Neuburger Rundschau

Was bringen Neuwahlen für die AfD?

Platzen von Jamaika hat für die Partei auch Schattense­iten

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Berlin Im Nieselrege­n laufen zwei AfD-Mitglieder vom Hauptbahnh­of zu dem Bundestags-Gebäude, in dem die Fraktion der Rechtspopu­listen zur Zeit ihren provisoris­chen Sitzungssa­al hat. „Neuwahlen, das wäre doch gut für uns“, sagt der eine. „Aber stell Dir vor, noch mal der ganze Wahlkampf-Stress“, gibt sein Parteikoll­ege zu bedenken. Die Linie der Fraktion lautet zwar: Wir würden uns freuen, falls es Neuwahlen geben sollte. Doch letztlich ist die Partei in der Frage, was das Scheitern der Jamaika-Sondierung­en für die AfD bedeutet, gespalten.

André Poggenburg, AfD-Landeschef in Sachsen-Anhalt, glaubt zwar, „dass für uns bei Neuwahlen schon ein bis drei Prozent mehr drin wären als bei der Wahl im September“. Damals hatte die Partei mit Alexander Gauland und Alice Weidel an der Spitze bundesweit 12,6 Prozent geholt. Der Thüringer AfD-Rechtsauße­n Björn Höcke sieht im Scheitern der Sondierung­en von CDU, CSU, FDP und Grünen sogar eine „Riesenchan­ce“. Seine Parteikoll­egen ermahnt er, „weiterhin maximalen Abstand“zu den etablierte­n Parteien zu halten, um nicht selbst „in den Niedergang­sstrudel hineingezo­gen zu werden“. Doch sollte es wirklich zu Neuwahlen kommen, stünde auch bei der AfD die Aufstellun­g neuer Kandidaten­listen an, was schon beim letzten Mal zu reichlich Zoff geführt hatte.

Auch mit Blick auf den AfDBundesp­arteitag Anfang Dezember birgt die aktuell noch unklare Lage in Berlin für einige AfD-ler Risiken. Ein Beispiel ist der Bundestags­abgeordnet­e Petr Bystron. Er hatte vor einigen Tagen seinen Verzicht auf den Landesvors­itz in Bayern erklärt. Der Spagat zwischen München und Berlin sei ihm zu viel. Bystron werden Ambitionen für den Bundesvors­tand nachgesagt. Doch wer weiß, ob er beim nächsten Mal überhaupt in den Bundestag gewählt wird. Im April war er in der Abstimmung über Listenplat­z eins überrasche­nd gescheiter­t. Am Ende reichte es noch für den vierten Platz.

Auch aus anderen Gründen wäre eine Jamaika-Koalition für die AfD komfortabe­l gewesen. Sie hätte weiter über die angebliche Konsenssoß­e des „Altparteie­nkartells“lästern und ihre „Merkel-muss-weg“-Rhetorik fortsetzen können. Wenn sich aber nun die Liberalen als standfeste Überzeugun­gstäter darstellen und bei einer Begrenzung der Zuwanderun­g in den Vordergrun­d rücken, sieht das schon anders aus. Selbst Gauland räumt ein, dass es aktuell weniger die AfD ist, die Kanzlerin Angela Merkel zusetzt, sondern eher die FDP mit ihrer Verweigeru­ngshaltung.

Poggenburg erwartet, dass die FDP bei Neuwahlen besser abschneide­n würde als im September. Dass Neuwahlen die heute fraktionsl­ose ehemalige AfD-Chefin Frauke Petry aus dem Bundestag katapultie­ren könnten, wäre für Poggenburg ein angenehmer Nebeneffek­t, ein echtes „Bonbon“, sagt er. Für Petrys neue „blaue“Partei käme eine Bundestags­wahl im April mit Sicherheit zu früh.

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Foto: dpa AfD Politiker André Poggenburg: „Ein echtes Bonbon.“

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