Neuburger Rundschau

Nach Feierabend beginnt seine Arbeit

Adrian Geyer aus Rain ist nebenberuf­lich Sattler und Feintäschn­er. Was ein Kater mit seiner Geschäftsi­dee zu tun hat

- VON FABIAN KLUGE

Rain Im Regal an der linken Wand stapeln sich die Aufträge seiner Kunden, auf der Arbeitsflä­che liegt schwarzes Echtleder. An der rechten Wand steht das Schmuckstü­ck des Zimmers – eine Nähmaschin­e. Viel Platz gibt es nicht in dem kleinen Raum im Keller. Und doch verbringt Adrian Geyer aus Rain dort viele Stunden nach Feierabend und am Wochenende. Denn bei diesem kleinen Zimmer handelt es sich um Geyers Werkstatt, in der er seinem Nebenberuf als Sattler und Feintäschn­er nachgeht.

Allgemein scheint der 29-Jährige seltene Berufe zu mögen. Gelernt hat er Näher für Damenoberb­ekleidung. „Nicht gerade alltäglich“, sagt er und lacht. Doch sein Beruf, den er erst seit Januar im Nebengewer­be ausübt, ist noch etwas ungewöhnli­cher.

Die Leidenscha­ft für dieses Handwerk hat Geyer schon länger: „2008 habe ich angefangen, Aufträge für Freunde und Bekannte anzunehmen.“ Die Aufgaben eines Sattlers beschränke­n sich dabei keineswegs nur auf Pferdesätt­el. Möbel aufpolster­n, Autositze, Stühle und Lenkräder beziehen – all das hat Geyer bereits gemacht. Feintäschn­er wiederum kümmern sich vor allem um filigrane Arbeiten, stellen beispielsw­eise Gürtel und Geldbörsen her.

Trotz seiner Begeisteru­ng für das Nähen, ist der Rainer durch Zufall zum Sattler und Feintäschn­er geworden. „Hauptberuf­lich bin ich Messtechni­ker. Irgendwann bin ich in die Automobilb­ranche gerutscht, konnte gut nähen und habe schließlic­h ein zweijährig­es, unentgeltl­iches Praktikum bei einem Sattlereib­etrieb gemacht – das war im Grunde wie eine Ausbildung“, erinnert sich Geyer.

Seine Kunden sind ebenso vielseitig wie der Handwerksb­eruf an sich: Privatleut­e, die sich eine ausgefalle­ne Stickerei für das Sitzpolste­r ihrer Harley Davidson wünschen, oder Hoteliers, die eine Großbestel­lung aufgeben. So polsterte Geyer beispielsw­eise 40 Stühle in einem Hotel in Neuburg auf. Seine Waren finden nicht nur Abnehmer in Deutschlan­d, mittlerwei­le hat der Handwerker auch Kunden in Österreich. Obwohl Geyer nach wie vor die unterschie­dlichsten Dinge herstellt und bezieht, hat er sich auf einen Bereich spezialisi­ert: „Ich bin einer von drei Anbietern in der Bundesrepu­blik, die Badewannen­abdeckunge­n herstellen“, erklärt der Rainer.

Auf die Idee hat ihn sein Kater Balu gebracht. „Durch das Katzenklo war nicht mehr genug Platz für die Wäschetonn­e, also haben wir die Kleidung in der Badewanne gelagert. Das sah aber nicht sonderlich schön aus.“Besonders stolz ist der Unternehme­r darauf, dass diese Abdeckunge­n vielseitig einsetzbar sind. Auf der Homepage des Handwerker­s gibt es zum Beispiel einen Konfigurat­or. Dort kann man sich eine Abdeckung nach den persönlich­en Wünschen zusammenst­ellen. Die Preisspann­e reicht dabei von mehreren hundert Euro bis in den vierstelli­gen Bereich. Geyers Idee, die er anschließe­nd auf der Internetpl­attform Ebay präsentier­te, hat mittlerwei­le über 80000 Aufrufe.

Zwei Dinge liegen dem Rainer in seinem Gewerbe am Herzen: „Ich arbeite mit vielen Lieferante­n zusammen. Dabei ist es mir wichtig, möglichst in der Region einzukaufe­n. Das Holz bekomme ich aus Donauwörth, den Schaum aus Augsburg, die Homepage richtete mir ein Rainer Unternehme­n ein.“Ebenfalls entscheide­nd ist für Geyer die Kundenbetr­euung. „Ich möchte keinen Auftrag ablehnen, das ist ein wichtiges Kriterium. Im Moment gelingt mir das mit einem Mitarbeite­r auf 450-Euro-Basis gut nach Feierabend und am Wochenende. Aber die Zahlen steigen, deshalb wird man irgendwann Prioritäte­n setzen müssen“, betont er. Zu Beginn des Jahres habe er zwei Badewannen­abdeckunge­n angefertig­t. Im Juli seien es schon elf gewesen.

Dass es ihm tatsächlic­h weniger ums Geld als vielmehr ums soziale Engagement geht, zeigt die Geschichte eines körperlich behinderte­n Mädchens. Für sie fertigte Geyer eine Badewannen­abdeckung, um ihr ein Stück Selbststän­digkeit zu schenken. „Sie kann sich auf die Polster legen und waschen oder anziehen“, sagt der Rainer. Von der Familie verlangte er lediglich die Materialko­sten.

 ?? Foto: Fabian Kluge ?? Badewannen­abdeckunge­n wie diese stellt Adrian Geyer aus Rain her. Im Nebenberuf ist er als Sattler und Feintäschn­er tätig – dabei hat er eigentlich Näher für Damen oberbeklei­dung gelernt.
Foto: Fabian Kluge Badewannen­abdeckunge­n wie diese stellt Adrian Geyer aus Rain her. Im Nebenberuf ist er als Sattler und Feintäschn­er tätig – dabei hat er eigentlich Näher für Damen oberbeklei­dung gelernt.

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