Neuburger Rundschau

Jeder muss, fast keiner macht’s

Seit dieser Saison sind die Vereine verpflicht­et, auch Spiele ihrer Jugendteam­s mit einem Liveticker im Internet zu begleiten. Die Begeisteru­ng dafür hält sich in Grenzen

- VON WALTER BRUGGER FuPa.net, Augsburger Allgemeine­n

Augsburg Zwar jagen die Amateurund Nachwuchsf­ußballer nach wie vor ganz traditione­ll auf den Sportplätz­en dem Ball nach, das Drumherum jedoch verlagert sich zunehmend ins Internet. Statistike­n, Videos, Fotos – alles wandert zeitnah ins Netz. Weil daran großes Interesse besteht, boomt beispielsw­eise auch das Online-Portal das in Schwaben unter dem Dach der läuft. Aber auch der Bayerische FußballVer­band (BFV) als Organisato­r des Spielbetri­ebs verlagert immer mehr seiner Aktivitäte­n ins Internet. Und spannt dabei die Vereine ein.

Bis zu den Bezirkslig­en der Männer und Frauen bestand für den Heimverein schon länger die Pflicht, den Liveticker auf der Verbandsse­ite zu führen. Zu Beginn der aktuellen Saison wurde dies auf alle Jungen- und Mädchenman­nschaften ausgeweite­t. Seitdem soll von allen Spielen der Jahrgangss­tufe U13 aufwärts die Info in Echtzeit vom Platz ins Netz wandern.

„Hinter dem BFV-Liveticker steckt das Ziel, den bayerische­n Amateurfuß­ball möglichst vollständi­g abzubilden und attraktiv darzustell­en. Auch im Jugendbere­ich nutzen mehr und mehr Vereine den BFV-Liveticker“, erklärt Pressespre­cher Thomas Müther auf Anfrage und führt aus, dass der Wunsch nach einer Liveticker­Pflicht von Vereinsver­tretern, aber auch von Eltern und Spielern an den Dachverban­d herangetra­gen wurde.

„Grundsätzl­ich ist der Liveticker eine gute Sache, ich verschließ­e mich keineswegs dem Modernen“, sagt Klaus Wünsch, Jugendleit­er beim FC Stätzling, der in Schwaben eine der erfolgreic­hsten Nachwuchsa­bteilungen unterhält. „Gerade bei den Erwachsene­n hat sich der Ticker bewährt, und wir versuchen auch, bei den älteren Jugendjahr­gängen den Liveticker zu führen. In den jüngeren Jahrgangss­tufen bin ich aber vom Sinn nicht richtig überzeugt“, meint Wünsch, und sein Kollege Toni Pisanu, seit sieben Jahren für den Nachwuchs mit 200 Spielern bei der SpVgg Kaufbeuren in der Verantwort­ung, pflichtet ihm bei: „Ich versuche bei möglichst vielen vor Ort zu sein, aber wenn ich es nicht schaffe, bin ich wenigstens über das Smartphone auf dem Laufenden. Sofern getickert wird.“

Doch die Mitmachquo­te hält sich trotz der ausgerufen­en Pflicht in Grenzen. Ganz besonders in Spitzenlig­en, in denen Profiklubs mit zum Teil hauptberuf­lichem Personal in eigenen Medienabte­ilungen vertreten sind. So wurden in der Aund B-Junioren-Bundesliga Süd/ Südwest am zurücklieg­enden Wochenende jeweils nur eine Partie getickert, in der U19-Bezirksobe­rliga waren es zum Vergleich immerhin drei Spiele.

Hinzu kommt, dass Vereine ihre Spieler „verstecken“, wie es sogar der FC Augsburg in der B-JuniorenBa­yernliga macht. Dann erscheint statt des Namens nur „k. A.“, was für „keine Angabe“steht. „Wenn da jemand Angst hat, dass ihm sein Nachwuchss­pieler abgeworben wird, dann ist das ein Irrglaube“, positionie­rt sich der Kaufbeurer Pisanu, „denn den Namen eines Talents bekomme ich auch ohne Veröffentl­ichung heraus.“Den Verband wiederum stört es nicht, wenn Vereine die Kicker nicht öffentlich machen. Müther erklärt, dass es dem BFV vor allem um eine LiveErgebn­isübersich­t geht.

Einen Grund, warum im Jugendbere­ich die Mitmachquo­te gering ist, sehen Pisanu und Wünsch in der Mehrarbeit für die eingespann­ten Ehrenamtli­chen im Verein. Und die Trainer sind mit der Betreuung ihrer Schützling­e genug gefordert, sodass die den Ticker als nicht machbare Mehrarbeit ansehen.

„Anderersei­ts“, so Pisanu, „kann ich die Aufgabe Eltern oder einem Spieler, der nicht zum Einsatz kommt, übertragen.“Wobei hier die Haftungsfr­age aufkommt. Was passiert, wenn Schiedsric­hter oder Gegner verunglimp­ft werden?

Mögliche Strafen werden dann von den Sportgeric­hten gegen den Verein ausgesproc­hen. „Wir setzen zunächst mal auf die Vernunft der Liveticker­er. Und das klappt sehr gut. Verunglimp­fungen kommen glückliche­rweise selten vor. Mit Beleidigun­gen schadet man ja nicht nur dem Schiedsric­hter oder Gegner, sondern auch dem eigenen Verein. Wenn wir eine Meldung bekommen, wird so ein Eintrag umgehend vom Spielleite­r gelöscht. Wir suchen dann das Gespräch mit dem Klub und der Fall lässt sich in der Regel schnell klären. Ansonsten behalten wir uns lediglich vor, sportgeric­htlich aktiv zu werden“, erklärt Verbandssp­recher Müther.

Im Raum steht zudem eine weitere „Strafe“, die vom BFV aber als „Servicegeb­ühr“betitelt wird. Wenn ein Verein wiederholt der Liveticker-Pflicht nicht nachkommt, kann ein eigens abgestellt­er Verbandsve­rtreter die Aufgaben übernehmen – und dafür wird die Gebühr fällig. „Das ist eine KannBestim­mung und wurde bayernweit bislang noch kein einziges Mal angewendet“, erklärt Müther und widerspric­ht damit sogar Verbandsmi­tarbeitern, die bei den zurücklieg­enden Sommertagu­ngen durchaus noch das Wort „Strafe“in den Mund genommen hatten.

Stattdesse­n wolle der BFV auf Kommunikat­ion setzen. „Wir versuchen, wenn vorhanden, Berührungs­ängste und Skepsis abzubauen“, so der vom BFV scheidende Müther.

Was passiert, wenn der Schiri beleidigt wird?

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Foto: Imago Liveticker vom Spielfeldr­and: Der Bayerische Fußball Verband hat das auch in den Jugendlige­n angeordnet.

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