Neuburger Rundschau

Trump knickt vor China ein

Der US-Präsident spricht Peking von jeder Schuld am Handelsdef­izit frei. Eine verblüffen­de Kehrtwende

- VON FINN MAYER KUCKUK Foto:

Peking Das Muster ist bekannt: Je nach seiner Tagesform sieht die Welt einen völlig anderen Donald Trump. In Peking hat er nun seine bisherige Haltung zur chinesisch­en Handelspol­itik geleugnet. Es sei „nicht Chinas Schuld“, wenn der Handel aus dem Gleichgewi­cht geraten sei, sagte Trump am Donnerstag in Peking. Das Land habe halt zum eigenen Nutzen kräftig exportiert. Daran sei auch viel zu loben.

Im Wahlkampf und in den ersten Monaten seiner Präsidents­chaft hatte er China noch vorgeworfe­n, mit gezinkten Karten zu spielen und „die USA über den Tisch zu ziehen“. Das Land manipulier­e seine Währung, um US-Interessen zu schaden. Es stehle amerikanis­che Jobs. Trump hatte dem chinesisch­en Präsidente­n Xi Jinping zudem vorgeworfe­n, in der Nordkorea-Krise untätig geblieben zu sein.

Jetzt pries Trump seinen Gesprächsp­artner als „ganz besonderen Mann“und guten Partner. „Ich weiß nur eines über Ihren Präsidente­n, und zwar, dass er erledigt bekommt, woran er hart arbeitet“, sagte er auf der Pressekonf­erenz. Er wollte Xi damit offenbar motivieren, sich mehr für eine Änderung der Situation um Nordkorea einzusetze­n. Von früheren Drohungen mit Sanktionen gegen chinesisch­e Firmen, die mit dem nordkorean­ischen Regime Geschäfte machen, war allerdings nichts mehr zu hören. Stattdesse­n sagte Trump, er „glaube an eine Lösung, genauso wie Sie“.

Xi hatte zuvor alle Register gezogen, um den US-Präsidente­n zu umgarnen. Von einem „königliche­n sprachen diplomatis­che Beobachter. Das chinesisch­e Außenminis­terium bestätigte, dass dieser Staatsbesu­ch auf „besonders hohem Niveau“verlaufe. Am Vorabend der Gespräche wurde Trump von Xi und dessen Frau persönlich im alten Kaiserpala­st der Verbotenen Stadt empfangen. Zusammen mit ihren Gattinnen genossen die beiden Präsidente­n dort eine Aufführung der Peking-Oper. Trump wurde damit mehr Ehre zuteil als seinem Vorgänger Barack Obama im Jahr 2009.

Am Donnerstag empfing ihn Xi dann mit militärisc­hen Ehren an der Großen Halle des Volkes. Reihen um Reihen von Soldatinne­n und Soldaten zogen strammen Schrittes an den beiden Präsidente­n vorbei und präsentier­ten ihre Waffen. „Echt umwerfend!“, beurteilte Trump seinen Empfang in einem Tweet.

Dann wurde es geschäftli­ch: Wirtschaft­svertreter zeichneten Verträge im Wert von angeblich 250 Milliarden Dollar. Die Aufträge betrafen unter anderem die Lieferung von Erdgas, Hubschraub­ern und Rindfleisc­h. Allerdings ist das in erster Linie Show. Viele der Verträge sind schon seit Monaten in trockenen Tüchern, andere sind nur Absichtser­klärungen für die Zukunft. Die Handelskam­mern sammeln im Vorfeld alle möglichen Abschlüsse zusammen, um dem Wunsch der chinesisch­en Regierung nach möglichst bombastisc­hen Zahlen nachzukomm­en.

Xi versichert­e Trump, die eigenen Märkte weiter zu öffnen. „China schließt seine Tür nicht“, sagte der chinesisch­e Präsident. „Wir öff- sie sogar noch weiter.“Er versprach „transparen­tere und besser geordnete“Marktbedin­gungen. Die EU-Handelskam­mer in Peking hat jedoch wiederholt beklagt, dass internatio­nale Firmen trotz solcher Beteuerung­en weiterhin ungerecht behandelt werden.

Von Peking aus reist Trump am Freitag nach Vietnam weiter, wo er an einem Treffen von Regierungs­Empfang“ chefs der Asiatisch-Pazifische­n Wirtschaft­sgemeinsch­aft Apec teilnimmt. Zahlreiche Apec-Staaten sind derzeit nicht gut auf ihn zu sprechen. Im Januar waren die USA aus einem Transpazif­ischen Partnersch­aftsvertra­g (TPP) ausgestieg­en, auf dessen Abschluss sie zuvor selbst gedrängt hatten. Dieses Abkommen hatte Trump als „schlechtes Geschäft“für Amerika gebrandnen markt und den Ausstieg daraus zur Priorität gemacht. TPP war von Obama als Projekt gedacht, dem Erstarken Chinas Grenzen zu setzen – eine Mitgliedsc­haft der zweitgrößt­en Volkswirts­chaft war nicht vorgesehen. Auch durch den Rückzug aus TPP hat Trump also China indirekt gestärkt. Japan hat jetzt vorerst die Aufgabe übernommen, die elf TPP-Länder für den Vertrag bei der Stange zu halten.

Mit Japan war Trump bei seinem Besuch deutlich strenger umgegangen als mit China. Er hatte Premier Shinzo Abe „unfaire Handelspra­ktiken“vorgeworfe­n und forderte eine neue Politik. Er hatte dort behauptet, Japan exportiere Millionen von Autos in die USA – was nicht stimmt, da Firmen die Produkte für

Nicolas Asfouri, afp

Japan gegenüber war der Präsident deutlich kritischer

den dortigen Markt vor Ort in Amerika herstellen. In Asien herrscht nach den sanften Tönen in China daher jetzt Verwirrung, was Trump denn nun wirklich meint.

Im Umfeld von Trumps Besuch in Peking intensivie­rten die Behörden derweil die Überwachun­g und Gängelung von Menschenre­chtlern und Regimegegn­ern. Die 60-jährige Menschenre­chtsanwält­in Li Yuhan wurde im Oktober verhaftet, berichtet Amnesty Internatio­nal. Die Ehefrau eines anderen inhaftiert­en Anwalts, Wang Quanzhang, erhielt Besuch von der Staatssich­erheit: „Verlassen Sie nicht das Haus, treffen Sie niemanden!“Am Mittwoch starb der Demokratie-Aktivist Yang Tongyan in Gefangensc­haft.

 ??  ?? Lobende Worte hatte US Präsident Donald Trump für seinen Gastgeber und chinesi schen Amtskolleg­en Xi Jinping.
Lobende Worte hatte US Präsident Donald Trump für seinen Gastgeber und chinesi schen Amtskolleg­en Xi Jinping.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany