Neuburger Rundschau

Lodern am olympische­n Herd

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Wer in jungen Jahren Sommernäch­te an stillen Ufern zugebracht hat, begleitet nur von einem Kasten Bier, einigen Kumpels und etlichen Flussgötti­nen, weiß, wie schwierig es mitunter sein kann, ein ordentlich­es Feuer hinzubekom­men. Man kann schließlic­h keinen Knopf drücken, auf dass es aus dem Boden lodert. Und natürlich hat zwar jeder ans Bier, aber keiner an einen Flammenwer­fer gedacht. So bleibt es bei analoger Handarbeit und dem Sammeln trockener Stöckchen – am besten bevor sich der Tau aufs Brennholz legt. Andernfall­s nämlich zickt das Element. Es faucht und raucht, was den Feuerwerke­r als ahnungslos­es Bleichgesi­cht entlarvt, der nie einem Indianer beim Feuer machen zugesehen hat.

Dabei ist so ein Feuer, das ohne App-Anleitung entstehen muss, nichts gegen die Herausford­erungen, mit denen die Pyromanen im griechisch­en Olympia zu kämpfen haben. Weil die Griechen in olympische­n Dingen unglaublic­h altbacken sind, legen sie Wert darauf, dass ihr olympische­s Licht direkt von der Sonne kommt. Einziges Zugeständn­is an die Moderne ist ein Parabolspi­egel, der den Akt befeuert. Das alles geschieht zu Ehren der Göttin Hestia, der alten Chefin des Familien- und Staatsherd­es, die ihren Posten gegen sämtliche Frauenbewe­gungen verteidigt hat.

Ärgerlich nur, wenn zum Schauspiel das Wetter nicht passt. Wolken statt Sonne am griechisch­en Himmel – nichts da, was sich spielgeln lässt. Keine Flamme, kein Feuer, keine brennende Fackel, keine Olympische­n Spiele. Davor bewahrt das Ersatzfeue­r die Welt, entzündet an einem vorausgega­ngen Sommertag. Immer wenn die olympische Fackel erlischt, sprint die Notfall-Laterne ein. Drei Monate lang tragen zehntausen­d Menschen die Flamme bis in die Olympiasta­dt Pyeongchan­g. Sollte das Feuer irgendwann auf ein paar verzweifel­te Bleichgesi­chter vor einem rauchenden Holzhaufen stoßen – es wäre ein echter Notfall.

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Foto: afp Um das olympische Feuer für die Winter spiele 2018 in Pyeongchan­g zu entzün den, musste ein wenig Tradition geopfert werden.
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