Neuburger Rundschau

Mit Vollgas ins Gefängnis

Ein junger Mann aus Neuburg kann seine Finger nicht von Motorräder­n lassen. Dabei hat er nicht einmal einen Führersche­in. Sein Vorstrafen­register gleicht einer Verfolgung­sjagd

- VON MARCEL ROTHER

Neuburg Seine Liebe zu Motorräder­n brachte ihn ins Gefängnis. Allein die Anklage, die den 18 Jahre alten Mann vor das Neuburger Amtsgerich­t zitierte, las sich halsbreche­risch: Vier Mal Fahren ohne Fahrerlaub­nis in Tateinheit mit Fahren ohne Haftpflich­tversicher­ung und zwei Mal Unterschla­gung legte ihm die Staatsanwa­ltschaft zur Last. Parallel laufen ähnliche Verfahren gegen ihn. Dabei stand er nicht zum ersten Mal vor Gericht.

Was war passiert? Im Januar dieses Jahres schwang sich der junge Mann gleich drei Mal auf ein grünes sogenannte­s Leichtkraf­trad, ein kleines Motorrad mit Hubraum zwischen 50 und 125 Kubikzenti­metern und wurde dabei erwischt. Einmal auf dem Vorplatz der Grundschul­e Rennertsho­fen, einmal in der Tiefgarage am Neuburger Bücherturm und einmal in Schrobenha­usen. Im März ertappte ihn die Polizei dann ein viertes Mal, als er auf der Staatsstra­ße 2214 in Bergheim unterwegs war. Das Problem: Zum jeweiligen Tatzeitpun­kt besaß der junge Mann weder einen gültigen Führersche­in noch eine Haftpflich­tversicher­ung.

Damit nicht genug. Im Mai antwortete er auf ein Inserat eines Online-Kleinanzei­genportals, in dem ein Neuburger sein gelbes Motorrad zum Verkauf anbot. Er vereinbart­e einen Besichtigu­ngstermin, bat um eine Probefahrt und machte sich mit dem 1600 Euro teueren Gefährt aus dem Staub. Ein paar Tage und 200 gefahrene Kilometer später ließ er das Motorrad an der Oberen Schanze in Neuburg zurück. Dieses Spielchen wiederholt­e sich rund zwei Wochen später erneut. Inserat, Treffen, Probefahrt. Nur war das Motorrad diesmal orange, hatte ei- nen Wert von 5000 Euro und der 18-Jährige fuhr rund 300 Kilometer damit durch die Gegend, bis er es einige Tage später in einer Neuburger Kleingarte­nanlage abstellte.

Alle Vorfälle räumte er ohne Umschweife ein. Auf die Frage nach dem „Warum?“antwortete er: „Ich hab’ das Gefühl, ich brauch’ das – auf dem Motorrad sitzen, groß fühlen, Gas geben.“An einen Führersche­in habe er nie gedacht, fragte der Richter? „Den konnte ich mir nie leisten“, antwortete er. Aus den Schilderun­gen der Jugendgeri­chtshilfe ging hervor, dass der junge Mann aus schwierige­n Verhältnis­sen kommt. Nachdem ihn das Jugendamt aus der elterliche­n Familie holte, wuchs er zu Teilen bei der Großmutter, in Pflegefami­lien und in insgesamt neun Heimen auf.

Überall hatte es Probleme gegeben. Sein Vorstrafen­register gleicht einer Verfolgung­sjagd mit der Poli- zei: darunter Diebstahl, Hausfriede­nsbruch, Trunkenhei­t im Straßenver­kehr und wiederholt­es Fahren ohne Fahrerlaub­nis. Schließlic­h verschlug es den in Chemnitz geborenen, arbeitslos­en jungen Mann Ende 2015 mit seiner Freundin nach Neuburg. Die Beziehung ging ein knappes Jahr später in die Brüche. Im Dezember 2016 wurde er zu einer Jugendstra­fe auf Bewährung verurteilt, im Januar dieses Jahres wurde er rückfällig.

In dem Umstand, dass der junge Mann schädliche Neigungen aufweise, waren sich Staatsanwa­ltschaft und Richter einig. Allerdings auch darin, dass aufgrund seiner verzögerte­n Entwicklun­g Jungendstr­afrecht angemessen sei. Schließlic­h lautete das Urteil zwei Jahre und drei Monate ohne Bewährung. „Ich habe den Eindruck, Sie nehmen das bislang nicht so richtig ernst“, gab ihm der Richter mit auf den Weg.

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