Neuburger Rundschau

Wenn die Gier den Verstand vernebelt

Die Laienspiel­gruppe der Freiwillig­en Feuerwehr bietet mit den Stücken „Beim Muschelwir­t“und „Da Roagaspitz“einen heiteren Abend. In Letzterem geht es ums Erben – und die scheinheil­ige Verwandtsc­haft, die plötzlich Interesse an einem alten Hut hat

- VON MICHAEL GEYER

Stepperg Einen heiteren Theaterabe­nd präsentier­te die Laienspiel­gruppe der Freiwillig­en Feuerwehr Stepperg ihrem jungen und junggeblie­benem Publikum. Der Pfarrstade­l war bei den vier Aufführung­en am Wochenende voll besetzt. Unter der Regie von Karina Rehm und Manfred Tanzer gab es heuer gleich zwei sehenswert­e Stücke: „Beim Muschlerwi­rt“hieß eine lockere Folge von gespielten Witzen und Szenen aus dem Landleben, die von den zwölf Nachwuchsa­kteuren mit Pep und selbstbewu­sstem Auftreten dargeboten wurden. Hier reifen einige hochmotivi­erte und hoffnungsv­olle Nachwuchst­alente heran – die Stepperger Bühne muss sich also keine Zukunftsso­rgen machen.

Nach dieser perfekten Einstimmun­g gaben die neun Akteure mit Peter Landstorfe­rs Komödie „Da Roagaspitz“einen tiefen Blick in die Abgründe menschlich­er Seelen. Scheinheil­ig betrauern die drei Vettern, der hinterhält­ige Korbinian (Bernhard Wittmann), der Möchtegern-Großbauer Mattheis (Hans Muschler) und der Pantoffelh­eld Dionys (Bernhard Sauer) sowie dessen beißzangen­artige Ehefrau Walburga (Monika Heinzlmeir) den Tod ihres Onkel, des reichen Mühllechne­rs. Für den Verstorben­en hatten sie lebtags nicht viel übrig, nicht mal für einen Besuch hatte es in den letzten Jahren gereicht. Allein der arme Knecht Florian Sachler (Markus Sauer) hatte sich um den alten Großbauern gekümmert, wird jetzt aber wie ein besserer Laufbursch­e von den Vieren behandelt. Doch es kommt noch schlimmer: Bei der Testaments­eröffnung durch den (Dieter Heckl), die geschickt und eindrucksv­oll als Schattenth­eater inszeniert wurde, geht der Florian fast leer aus: Nur den alten Roagaspitz des Verstorben­en – einen Hut mit einer Reiherfede­r – bekommt er, dazu noch den Spott der vier anderen, von denen sich Korbinian über den Wald, Mattheis über die Felder und Dionys und WalburNota­r ga über die Mühle freuen können. So rasch wie der Schattensp­ielvorhang fällt, so schnell offenbaren sich die schlechten Absichten und der miese Charakter der drei Erben, als sie unter der Krempe des alten Huts, der keinem von den drei Vettern so richtig passen will, einen Brief des Verstorben­en an Florian herauszieh­en. „Glück, Ansehen und Reichtum ein ganzes Leben lang“verspricht der Erblasser dem Besitzer des Roagaspitz und somit seinem armen Knecht. Mattheis Rucherer – nomen est omen! – kann es gar nicht fassen: „Reichtum ist zweimal unterstric­hen“, liest er und wie bei ihm, so schürt diese Botschaft auch bei den anderen den Neid und die Gier nach dem Hut. Während Florians Frau Traudl (Natascha Gieß) mit dem ungerechte­n Testament noch hadert und der etwas einfältige Freund und Nachbar Florians, der Haserer, Brotzeit und Bier gleich selber zum Besuch bei Florian mitbringt, weil es bei dem hinten und vorn nicht reicht, eröffnen die drei Vettern und Walburga die Jagd nach dem Roagaspitz. Doch sie blitzen bei Traudl ab. Dem Korbinian stopft sie eine heiße Kartoffel in den gierigen Schlund, der Walburga schlägt sie mit einem toten Hasen ins Gesicht. Auch die anderen zwei Vettern haben kein Glück: Dionys bricht sich fast die Knochen, als er beim Einbruch ins Haus durchs Fenster fliegt und Mattheis kriegt beim Fensterln den Inhalt der Waschschüs­sel ins Gesicht. So muss es jeder schließlic­h persönlich bei Florian probieren. Doch der bleibt hart: „Erbteil gegen Erbteil“heißt seine Forderung und er befördert den Haserer zum „Roagaspitz­verwalter“. Der passt auf das kostbare Erbstückgu­t auf. Als Mattheis sich zu viel Mut beim Wirt Maximilian (Fabian Schnabel) angetrunke­n hatte und den Roagaspitz klauen will, tappt er in eine Mausefalle, die der Haserer für ihn in einem Hasenkäfig aufgestell­t hatte, in der zuvor der Hut war. Es kommt, wie es kommen muss. Weil sie sich mehr durch ihre maßlose Gier und weniger durch ihren Verstand leiten lassen, zwingt der schlaue Florian seinen Willen den drei Vettern fast bis zur Selbsterni­edrigung auf und schnappt sich ein Erbteil nach dem anderen. Nicht nur er, sondern auch die Zuschauer amüsieren sich köstlich. „Ich hab’ tauscht“, streiten sich die Geprellten am Ende und es fällt ihnen wie Schuppen von den Augen, dass sie alle Drei dem Florian auf den Leim gegangen sind. So erfüllt sich die Botschaft in dem Brief und jeder muss erkennen, mit welch großer Menschenke­nntnis der Mühllechne­r sein Testament verfasst hatte.

Langanhalt­ender Applaus belohnte die Akteure für ihr beeindruck­endes Spiel, in dem sie dem hintersinn­igen Stück mit ungebremst­er Spielfreud­e wieder einmal mehr als gerecht geworden sind. Auch die Bühnentech­niker Thomas Gieß und Dieter Heckl haben mit einem schönen Bühnenbild und dem stilvollen Schattenth­eater einen großen Beitrag zum Erfolg geleistet.

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Foto: Michael Geyer Was ist ein Wunder? Der „Roagaspitz­verwalter“Haserer (Tobias Schnabel, rechts) und Korbinian (Bernhard Wittmann) wollen wissen, ob die Münze ins Glas fällt, wenn man das Tuch wegzieht.

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