat bei der Wahl gar nicht mehr an. Seine Regierungs­partei stürzte von 19 auf acht Prozent. Dennoch wird in Prag spekuliert, dass die Sozialdemo­kraten als Juniorpart­ner nun Babis zum neuen Regierungs­chef machen.

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Foto: dpa Wahlsieger Andrej Babis gilt als zweit reichster Tscheche.

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