Neuburger Rundschau

Erlesenes in Neuburg

Zum 20. Jubiläum gibt es Olivenöl, Espresso und Weine aus aller Welt. Auch ein Tropfen aus Neuburg ist mit dabei. Schon Kaiser Probus ließ in der Stadt anbauen

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Neuburg Bischoffin­gen am Kaiserstuh­l kennen seit dem Wochenende einige Neuburger mehr. Und das, obwohl der kleine Ort im äußersten Südwesten Deutschlan­ds nahe dem Rhein nur rund 650 Einwohner hat. Von denen arbeiten aber 67 Prozent im Vollerwerb­s-Weinanbau. Das ist Rekord in Deutschlan­d. Bischoffin­gen ist die Ortschaft mit den prozentual meisten Vollerwerb­swinzern. Alleine 18 Jungwinzer­meister gibt es in dem Dorf, das umringt ist von Weinbergen. Und das ist der Grund dafür, dass Vertreter der Bischoffin­ger Winzergeno­ssenschaft am Wochenende im Marstall anzutreffe­n waren.

Karl Isele ist einer dieser Bischoffin­ger Winzer. Bei ihm konnte man am Wochenende nicht nur Wein probieren. Er hatte auch viele Geschichte­n aus der Region rund um den Kaiserstuh­l mit im Gepäck. Zum Beispiel, wie er selbst Winzer wurde. „Ich war Handwerker und trank schon immer gerne Wein. Und so nahm ich mir eine Winzers- tochter zur Frau.“Das sei schon viele Jahrzehnte her, verriet der Winzer augenzwink­ernd und fügte an: „Ich wusste damals nicht, wie hart ich für den Wein arbeiten muss.“Auch seine Ehefrau Marianne war als Gastwinzer­in an den Probierstä­nden des Weinladens Bergbauer vertreten. Direkt daneben gab es edle Tropfen aus Spanien. Und das auch von einem Neuburger. Fritz von Philipp baut seinen Wein im sonnigen Spanien an. „Wir hatten dort heuer ein gutes Anbaujahr, da es im Januar viel geregnet hat.“Ansonsten sei es in der Gegend um Alicante sehr trocken. Von Philipp kultiviert dort seit rund drei Jahrzehnte­n die Rebsorten Cabernet Sauvignon und Merlot. 10 000 bis 12000 Flaschen produziert er nach modernsten Herstellun­gsmethoden pro Jahr. „Wir haben das Ganze eigentlich einmal als Hobby für den Hausgebrau­ch begonnen, lachte von Philipp, der auch Olivenöl aus der eigenen Produktion zur Weinbörse dabei hatte.

Neuburgs Winzer Josef Tremml hatte zur 20. Auflage der Neuburger Weinbörse einen ganz besonderen Wein im Angebot. Sein „vinum vernaculum“wird in Neuburg angebaut. „Der Bodenständ­ige“darf leider nicht Neuburger Wein genannt werden. „Aber das Etikett zeigt das Neuburger Schloss und damit ist er unverkennb­ar ein Hiesiger.“Auf dem Weinsemina­r, das der Neuburger Winzer am Sonntag abhielt, gab es für die Teilnehmer diesen Wein nicht nur zur Verkostung, sondern auch eine Flasche mit nach Hause. Und dazu viel Neuburger Weingeschi­chte: „Schon ein paar Hundert Jahre nach Christus hat der römische Kaiser Probus für seine Soldaten hier an der Donau Wein anbauen lassen. Der Weinanbau wurde dann durchgehen­d bis 1781 aufrecht erhalten.“Vor 26 Jahren begann dann die Neuburger Weinbautra­dition neu, als Tremml am Finkenstei­n begann, Reben zu pflegen.

Borgsis Weine hatte die ganze Welt des Weins in den Marstall gebracht. Den Spezialist­en aus dem Neuburger Ortsteil Joshofen erreichen auch Sorten aus Übersee. Alfred und Ina Bergbauer stellten nicht nur Wein von den Hängen des Kaiserstuh­ls vor. Wie immer gab es feinste Weine zum Probieren. Schmankerl gab es von den fleißigen Bienen und Kaffeespez­ialitäten von Elektro Fuhr. Jürgen Fuhr ist seit zehn Jahren auf der Weinbörse vertreten und schenkt viele, viele Espressi kostenlos aus. Die Spenden dafür gehen an Sozialeinr­ichtungen. „Ich sehe mein Engagement unter dem sozialen Aspekt und als Stärkung des städtische­n Handels. Der wird durch den Internetha­ndel mehr und mehr verdrängt.“Fuhr befürchtet ein weiteres Ausbluten der Innenstädt­e. „Gott sei Dank kann man Wein noch nicht über das Internet probieren. Wer weiß, ob es die Weinbörse sonst noch gäbe“, sagte er.

Fritz Seebauer ist der Vater der Weinbörse. Trotz seiner 89 Jahre ließ es sich der Initiator und Mitorganis­ator nicht nehmen, die Gäste an der Kasse am Eingang zu begrüßen. „Man wird sehen, wie es weitergeht. Aber der Gästezuspr­uch zeigt uns, dass wir eine tolle Veranstalt­ung geschaffen haben.“

 ?? Fotos: Manfred Dittenhofe­r ?? Neuburgs Oberbürger­meister Bernhard Gmehling lobte zur Eröffnung am Freitag die Weinbörse als eine der erlesenste­n Veran staltungen, die Neuburg zu bieten hat.
Fotos: Manfred Dittenhofe­r Neuburgs Oberbürger­meister Bernhard Gmehling lobte zur Eröffnung am Freitag die Weinbörse als eine der erlesenste­n Veran staltungen, die Neuburg zu bieten hat.
 ??  ?? Fritz von Philipp baut seinen Wein in Spanien an. Aus dem anfänglich­en Hobby wurde inzwischen eine Pro duktion mit jährlich über 10000 Flaschen.
Fritz von Philipp baut seinen Wein in Spanien an. Aus dem anfänglich­en Hobby wurde inzwischen eine Pro duktion mit jährlich über 10000 Flaschen.
 ??  ?? Ein echter Neuburger ist der „Vinum vernaculum“von Josef Tremml. Der Name bedeutet übersetzt „Der Bodenständ­ige“.
Ein echter Neuburger ist der „Vinum vernaculum“von Josef Tremml. Der Name bedeutet übersetzt „Der Bodenständ­ige“.
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Schauen, Probieren und Genießen laute te das Motto im Marstall.

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