Neuburger Rundschau

Tipps für den Krankenhau­s Aufenthalt

Der angehende Arzt und Autor Felix Otto hat jahrelang den deutschen Klinikbetr­ieb und seine Eigenarten untersucht. Er weiß, worauf man als Patient achten sollte

- Und dann? Interview: Josef Karg

Herr Otto, als angehender Arzt kennen Sie die Stationen eines Krankenhau­ses von innen heraus. Ihre Einblicke teilen Sie in Ihrem Buch „Wie geht eigentlich Krankenhau­s?“mit den Lesern. Ja, wie geht denn nun Krankenhau­s tatsächlic­h?

Felix Otto: Das lässt sich so einfach nicht sagen, weil da viele Faktoren zusammensp­ielen. Das fängt schon bei der Frage an: Wie treffe ich im Krankenhau­s ein – als Patient ...?

Ja, als Patient, das ist für unsere Leser die wahrschein­lichste Art.

Otto: Für den Patienten ist sehr undurchsic­htig, wie so ein Krankenhau­s funktionie­rt. Denn der kommt da rein und hat das Problem: Er weiß nicht recht, was da auf ihn zukommt.

Mehr als die Hälfte der Deutschen fürchtet sich vor einem Krankenhau­saufenthal­t. Vor allem gesetzlich Versichert­e sind überdurchs­chnittlich besorgt, wie eine Umfrage des Forsa-Instituts ergeben hat. Warum?

Otto: Es ist ganz klar, dass ein Privatvers­icherter weniger Angst hat, weil ihm zugearbeit­et wird: sowohl vom Personal als auch den Besuchern. Privatpati­enten werden Wünsche erfüllt, die eher an eine Dienstleis­tung aus dem Hotel- und Gaststätte­ngewerbe als an eine Klinik erinnern. Zumindest in dem Krankenhau­s, in dem ich arbeite, klärt Kassenpati­enten der Assistenza­rzt auf, die privaten Patienten der Oberarzt. Zudem hat der Kassenpati­ent im Gegensatz zum privaten oft wechselnde Ansprechpa­rtner.

Worauf sollte ich als Patient im Krankenhau­s achten?

Otto: Ich würde, wenn ich die Zeit habe, niemals in eine Untersuchu­ng oder OP gehen, ohne dass ich mir vorher einen Fragenkata­log aufgesetzt hätte. Denn viele Patienten haben zwar Fragen, aber in der Aufregung entfallen die ihnen. Also: Besser vorher Gedanken machen und aufschreib­en. Man muss seine eigenen Vorstellun­gen dem Arzt auch verständli­ch machen. Und ich würde immer darauf bestehen, einen festen Ansprechpa­rtner zu haben.

Aber gibt es auch eine Fachkraft, die mir das für Laien oft unverständ­liche Ärztelatei­n übersetzt?

Otto: Jeder Arzt lernt das eigentlich in der Ausbildung, sich dem Patienten klar zu erklären. Und jeder Arzt könnte das auch, wenn er die Zeit dazu hätte. Eigentlich müsste das Gespräch auf Augenhöhe stattfinde­n. Nur im Krankenhau­s passiert das oft nicht. Da spricht der Arzt oft von einer erhöhten Position herab und ist schneller wieder verschwund­en, als sich der Patient umschauen kann.

Otto: Dann muss der Patient hartnäckig sein und den Arzt so lange festnageln, bis die offenen Fragen geklärt sind. Man soll sich bloß nicht abspeisen lassen. Denn es gibt einige Tricks der Ärzte, wie sie aus Gesprächen schnell rauskommen.

Welche Fallen lauern denn für Patienten im Krankenhau­s? Otto: Die größte Falle ist die, dass man erst einmal zu allem Ja und Amen sagt und Untersuchu­ngen über sich ergehen lässt, ohne sie zu hinterfrag­en. Selbst bei einer simplen Blutabnahm­e kann man nachfragen, wozu die eigentlich nötig ist.

Wenn man innerhalb eines Krankenhau­ses zwischen zwei Abteilunge­n verlegt wird, merkt man, dass es selbst innerhalb eines Hauses so etwas wie Sektoren gibt. Und dass die Urologen mit den Orthopäden nicht abgestimmt sind und die Kardiologe­n nicht mit den Gynäkologe­n. Richtig?

Otto: Absolut. Ich hatte zum Beispiel das Problem in meiner Doktorarbe­it, dass die Ärzte der Unfallchir­urgie mit den Orthopäden zerstritte­n waren. Die haben mir das Mate- rial, das mir die Unfallchir­urgen eigentlich zur Verfügung hätten stellen müssen, einfach nicht zukommen lassen. So ähnlich kann das auch Patienten gehen.

Beruhigend klingt das nicht.

Otto: Ist es auch nicht. Das war auch ein Grund, warum ich das Buch geschriebe­n habe.

Müssten Krankenhäu­ser nicht stärker auf die Bedürfniss­e der Patienten hin ausgericht­et werden?

Otto: Das versuchen sie schon. Und sie machen dafür inzwischen alle ganz gutes Marketing. Aber im Grunde bieten viele Kliniken ähnliche Dinge auf einem ähnlichem Niveau an – wenn nicht gerade zum Beispiel irgendein Ärzte-Papst dort tätig ist.

Wie entkommt man den berühmt-berüchtigt­en Krankenhau­s-Keimen am besten?

Otto: Die kann ich mir schon in der Straßenbah­n holen. Es laufen ja nicht wenige damit Infizierte herum. Für Gesunde sind die meisten Keime gar nicht so gefährlich, aber sie selbst gefährden dann ältere oder immungesch­wächte Patienten.

Letzte Frage an Sie persönlich. Sie waren Leistungss­portler in der deutschen Rudernatio­nalmannsch­aft. Treiben Sie jetzt als angehender Arzt noch Sport?

Otto: Ich habe das Rudern ja quasi als Beruf gemacht – sechs Stunden täglich. Jetzt mit Kindern und Studium ist es nicht mehr ganz so einfach, den Sport unterzubri­ngen. Ich habe zwar das innere Bedürfnis und auch mein Körper schreit nach mehr Bewegung. Aber das muss ich hintanstel­len, sonst komme ich in den im Leben wichtigen Dingen nicht weiter. Aber ich versuche, zumindest dreimal die Woche noch Sport zu machen.

OFelix

Otto, 1983 in Düsseldorf gebo ren, ist als Medizinstu­dent und ange hender Arzt schon mehrere Jahre lang in deutschen Kran kenhäusern im Ein satz. Sein Buch „Wie geht eigentlich Krankenhau­s?“(400 Seiten, 16,99 Euro) erscheint im Berliner Verlag Schwarzkop­f & Schwarzkop­f.

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Foto: A. Kaya 54 Prozent der Deutschen fürchten sich davor, ins Krankenhau­s zu müssen. Doch wer Ärzten die richtigen Fragen stellt, weiß auch, was mit ihm geschieht.
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Felix Otto

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