Zum Nachdenken – weit über den Abend hinaus
„Requiem für einen Spion“beeindruckt, entsetzt und belustigt das Publikum im Stadttheater
Neuburg Einen unvergesslichen, überaus bemerkenswerten Abend erlebten die Besucher des Schauspiels „Requiem für einen Spion“. Die sehenswerte Koproduktion des Euro-Studios Landgrafs und des Théàtres de la Ville de Luxembourg beeindruckte, entsetzte und belustigte die Gäste des Neuburger Stadttheaters wohl gleichermaßen. Auf jeden Fall lieferte sie Stoff zum Nachdenken, der sicher weit über den Abend hinaus reichte.
Unter der Regie von Johannes Zametzer entfaltete die schwarze Komödie von George Tabori eine beinah berauschende Komik, die doch die Verzweiflung ihrer Figuren nicht verdeckte. Steve Karier als ehemaliger englischer Führungsoffizier Brian Murdoch, Luc Feit als Jude Heinrich Zucker und Josiane Pfeiffer als deren einstige Geliebte Maggie nähern sich der gemeinsamen Vergangenheit als Geheimdienstagenten im II. Weltkrieg auf recht eigenwillige Weise. Dabei überzeugen die drei Schauspieler mit ihrer hohen Präsenz und präzisen Ausdruckskraft. Skurrilität, Situationskomik, Humor und Verzweiflung werden überaus deutlich.
Treffpunkt der drei gealterten Agenten ist eine Londoner Tiefgarage, die einst als Nazi-Bekämpfungs-Zentrale diente. (Der sehenswerte rote Oldtimer konnte übrigens nur mittels eines Krans in den Innenhof und von dort auf die Bühne des Stadttheaters befördert werden.) Hier reiht sich Slapstick, Groteske und bitterste Wahrheit in schneller Folge aneinander. Das Lachen gefriert ob der geschilderten Foltermethoden. Das Grauen wird jedoch schnell wieder von neuer Ko- mik vertrieben, u.a. mithilfe von ironischen Aussagen, wie „Ich war immer monogam, wenn auch mit verschiedenen Damen.“Zahlreiche Fragen werden dabei aufgeworfen, ja greifbar: Was ist Wahrheit? Wo hört der Mensch auf Mensch zu sein? Was ist Liebe? Wie wichtig ist sexuelle Orientierung? Wovon träumt man? Wer ist ein Verräter? Was kommt danach? Wie will man sterben? Wer lügt hier eigentlich? Und warum?
Die Antworten liegen beim Zuschauer, sie lässt der unnachahmliche Autor George Tabori in seinem „Requiem für einen Spion“offen. Grauen, Menschlichkeit, Verzweiflung und Humor bleiben sich so ganz, ganz nah. Ein Abgesang, ein Requiem auf das echte Leben. Großes Theater und schrecklich schöne Realität!