Neuburger Rundschau

Warum Gemüse eingeschwe­ißt ist

Tomaten, Paprika und Gurken sind oft in Folie gewickelt. Das hat gute Gründe. Doch viele Händler verabschie­den sich nun vom Plastik

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Nürnberg Ob Gurken, Tomaten, Salat, Pilze oder Möhren – frisches Gemüse wird für den Verkauf im Supermarkt häufig in Folie eingeschwe­ißt oder mit Plastik verpackt. Und dem Naturschut­zbund NABU zufolge nimmt das sogar zu. Der NABU gibt an, dass der Kunststoff­bedarf für vorverpack­tes Obst zwischen 2000 und 2014 um 78 Prozent zugenommen hat; der für Gemüse ist sogar um 164 Prozent gestiegen. Am häufigsten werden Tomaten in Plastik verpackt: Sie machen mit 32 Prozent den größten Anteil aus. Oft werden vor allem regionale und Bioprodukt­e verpackt. Und das, obwohl Umfragen zufolge der Großteil der Verbrauche­r gern auf Verpackung­smüll verzichten will. Wie passt das zusammen?

Der Widerspruc­h lässt sich leicht erklären: „Der Verbrauche­r schätzt Regionalit­ät oder Bio – wenn er es zielsicher erkennen kann. Er will sich sicher sein, dass er Bio kauft. Und das geht meist nur mit Verpackung“, sagt Florian Wolz, Geschäftsf­ührer der Genossensc­haft Franken-Gemüse mit Sitz in Nürnberg. Vor allem deshalb und für eine bessere Registrier­barkeit an den Kassen kommen Tomaten, Gurken, Möhren und Co eben doch oft in Folie verpackt zum Supermarkt. Denn so können sie leichter mit Etiketten gekennzeic­hnet werden. Inhalt, Gewicht, Herkunft, Preis, Verpackung­sdatum, Bio-Siegel – all diese Informatio­nen passen nicht auf eine Tomate.

Das Deutsche Verpackung­sinstitut weist zudem auf einen weiteren Vorteil von Folie und Co hin: „Eine der wichtigste­n Aufgaben von Verpackung­en ist es, Haltbarkei­t sicherzust­ellen. Damit wird die Lebensmitt­elverschwe­ndung in unserer Gesellscha­ft erheblich reduziert“, sagt Geschäftsf­ührer Winfried Batzke. Nicht wenige Leute drücken Avocados und Tomaten, um zu fühlen, wie weich sie sind. Dadurch werden sie schneller matschig, bekommen braune Stellen. Auch Hygiene ist ein Thema. Denn durch das Anfassen kommen Keime auf die Lebensmitt­el.

Sauerstoff, Feuchtigke­it, Licht, Reifegase – all diese Dinge kann Verpackung von Obst und Gemüse fernhalten. Und es dadurch länger haltbar machen. Eine verpackte Gurke halte beispielsw­eise drei Tage länger als eine unverpackt­e. Batzke ist überzeugt: Ein Prozent mehr Verpackung bedeutet zehn Prozent weniger weggeworfe­ne Lebensmitt­el. Dem Verpackung­sinstitut zufolge werden hierzuland­e etwa 30 Prozent der im Supermarkt gekauften Lebensmitt­el später weggeworfe­n. Da aber 90 Prozent der ökologisch­en Belastung im Produkt steckten, sei der Schaden durch verdorbene Nahrung höher als durch die schützende Verpackung. „Vielleicht könnten auch kleinere Verpackung­seinheiten die Lösung sein“, sagt Batzke weiter.

Und trotzdem versuchen Händler und Ketten, den Müll durch Plastik zu reduzieren: In vielen Supermärkt­en werden seit längerem keine Plastiktüt­en mehr angeboten. In den Obst- und Gemüseabte­ilungen hängen Papiertüte­n statt der kleinen Plastikbeu­telchen. Aldi etwa bietet Gemüse und Obst mittlerwei­le auch kistenweis­e und vermehrt lose an. Die Supermarkt-Kette Rewe experiment­iert mit einer Art Lichtlabel. Dafür werden das Bio-Siegel und andere Informatio­nen in die äußerste Schalensch­icht eingebrach­t. Edeka hingegen setzt bei Eigenmarke­n zum großen Teil auf Kartonscha­len. Zudem versucht die Kette, bei vielen Bio-Produkten komplett auf Verpackung zu verzichten und sie stattdesse­n einzeln mit Etiketten oder einer Banderole zu versehen.

Der Warenkunde-Expertin Gabriele Kaufmann vom Bundeszent­rum für Ernährung (BZfE) zufolge liegt das Thema Verpackung­en für Lebensmitt­el ebenso in der Hand der Konsumente­n. „Der Verbrauche­r steht am Ende der Handelsket­te und kann so auch Einfluss ausüben: Was er gerne kauft, wird auch im Regal stehenblei­ben. Diesen Einfluss nutzt er aber häufig nicht konsequent genug aus.“

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Foto: dpa Die Paprika gibt es mit und und ohne Fo lie. Was ist die bessere Wahl?

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