„Schrobenhausen ist nicht die Hölle auf Erden“
Ein Aushang in der Gemeinschaftsunterkunft sorgt für Verwirrung: Wer nicht Ordnung hält, kommt in den Süden
Neuburg Als Petrus und Gott sich über die Erschaffung der Welt unterhalten, klärt der Schöpfer seinen Himmelstürverwalter über das ewige Gleichgewicht auf. Neuburg sei der schönste Fleck der Erde mit intelligenten, hübschen, strebsamen Menschen. Aber weil die Welt in Balance bleiben müsse, hat er 25 Kilometer einen höllischen Konterpart erschaffen: Schrobenhausen.
Der Witz funktioniert genauso gut in Augsburg und München, Nürnberg und Fürth, Rohrenfels und Wagenhofen und drückt immer das Gleiche aus: die feindselige Liebesbeziehung zweier benachbarter Ortschaften, im Fußball oft als „Derby“betitelt. Seit Kurzem ist die Beziehung zwischen Neuburg und Schrobenhausen um eine Anekdote reicher.
In der Neuburger Gemeinschaftsunterkunft am Donauwörther Berg haben sich die Hausmeister nicht mehr anders zu helfen gewusst, als gegen die grassierende Unlust einzelner Bewohner am Aufräumen mit einem Zettel vorzugehen. „Bei nicht Einhaltung des Reinigungsplans werden zukünftig Verlegungen in die Grundschule SOB vorgenommen“, ist auf dem Papier zu lesen. Wer nicht aufräumt, muss nach Schrobenhausen, lautet die Drohung, die Landratsamt-Pressesprecherin Katharina Huber allerdings nicht als solche betiteln will.
Sie stellt klar: „Schrobenhausen ist nicht die Hölle auf Erden.“Aber eine gewisse Drohung versteckt sich dennoch zwischen den Zeilen – wenn auch struktureller Natur, erklärt sie. In Neuburg genießen die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft viele Freiheiten. Die Hausmeister kümmern sich um die Organisation, ansonsten sind die Bewohner in ihrer Lebensgestaltung relativ frei. Ordnung halten ist für alle verpflichtend. In der Alten Grundschule in Schrobenhausen sind hingegen Hausverwalter rund um die Uhr Ansprechpartner für die Bewohner.
Nicht nur das, auch die Raumaufteilung unterscheidet die Orte grundlegend. In Neuburg werden Zimmer mit maximal drei Menschen belegt, in Schrobenhausen können Gruppenschlafsäle bis zu 20 Insassen aufnehmen. Zurzeit ist die Alte Schule allerdings nur zur Hälfte besetzt. 94 Menschen leben dort, für 180 Bewohner ist die Unterkunft ausgelegt. Das sei auch ein Grund, warum auf „SOB“verwiesen wird: Schrobenhausen hat als LandkreisUnterkunft die Möglichkeit, Menschen aufzunehmen, erklärt Pressesprecherin Huber.
Mit der Drohung sei also nicht die Stadt Schrobenhausen gemeint, sondern lediglich die Umstände, die ein Umzug mit sich bringt. Auch die sozialen Kontakte, die sich Bewohner in Neuburg aufgebaut haben, distanzieren sich wieder auf die Strecke von 25 Kilometern. Das sei bei vielen Bewohnern ein „massives Thema“, das sie beschäftigt.
Tatsächlich zeigt der Zettel Wirkung, bestätigt die Pressesprecherin. Seit im Oktober erstmals mit der Verlegung gedroht wurde, halten sich auch jene Insassen an den Putzplan, die ihn zuvor geflissentlich ignoriert haben. Es bedarf offensichtlich kreativer Methoden, um einige Bewohner zur Ordnung zu bewegen: „Die Hausmeister wussten sich nicht anders zu helfen“, bestätigt Katharina Huber. Soziale Leistungen zu kürzen, sei rechtlich nicht möglich.
Bislang hat das Landratsamt allerdings keinen Bewohner nach Schrobenhausen geschickt. Das soll so bleiben. Um das Missverständnis mit der Nachbarstadt auszuräumen, verzichtet das Landratsamt künftig auf die Formulierung „SOB“, sagt Pressesprecherin Huber. Wer nicht putzt, wird künftig „in eine andere Unterkunft“verlegt.