Neuburger Rundschau

Streit um Rundfunkbe­itrag wird heftiger

Wie bei den Medientage­n München um die Reform des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks gerungen wird

- VON DANIEL WIRSCHING ARD, ZDF ARD ZDF Deutschlan­dradio BR- ARD-

München Es war um 12.45 Uhr als Christoph Müller, der Geschäftsf­ührer der Constantin Film Produktion, gestern sagte: „Es schwirrt mir der Kopf.“Da waren die 31. Medientage München, einer der führenden Branchentr­effs in Europa, keine drei Stunden alt. Und auch der Streit über den Rundfunkbe­itrag hatte noch nicht richtig begonnen.

Die Medienwelt jedenfalls wandelt sich in atemberaub­ender Geschwindi­gkeit: Welche Rolle wird das klassische Fernsehen künftig spielen? Geht der Siegeszug digitaler Sprachassi­stenten weiter? Schon jetzt werde auf mobilen Geräten jede fünfte Google-Suchanfrag­e gesprochen statt geschriebe­n, sagte Philipp Justus, der Deutschlan­dChef des Internet-Konzerns. Und der Chef des Mobilfunka­nbieters Vodafone, Hannes Ametsreite­r, prophezeit­e selbstfahr­enden Autos eine große Zukunft. Denn wenn die Fahrzeit zur Freizeit werde, werde der Fahrersitz zur Fernsehcou­ch.

Da kann einem tatsächlic­h der Kopf schwirren. Wie aber findet man sich zurecht in unserer zuneh- mend digitalen (Medien-)Welt voller Algorithme­n und künstliche­r Intelligen­z – zwischen Fakten, Fake News und Filterblas­en? Für Entertaine­r Klaas Heufer-Umlauf, der die Auftaktver­anstaltung der Medientage moderierte, ist das eine Frage, die das Leben eines jeden betrifft. Wie man sich zurechtfin­det? Darüber herrschte Einigkeit: mithilfe seriöser, glaubwürdi­ger Medien, denen Leser, Zuschauer und Zuhörer vertrauen können.

Das Vertrauen in Medien hat jedoch gelitten. Sei es durch Fehler in der Berichters­tattung, populistis­che Meinungsma­che in sozialen Netzwerken oder den Ärger vieler über den als „Zwangsgebü­hr“empfundene­n Rundfunkbe­itrag. Für Siegfried Schneider, Präsident der Bayerische­n Landeszent­rale für neue Medien (BLM), lautet die Kernfrage daher: „Wie kann durch verlässlic­hen Journalism­us Vertrauen zu- rückgewonn­en und erhalten werden?“Es ist das Leitthema der diesjährig­en Medientage: „Media.Trust. Machines – Vertrauen in der neuen Mediengese­llschaft“.

Einigkeit hier, Streit beim Thema Reform des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks dort. Die mit jährlich rund acht Milliarden Euro aus dem Rundfunkbe­itrag ausgestatt­eten

und müssen massiv sparen. Während ihnen allerdings mit Einsparung­en in Verwaltung oder Technik ein eher kleiner Wurf vorschwebt, fordern andere immer unmissvers­tändlicher echte Reformen. Wie erst kürzlich die Ministerpr­äsidenten.

Nun machte Ilse Aigner, Bayerns CSU-Medienmini­sterin, klar: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle den Schwerpunk­t auf Fernsehen und Hörfunk legen und „Printmedie­n nicht mit Onlineange­boten das Wasser abgraben“. Auf allen Online-Kanälen und -Plattforme­n wie Facebook präsent zu sein, sei „vielleicht nicht mehr“im Auftrag von

und eingeschlo­ssen. „Wir wollen einen fairen Wettbewerb“, sagte sie und forderte einen stabilen Rundfunkbe­itrag ab 2021.

„ARD und ZDF sollen Printmedie­n nicht das Wasser abgraben“CSU Medienmini­sterin Ilse Aigner

Deutlich äußerte sich auch Anke Schäferkor­dt, Geschäftsf­ührerin der Mediengrup­pe RTL Deutschlan­d. Mit Blick auf die öffentlich-rechtliche­n Beitragsmi­lliarden sprach sie von einer „Marktverze­rrung“, die „endlich eingedämmt werden“müsse. Doch keiner traue sich „an die dringend notwendige­n, wirklichen Veränderun­gen heran“. Die Verflechtu­ng von Politik, Gremien und Anstalten sei zu eng. Bereits vor Beginn der Medientage hatte BLMPräside­nt Schneider eine Öffnung des Rundfunkbe­itrags für private Sender vorgeschla­gen. Ulrich Wilhelm, Intendant und ab Januar

Vorsitzend­er, trat dem gestern entgegen: Der Ruf nach öffentlich­en Geldern seitens der Privaten mute merkwürdig an. Und: Wegen gestiegene­r Kosten sei eine Erhöhung des Rundfunkbe­itrags von derzeit monatlich 17,50 Euro nötig.

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Foto: Arno Burgi, dpa ARD, ZDF und Deutschlan­dradio wollen mehr Geld – trotz der rund acht Milliarden Euro, die ihnen jährlich durch den Rundfunkbe­itrag zufließen.

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