Mit Vollgas ins Gefängnis
Ein junger Mann aus Neuburg kann seine Finger nicht von Motorrädern lassen. Dabei hat er nicht einmal einen Führerschein. Sein Vorstrafenregister gleicht einer Verfolgungsjagd
Neuburg Seine Liebe zu Motorrädern brachte ihn ins Gefängnis. Allein die Anklage, die den 18 Jahre alten Mann vor das Neuburger Amtsgericht zitierte, las sich halsbrecherisch: Vier Mal Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Fahren ohne Haftpflichtversicherung und zwei Mal Unterschlagung legte ihm die Staatsanwaltschaft zur Last. Parallel laufen ähnliche Verfahren gegen ihn. Dabei stand er nicht zum ersten Mal vor Gericht.
Was war passiert? Im Januar dieses Jahres schwang sich der junge Mann gleich drei Mal auf ein grünes sogenanntes Leichtkraftrad, ein kleines Motorrad mit Hubraum zwischen 50 und 125 Kubikzentimetern und wurde dabei erwischt. Einmal auf dem Vorplatz der Grundschule Rennertshofen, einmal in der Tiefgarage am Neuburger Bücherturm und einmal in Schrobenhausen. Im März ertappte ihn die Polizei dann ein viertes Mal, als er auf der Staatsstraße 2214 in Bergheim unterwegs war. Das Problem: Zum jeweiligen Tatzeitpunkt besaß der junge Mann weder einen gültigen Führerschein noch eine Haftpflichtversicherung.
Damit nicht genug. Im Mai antwortete er auf ein Inserat eines Online-Kleinanzeigenportals, in dem ein Neuburger sein gelbes Motorrad zum Verkauf anbot. Er vereinbarte einen Besichtigungstermin, bat um eine Probefahrt und machte sich mit dem 1600 Euro teueren Gefährt aus dem Staub. Ein paar Tage und 200 gefahrene Kilometer später ließ er das Motorrad an der Oberen Schanze in Neuburg zurück. Dieses Spielchen wiederholte sich rund zwei Wochen später erneut. Inserat, Treffen, Probefahrt. Nur war das Motorrad diesmal orange, hatte ei- nen Wert von 5000 Euro und der 18-Jährige fuhr rund 300 Kilometer damit durch die Gegend, bis er es einige Tage später in einer Neuburger Kleingartenanlage abstellte.
Alle Vorfälle räumte er ohne Umschweife ein. Auf die Frage nach dem „Warum?“antwortete er: „Ich hab’ das Gefühl, ich brauch’ das – auf dem Motorrad sitzen, groß fühlen, Gas geben.“An einen Führerschein habe er nie gedacht, fragte der Richter? „Den konnte ich mir nie leisten“, antwortete er. Aus den Schilderungen der Jugendgerichtshilfe ging hervor, dass der junge Mann aus schwierigen Verhältnissen kommt. Nachdem ihn das Jugendamt aus der elterlichen Familie holte, wuchs er zu Teilen bei der Großmutter, in Pflegefamilien und in insgesamt neun Heimen auf.
Überall hatte es Probleme gegeben. Sein Vorstrafenregister gleicht einer Verfolgungsjagd mit der Poli- zei: darunter Diebstahl, Hausfriedensbruch, Trunkenheit im Straßenverkehr und wiederholtes Fahren ohne Fahrerlaubnis. Schließlich verschlug es den in Chemnitz geborenen, arbeitslosen jungen Mann Ende 2015 mit seiner Freundin nach Neuburg. Die Beziehung ging ein knappes Jahr später in die Brüche. Im Dezember 2016 wurde er zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt, im Januar dieses Jahres wurde er rückfällig.
In dem Umstand, dass der junge Mann schädliche Neigungen aufweise, waren sich Staatsanwaltschaft und Richter einig. Allerdings auch darin, dass aufgrund seiner verzögerten Entwicklung Jungendstrafrecht angemessen sei. Schließlich lautete das Urteil zwei Jahre und drei Monate ohne Bewährung. „Ich habe den Eindruck, Sie nehmen das bislang nicht so richtig ernst“, gab ihm der Richter mit auf den Weg.