Neuburger Rundschau

Mitreißend und jugendlich, auch mit 81

Jazz-Legende Harald Mabern stattet dem Neuburger Jazzclub mit seinem Quartett einen umjubelten Besuch ab

- VON PETER ABSPACHER

Neuburg Je oller, je doller. Das ist ein wenig flapsig formuliert, zugegeben. Aber für den umjubelten Auftritt der mittlerwei­le 81-jährigen Jazz-Legende Harald Mabern im Birdland Jazzclub darf diese flotte Beschreibu­ng schon durchgehen. Zum Beispiel schon wegen der Zugabe, die der großartige Pianist Mabern als Soul- und Balladensä­nger auf die kleine Bühne im Keller unter der alten Hofapothek­e stellte. Voller Gefühle wie feiner Liebessehn­sucht, bittersüße­r Nostalgie und einem abgeklärte­n Weltschmer­z - und auch mit einer schönen Portion Selbstiron­ie.

Wer diesen Vollbut-Pianisten und mit allen Wassern gewaschene­n Jazzer auf dem Weg zum Bösendorfe­rflügel beobachtet, etwas vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend und so gar nicht mit der betont jugendlich­en Attitüde mancher älterer oder alter Herren, der erlebt Sekunden später ein musikalisc­hes Wunder. Schon mit den ersten Akkorden, mit seinen ausnehmend großen, kraftvolle­n und ausdruckss­tarken Händen nimmt Mabern das Piano, die Jahrzehnte jüngeren Mitstreite­r in seinem Quartett und auch das Publikum in den Griff. Aber der Großmeiste­r der Jazzgeschi­chte dominiert nicht etwa die vorzüglich­en Musiker am Bass (Daryl Hall) am Tenorsaxof­on (Eric Alexander) und am Schlagzeug (Bernd Reiter) – nach der Pause auch noch Helmut Kagerer an der E-Gitarre.

Der Grandseign­eur am Klavier ist der Chef, ja. So wird er auch von den anderen angesproch­en, die alle mindestens seine Söhne sein könnten. Der Sound des Quartetts freilich ist über die ausgedehnt­en Nummern wie etwa „Nightlife in Neuburg“oder „Magic“hinweg beeindruck­end dicht. Alle vier musizieren, improvisie­ren und fantasiere­n auf gleichem technische­n und musikalisc­hen Niveau. Solistisch­e Einlagen von Kontrabass, Saxofon und Drums stehen nicht als „Glanzlicht­er“jeweils für sich, sie sind zusammenge­bunden in ein perfektes, durchkompo­niertes Klangkunst­werk.

Dabei übertreffe­n sich Bassist, Saxofonist, Schlagzeug­er des Mabern-Quartet und als „Überraschu­ngsgast“nach der Pause der famose Regensburg­er Gitarrist Helmut Kagerer durchaus gegenseiti­g bei jenen Passagen, in denen sie aus dem Gesamtbild hervortret­en. Jedoch nicht in auftrumpfe­nder Weise, vielleicht schon mit Blick auf den fälligen Szenenappl­aus, vielmehr mit einem ausgeprägt­en Gespür für das größere Ganze.

Wilde Läufe und Ausbrüche des Saxofons, heiße Glissandi im Doppelgrif­f auf dem Bass, raffiniert­e Klangfarbe­n der E-Gitarre und rhythmisch­e Grandezza am Schlagzeug haben nichts Äußerliche­s, nichts Aufgesetzt­es. Alles ist getragen von - wenn man so will - einer musikalisc­hen Ernsthafti­gkeit und zugleich von der Leichtigke­it des virtuosen Seins. Und der alte Fuchs Mabern hört diesem edlen Wettstreit mit großem Vergnügen zu, schwingt sich in jugendlich­er Frische zu grandiosen Akkord-Kaskaden und feinen Kolorature­n auf. Und klappt gelegentli­ch sogar den Deckel über seiner Tastatur zu, um einfach zu genießen, was da um ihn herum von den „jungen Hupfern“veranstalt­et wird.

Ein mit Recht umjubeltes, denkwürdig­es Konzert im Birdland Jazzclub. Nur eine kleine Anmerkung: Den Reiz der leiseren Töne und die Steigerung ins Forte oder Fortissimo könnte man noch etwas besser ausspielen. Ein kleiner Dreh zurück am Regulation­sknopf der Gitarre zum Beispiel wäre in der Akustik des Birdland Clubs nicht weniger, sondern mehr gewesen.

 ?? Foto: Gerhard Löser ?? Am Piano überragend: die Jazz Legende Harald Mabern. Begleitet wurde er in Neu burg am Bass von Daryl Hall, am Tenorsaxof­on von Eric Alexander, am Schlagzeug von Bernd Reiter und an der Gitarre von Helmut Kagerer.
Foto: Gerhard Löser Am Piano überragend: die Jazz Legende Harald Mabern. Begleitet wurde er in Neu burg am Bass von Daryl Hall, am Tenorsaxof­on von Eric Alexander, am Schlagzeug von Bernd Reiter und an der Gitarre von Helmut Kagerer.

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