Als Kostümierung reichen zwei Mäntel
Luise Kinseher braucht nicht viel auf der Bühne im Stadttheater, um ihr Publikum zu fesseln. Komisch und mitreißend ist dabei nicht alles. Schließlich heißt es „Ruhe bewahren!“
Neuburg Nach den Bühnenfiguren der Luise Kinseher kann man wahrhaft süchtig werden. Egal ob sie ein Alter Ego ihrer selbst mimt, in die Rolle der ewig angesäuselten Mary von Bavary schlüpft oder sich in die betagte Helga Frese verwandelt, immer gelingt es der bayerischen Kabarettistin und Schauspielerin höchst glaubwürdig und wirklichkeitsgetreu aufzutreten. Die Geschwindigkeit, mit denen Luise Kinseher ihre drei unterschiedlichen Figuren spielt, fasziniert und verdient einen extra Applaus. Als Kostümierung reichen zwei Mäntel.
Eine Vorstellung lang können die Zuschauer des Neuburger Stadttheaters die Welt mit ganz anderen Augen betrachten. Dabei sind beileibe nicht alle Sequenzen des Abends komisch oder mitreißend. Da wird’s auch schon mal recht „zach“– schließlich muss man beim Warten ja „Ruhe bewahren!“, wie Kinseher schmunzelnd bemerkt. Das wiederum schafft Raum für vielerlei Überlegungen über das Leben im Allgemeinen und Speziellen. Die können dann aber – zur Freude des Publikums – recht lustig ausfallen.
Da wartet die naive Luise stundenlang auf den Anruf des Mannes, den sie im Fahrstuhl getroffen hat und der der Mann des Lebens sein könnte. Nebenbei lässt sie sämtliche Verflossenen Revue passieren, regt sich über Münchner Immobilienpreise auf und über bayerische Politik. Als ewig beschwipste Mary, die ihrem Toni nachtrauert, weiß sie später, dass es Dinge gibt, die ein „einziges Ministerium“(kein Tippfehler) sind und kann deshalb auch dem Publikum die Quantenphysik erklären: „Der Betrachter is(s)t, was er sieht; die Welt ist so, wie ihr sie seht.“
In einer anderen Welt könnte Merkel Friseuse sein und Trump ihr bester Kunde, Seehofer Busfahrer, Spaenle Denkmalschützer und Söder Kindergärtner – jeder würde eben das machen, was er am besten kann. Im Hier und Jetzt bestünde allerdings die Möglichkeit, dass Anton Hofreiter Verkehrsminister wird – welche Vorstellung.
Wenn man Helga Frese heißt, nimmt man das Leben glücklicherweise wie es kommt, längst hat man gelernt, Ruhe zu bewahren. Schließlich war die mehr als 50-jährige Ehe mit Heinz alles andere als einfach. Doch der ist jetzt schon recht vergesslich und so kann man endlich unwidersprochen tun, was man möchte. Gut, dass man „Ruhe bewahren!“gelernt hat. Bis zum nächsten Mal!