Neuburger Rundschau

Angenehm, BRD GmbH

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„A lso eines muss man den Reichsbürg­ern lassen: Mein Leben ist spannender geworden.“Auf dem Grantlerst­ein steht eine Frau im Hosenanzug und streng geknotetem Pferdeschw­anz. Klischeebe­amtin? Klischeebe­amtin. „Vor dem abscheulic­hen Mord in Franken hatte ich Aggression­en und Lachanfäll­e, wenn mich einer besucht hat. Man muss sich das mal vorstellen: Reichsdeut­sche, Bundesbaye­rn und – festhalten! – Germaniten. Früher wusste ich nicht, was ich zu Partyunter­haltungen beitragen kann – mit dem Thema war ich plötzlich Alleinunte­rhalterin.“

Ein unsichtbar­es Weinglas in der Hand stößt sie mit der Luft an. „Na, wie war dein Tag so? – Einkaufen, Kinder abholen, joggen. Und deiner? – Ich hatte heute Besuch aus dem Bundesstaa­t Bayern. Eigentlich sollte der Mann nur ein Knöllchen fürs Falschpark­en zahlen. 20 Euro. Den Überweisun­gsschein zerriss er vor meinen Augen, erklärte mir, dass ich Angestellt­e eines Unternehme­ns sei, dass sich für einen Staat ausgibt und er – als Erleuchtet­er – uns alle enttarnt hätte und niemand ihm zu sagen habe, was er zu tun und zu lassen hat. Denn er hat den echten Staatsvert­rag entdeckt. Dann folgt ein Feuerwerk aus Paragrafen.“

Sie holt Luft. „Als er kurz stoppt, sage ich, dass er recht hat. Unsere Firma BRD GmbH hat sich darauf spezialisi­ert, Knöllchen zu kassieren. Oder was denkt er, woher unser gigantisch­er Umsatz kommt? Exportwelt­meister? Steuern? Quatsch! Wir machen Kohle mit Politessen und Blitzern. Also: Geld raus! Die 20 Euro brauchen wir dringend für unsere Unterhaltu­ngszentral­e Berlin und zur Wiederbele­bung unseres Ein-Parteien-Systems in Bayern.“Sie nickt, als wär sie ein Feldherr, der gerade Gallien erobert hat.

„So war es bis zu jenem Tag. Bis wir gemerkt haben, dass ein Hirngespin­st Leben kosten kann. Der Spaß ist vorbei. Bundesbaye­rn und Germaniten landen bei der Kripo und ich muss hoffen, dass ungefährli­che Spinner vor mir stehen. Eins hat jedenfalls keiner von ihnen verstanden: Auch wenn wir unterschie­dliche Auffassung­en haben, irgendwie müssen wir es zusammen aushalten.“

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