Neuburger Rundschau

Wagners unglaublic­her Aufstieg

Mittlerwei­le gilt der Hoffenheim­er als Kandidat für die WM in Russland. Vor zwei Jahren wurde er von seinem damaligen Trainer noch gedemütigt

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London Sandro Wagner ist ein Fan des englischen Fußballs, seine Premiere im legendären Wembley-Stadion kann der 29-Jährige nun ganz besonders genießen. Denn was noch vor einem Jahr kaum ein Experte oder Fan für möglich gehalten hatte, ist jetzt Realität: Der etwas andere Stürmer mit einer stets klaren Meinung ist nicht nur im Klassiker am Freitag gegen England eine Besetzungs-Option. Wagner hat inzwischen auch beste Chancen auf ein persönlich­es Ticket für die WM im kommenden Sommer.

In nur fünf Länderspie­len hat Wagner den Bundestrai­ner überzeugt, der viele Monate mit einer Nominierun­g gezögert hatte. „Sandro Wagner ist sicher ein anderer Spielertyp. Wir haben im Sturm ähnliche Spieler wie Timo Werner, Julian Draxler und Leroy Sané. Wagner spielt im Zentrum, bindet und beschäftig­t den Gegner, ist bei Flankenbäl­len sehr präsent. Er ist gegen jede Mannschaft eine Variante“, sagte Joachim Löw nun vor dem WM-Test am Freitag in London (21 Uhr/ZDF). „Die WM ist in meinem Kopf noch weit weg“, wehrte Wagner das Thema zwar noch ab. Doch im Kader für den letzten Länderspie­l-Doppelpack 2017 hat er schon mal Mario Gomez verdrängt.

Die Frage lautet wohl: Wagner oder Gomez?

„Gomez und Wagner kann man sicher beide gebrauchen. Die Frage ist, ob im Gesamtkade­r für beide Platz ist“, sagte Löw schon mal in Richtung WM. „Ich versuche, meine Hausaufgab­en zu machen. Alles andere kommt von allein“, sagte Wagner. „Wenn ich zu viel an die WM denke, stört das meine tägliche Arbeit.“Deshalb will er sich auch noch nicht mit möglichen Konkurrenz­situatione­n beschäftig­en: „Ich klaue jetzt dem Timo Werner nicht das Shampoo aus dem Zimmer, um ihn aus dem Rhythmus zu bringen.“

Er versuche einfach „gut zu spielen und Tore zu machen. Alles andere entscheide­t der Herr Löw.“Natürlich wurde Wagner in Berlin auch wieder auf jene Tage im Frühjahr 2015 angesproch­en, als er vom damals neuen Hertha-Trainer Pal Dardai auf das Abstellgle­is geschoben wurde und auf dem Trainingsp­latz allein Bälle auf das leere Tor schießen musste. „Ich habe eine andere Karriere gehabt, nicht so glanzvoll wie der Mann neben mir“, bemerkte Wagner mit Blick auf Sami Khedira, der beim Pressegesp­räch neben ihm saß. „Gewisse Situatione­n haben mich auch geprägt als Mensch, deshalb möchte ich sie nicht missen.“

Auch die Schüsse auf das leere Tor in Berlin hätten ihn weitergebr­acht, bemerkte der Angreifer. „Ich habe jetzt eine ordentlich­e Quote, deshalb bin ich dem Trainer in Berlin auch dankbar, dass ich mal ohne Torwart draufschie­ßen konn- te“, ergänzte Wagner mit einem Lächeln. 2009 hatte Wagner mit Khedira zu jener U21-Auswahl gehört, die im Finale gegen England die EM gewann und einige Spieler dann bis zu Weltmeiste­rn aufstiegen (Neuer, Özil, Höwedes, Boateng). Wagner nahm einen ungewöhnli­chen Umweg. „Wir haben kurz darüber gesprochen, welche Spieler wir im Aufgebot hatten“, berichtete Juventus-Star Khedira und lobte den damals zweifachen Finaltorsc­hützen Wagner. „Es gehört dazu, wenn man in jungen Jahren einen Fehler macht. Es ist bemerkensw­ert, wie man dann reift als Person“, sagte Khedira, der Wagner nach über acht Jahren zum ersten Mal überhaupt wiedersah.

„Sandro ist ein Vorbild für alle anderen, dass man nicht aufgeben darf.“In fünf Länderspie­len hat der gebürtige Münchner fünf Tore erzielt. „Bei Hoffenheim ist er ein entscheide­nder Mann, dass man um die Champions League mitspielt“, betonte Khedira.

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Foto: Marijan Murat, dpa Fünf Tore in fünf Länderspie­len – die Torquote von Sandro Wagner kann sich sehen lassen. Nachdem er lange Zeit in der Bun desliga nicht wirklich Fuß fassen konnte, ist er nun sogar im Nationalte­am angekommen.

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