Erfolg ja – Kommerz nein
Der Münchner Musikverlag, der immer auf eine eigene, originelle Note setzt, wird 50 Jahre alt
München Morgen lässt der TrikontMusikverlag im Münchner Feierwerk die Sektkorken knallen: Es gilt, den 50. Geburtstag des alternativen Buch- und Musikverlages zu feiern. Trikont ist – wie der Verlag 2001 – ein typisches Kind der späten 1960er Jahre, der politisch motivierten Alternativ- und Protestbewegung, der Hippie- und FlowerPower-Zeit. Zunächst machte das in Köln gegründete und bald im Münchner Stadtteil Giesing ansässige Publikationshaus mit Büchern auf sich aufmerksam. Fünf Jahre später, 1972, kam die Musik dazu: die Trikont Unsere Stimme Verlags GmbH. Seitdem hat die Plattenfirma laut Trikont-Chef Achim Bergmann knapp 500 Schallplatten und CDs veröffentlicht – und keine einzige Veröffentlichung biederte sich dem Kommerz an. „Das heißt aber nicht, dass ich ein Problem mit Erfolg habe. Ganz und gar nicht“, betont Bergmann.
Nur: „Die Bedingungen müssen einfach passen. Es muss schon eine Produktion sein, zu der wir stehen können – wenn das ein Hit wird: nichts dagegen!“, so Bergmann. Dass das Team um den mittlerweile 74-jährigen Label-Chef durchaus eine Spürnase für mehrheitstaugliche Songs hat, bewies es schon 1978. Das Akustik-Duo „Dicke Lippe“veröffentlichte auf Trikont einen Song namens „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt“. Rund 1000 Mal hat sich der Titel verkauft – und damit große Schallplattenfirmen neugierig gemacht. Als das Duo später die Band „Geier Sturzflug“gründete und zu einem großen Label ging, avancierte der jetzt als „Bruttosozialprodukt“betitelte Song zu einem der größten Hits der „Neuen Deutschen Welle“.
„Die Industrie hat da natürlich ganz andere Möglichkeiten bei der Vermarktung, das muss man als Indie-Label akzeptieren“, sagt Bergmann und klingt dabei gar nicht wie jemand, dem das große Geschäft eines 600000-fach verkauften Titels durch die Lappen gegangen ist. Das wirtschaftliche Auf und Ab macht freilich auch bei einem idealistisch befeuerten Unternehmen keine Ausnahme. Dennoch: Richtig wirtschaftlich knapp wurde es für die Musikmacher aus Giesing nur in den frühen 1980er Jahren. „Da zerbröselte die Struktur der alternativen Bewegung im Bürgertum“, sagt Bergmann, der das Label gemeinsam mit seiner Frau Eva MairHolmes leitet.
Mit dieser Entwicklung habe man die Hauptkäuferschicht eingebüßt; die Folge war die Einstellung des Buchverlages 1986. Auch bei der Veröffentlichungspolitik des Labels sei ein Umdenken nötig gewesen. Und dazu fünf Jahre, um sich neu aufzustellen. Letztlich habe man seine Nische gefunden: Musik, die auch mal ohne politische Nachricht auskommt – nie aber ohne eigene, originelle Note. Künstler wie die Liedermacher Hans Söllner und Georg Ringsgwandl, der Musiker Coco Schuman und Bands wie Attwenger und Schroeder Roadshow füllen diese Trikont-Nische aus mit Klängen, die von Folk, Blues, Jazz und Rock bis zu avantgardistischer Volksmusik reichen.
Für Sebastian Zabel, Chefredakteur des Rolling Stone, ist Trikont deshalb ein „Outsider-Label“, das sich all die Jahre treu geblieben sei. „Es hat sich immer für Underdogs und regionale Besonderheiten interessiert“, sagt der Musikexperte. Dazu komme eine politisch engagierte Haltung, die ihrem Künstlerportfolio – bei aller Verschiedenheit – eine gemeinsame Identität gebe. Übrigens: Christof Meueler und der in Augsburg lebende Franz Dobler haben die Geschichte des Verlags aufgeschrieben (Heyne, 464 Seiten, 30 Euro).