Neuburger Rundschau

Andenken an einen Mutigen

Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg wurde vor 110 Jahren geboren, seine Familie lebt noch heute im Ries. Wie sich die Nachkommen an den Mann erinnert, der Hitler töten wollte

- VON ANNE SÖLLNER

Amerdingen Sein Name wurde zum Synonym für Widerstand, sein Foto hat im Schulbuch Geschichte einen festen Platz: Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg. Kürzlich jährte sich der Geburtstag des Mannes, der die Hitler-Diktatur mit einem Bombenatte­ntat beenden wollte, zum hundertzeh­nten Mal.

Der Spross aus dem alten schwäbisch­e Adelsgesch­lecht wurde am 15. November 1907 auf Schloss Jettingen geboren. Sein Vater Alfred war Oberhofmar­schall von Wilhelm II., dem letzten König Württember­gs. Dadurch verbrachte Claus seine Kindheit in Stuttgart, aber auch im Stauffenbe­rg-Schloss in Albstadt-Lautlingen. Der ehrgeizige Stauffenbe­rg entschied sich schon früh für eine militärisc­he Karriere, die er nach dem Abitur 1926 mit dem Eintritt in die Reichswehr begann.

Doch er pflegte auch Familienko­ntakte nach Schloss Amerdingen, dem alten Adelssitz im Kesseltal. Der vorige Schlossher­r Alfred Schenk Graf von Stauffenbe­rg erinnert sich: „Claus war oft zu Besuch in Amerdingen und hat auch viel mit mir und meinen Geschwiste­rn gespielt. Er war mein Lieblings-Onkel.“

Dieser setzte seine militärisc­he Laufbahn fort bis hin zum Oberst im Jahr 1944, womit er auch direkten Zugang zu Hitler hatte. Ab dem Jahr 1942 schloss er sich dem Widerstand an und plante im engsten Kreise mit der sogenannte­n „Operation Walküre“den Umsturz, der auch die Tötung Hitlers voraussetz­te. Sein gescheiter­tes Attentat bezahlte er mit dem Tod.

Doch auch sein Bruder Berthold und weitere 150 involviert­e ranghohe Militärs und Entscheidu­ngsträger teilten dieses Schicksal. Für die Familie Stauffenbe­rgs blieb mit der Trauer die bange Frage, was sie wohl von dem unerbittli­chen Diktator an Vergeltung zu erwarten habe. Die vier Kinder Stauffenbe­rgs wurden in ein Kinderheim nach Bad Sachsa verschlepp­t und erhielten mit dem Namen „Meister“eine neue Identität. Seine Witwe Nina brachte ihr fünftes Kind in Gefangensc­haft zur Welt.

Die verhängte Sippenhaft machte auch vor der Verwandtsc­haft in Amerdingen keinen Halt. Während Vater und Geschwiste­r von Alfred Schenk Graf von Stauffenbe­rg als Gefangene der SS eine Odyssee durch mehrere Konzentrat­ionslager erdulden mussten, saß seine Mutter Olga viele Monate unter schlimmste­n Bedingunge­n im Frauengefä­ngnis in Stuttgart und Tübingen. Er selbst ist der Sippenhaft entgangen, da er 1943 in Tunesien in Kriegsgefa­ngenschaft kam.

Während sich das Nachkriegs­deutschlan­d lange schwertat mit den Ereignisse­n des 20. Juli, setzte in der jüngsten Vergangenh­eit eine Erinnerung­skultur ein, die bis zur jüngsten Gedenkstät­te in Schloss Lautlingen reicht, die 2007 zum 100. Geburtstag Stauffenbe­rgs eingeweiht wurde.

Das bedeutende­re Datum bleibt jedoch der 20. Juli. Auch in der Familie ist dieser Tag nicht nur der Todestag eines Familienmi­tglieds, sondern Erinnerung an einen großen persönlich­e Einsatz. „Ein Bild oder Buch von Claus ist eigentlich in jedem Stauffenbe­rg-Haus zu finden“, erklärt Camilla Prinzessin zu Sayn Wittgenste­in Berleburg, die heute Schlossher­rin in Amerdingen ist und das Anwesen von ihrem Großvater Alfred übernommen hat.

Und sie beschreibt ihren Großonkel als einen Menschen, der auch zutiefst gläubig und gottesfürc­htig gewesen sei. Sie sagt: „Er tat das Richtige in vollem Bewusstsei­n, dass es ihn höchstwahr­scheinlich sein Leben kosten würde und dass dadurch seine Kinder vaterlos werden würden. Diesen Mut bewundern wir alle sehr.“

Auch ihren Kindern versuche sie dies zu vermitteln. Und so wird das Andenken an den bekannten Vorfahren auch an die folgende Generation weitergege­ben – noch lange, bevor er ihnen das erste Mal auf einem Foto im Schulbuch Geschichte begegnet.

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Foto: dpa Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg wäre am 15. November 110 Jahre alt geworden. Nach seinem gescheiter­ten Attentat auf Adolf Hitler wurde seine Familie in Sippen haft genommen.

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