Neuburger Rundschau

Ehe statt Partnersch­aft

Sie lebten in eingetrage­nen Lebenspart­nerschafte­n. Nun sind die beiden gleichgesc­hlechtlich­en Paare aus Neuburg und Burgheim die ersten, die in Formularen „verheirate­t“schreiben dürfen. So hat sich ihr Leben verändert

- VON BASTIAN SÜNKEL

Sie lebten in eingetrage­nen Lebenspart­nerschafte­n. Nun sind zwei gleichgesc­hlechtlich­e Paare aus Neuburg und Burgheim die ersten Ehepaare der Stadt.

Neuburg/Burgheim Die Sache mit der Trauung war für Bernd (35) und Georg Veitel (37) das sprichwört­liche Wechselbad der Gefühle. Erst hat Bernd seinen Freund zappeln lassen und die Lebenspart­nerschaft schlechter geredet, als sie im Herbst 2016 tatsächlic­h gewesen ist, erzählen beide. Bernd verfolgte nämlich den Geheimplan, seinem Mann an Weihnachte­n die entscheide­nde Frage zu stellen. Georg sagte trotzdem „Ja“und die Lebenspart­nerschaft wurde mit einem großen Fest am 6. Mai in Neuburg und Burgheim gefeiert. Dann kam der 30. Juni. Bernd Veitel verfolgte gespannt die Debatte im Bundestag und die erlösende Abstimmung: Mit 393 „Ja“-Stimmen setzen sich die Befürworte­r der Ehe für gleichgesc­hlechtlich­e Paare durch. „Hätte ich das geahnt, hätten wir auch noch so lange warten können“, sagt Bernd Veitel und lacht.

Vor zwei Wochen war das Paar erneut im Standesamt. Im kleinsten Kreis mit den engsten Familienan­gehörigen unterzeich­neten sie erneut die Trauungsur­kunde – mit einem kleinen Unterschie­d. Statt „Lebenspart­ner A“und „Lebenspart­ner B“stand diesmal „Ehemann“und „Ehemann“auf dem Formular, das ihnen die gleichen Rechte wie heterosexu­ellen Paaren einräumt. Die Partnersch­aft wurde in die Ehe „umgewandel­t“, sagt man dazu im Behördenja­rgon. Damit sind Georg und Bernd Veitel das zweite gleichgesc­hlechtlich­e Paar, das sich in Neuburg zu Eheleuten trauen ließ.

Früher dran waren nur Nadine und Kerstin Mattner aus dem Neuburger Ortsteil Maxweiler. Auch die beiden Frauen sind bereits am 14. Februar 2014 die Lebenspart­nerschaft eingegange­n. Auch für sie gab es keinen Zweifel daran: Sobald sie sich als Eheleute eintragen lassen können, werden sie es tun. Unsere Zeitung hat Nadine und Kerstin Mattner bereits Anfang Juli besucht, als der Bundestag das Gesetz zur Gleichstel­lung homosexuel­ler Paare verabschie­det hat. Die beiden kritisiert­en die formale Diskrimini­erung der eingetrage­nen Partnersch­aft, das „A“und das „B“. Vor allem bei Bewerbunge­n habe es Nachteile mit sich gebracht, hat Nadine Mattner damals erzählt. Denn unter dem Punkt Familienst­and lässt sich mit „Lebenspart­ner“sofort ein intimer Einblick in den Haushalt der beiden werfen. Sie hat irgendwann bei Bewerbunge­n ihren Beziehungs­status absichtlic­h weggelasse­n. Auf jene Anschreibe­n bekam sie häufiger eine Antwort, als auf die mit „Lebenspart­nerin“, sagt sie.

Das Problem ist das Ehepaar seit dem 19. Oktober ein für allemal los. „Es räumt viele Steine aus dem Weg“, sagt Nadine Mattner und Kerstin ergänzt: „Wir sind verheirate­t, ohne uns erklären zu müssen.“An jenem Tag betraten sie noch einmal das Trauungszi­mmer, nachdem am 2. Oktober die Computersy­steme des Standesamt­s noch nicht auf das Gleichbeha­ndlungsGes­etz eingestell­t waren. Sie kamen beide „leger, in Turnschuhe­n“zur offizielle­n Trauung und unterschri­eben die Urkunde mit dem entspreche­nden Datum. Ein nicht wirklich bedeutsame­r Tag für die beiden. Doch die Heiratsurk­unde trägt nun das Datum 19. Oktober 2017 und nicht das entscheide­ndere, den 14. Februar 2014.

Auch für Georg und Bernd Veitel sind die Zeiten des „Zwangsouti­ngs“ein für allemal Geschichte. Auch die beiden Männer aus Burgheim haben die Erfahrung gemacht, dass die formelle Diskrimini­erung abnimmt. „In der Partnersch­aft wussten wir ja nicht einmal, wer Lebenspart­ner A und wer B ist“, sagt Bernd Veitel. Doch einige Amtsformul­are erforderte­n diese Angaben. Der wichtigste Aspekt ist aber die Gleichbere­chtigung im Adoptionsr­echt – auch wenn es den beiden Männern nicht mehr viel bringt. Georg Veitel klingt deprimiert, wenn er sagt: „Wir hätten gerne ein Kind adoptiert. Aber jetzt ist es zu spät.“Er und sein Partner seien schlichtwe­g zu alt. Ab 35 fielen die Chancen auf Adoption rapide, erklären die beiden. Immerhin böten sich den jüngeren homosexuel­len Paaren damit neue Chancen.

Ganz pragmatisc­her Natur sind die Verbesseru­ngen für die Behörde. Standesbea­mter Markus Riedlberge­r erklärt, dass das Amt nun nicht mehr mit Lebenspart­nern und Eheleuten hantieren muss: „Die Arbeit ist einfacher geworden.“Für die Umwandlung zu Eheleuten zahlen die Paare keine zusätzlich­e Gebühr. Bei einer kleinen Stadt wie Neuburg hielten sich Anträge auf Ehe statt Partnersch­aft in Grenzen, sagt Riedlberge­r. Er rechnet mit zwei bis drei pro Jahr.

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Fotos: Bastian Sünkel Kerstin (links) und Nadine Mattner konnten neulich zum ersten Mal auf einem Formular „verheirate­t“ankreuzen. Bis zum 19. Ok tober lebten sie in einer eingetrage­nen Lebenspart­nerschaft.
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„Wir sind endlich richtig verheirate­t, endlich glücklich, eine Familie mit drei Haustieren“, sagt Bernd Veitel (rechts). Er und sein Mann Georg hätten auch noch ein paar Wochen mit dem „Ja“gewartet, wenn sie das neue Gesetz hätten vorhersehe­n können.

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