Eine Entscheidung muss her
Jedem kann man es nicht recht machen, erst recht nicht bei Großprojekten. Ein beliebtes Mittel der Politik sind daher Bürgerbeteiligungen, sie sollen Transparenz und Dialogbereitschaft versprechen, Bürger zu Wort kommen lassen, sie „mitnehmen“, und so weiter. Das Ideal ist, gemeinsam mit der Bürgerschaft Lösungen zu erarbeiten. Neben dem tatsächlichen Ansinnen, Bürgerwünsche aufzunehmen, dient die Beteiligungsmaßnahme den Politikern auch der Eigenabsicherung, gleichwohl kann sie zur Verhinderung oder Durchsetzung eines Projekts instrumentalisiert werden.
Tatsache ist, die Stadt hat sich vor geraumer Zeit zu einem Realisierungswettbewerb „Untere Altstadt“entschlossen. Zwischenzeitlich wurde der Siegerentwurf des Büros Pesch Partner im Sinne der Autofahrer überarbeitet, der Platz wurde überfahrbar gemacht, einige zusätzliche Parkplätze sind entstanden. Das ist ein Signal des Entgegenkommens an alle, die zu Recht mehr Parkplätze fordern. Der grundsätzliche Mangel an Stellflächen in der Stadt wird dadurch jedoch nicht behoben. Auch nicht durch eine erneute Überplanung des Quartiers. Abhilfe würden einzig große Lösungen schaffen: Parkhäuser, Tiefgaragen, Freiflächen.
Große Lösungen darf es jedoch nicht nur für den motorisierten Individualverkehr geben, sondern auch für den öffentlichen Raum. Architektur schafft Lebensqualität, verändert Stadträume und kann Menschen und Quartiere aufblühen lassen. Zugegeben, es muss nicht immer der große Wurf sein. Das beweist die Weingasse mit ihrem ebenerdigen Pflaster oder der Oswaldplatz, der erheblich an Aufenthaltsqualität gewonnen hat, obwohl er zusätzlich Parkraum bietet. Oft kann mit kleinen Maßnahmen viel erreicht werden.
Für die in den vergangenen Jahren stiefmütterlich behandelte Untere Altstadt im Bereich der Schießhausstraße sind jedoch geschätzte Kosten von drei Millionen Euro alles andere als Wucher. Ein Quartier, dessen Anwohner es selbst als „Glasscherbenviertel“bezeichnen, zeigt, wie dringend Handlungsbedarf besteht. Am Ende wird sicher nicht jeder Anwohner „mitgenommen“werden können. Letzten Endes geht es in der Politik aber auch darum, noch so nachvollziehbare Einzelinteressen mit denen des Gemeinwohls abzuwiegen.
Es ist eine unbequeme Wahrheit, aber würde die Politik immer nur auf die direkt betroffenen Bürger und ihre Einwände hören – dann gäbe es überhaupt keine Großprojekte. Auch keine zweite Donaubrücke für mindestens 60 Millionen Euro.