Neuburger Rundschau

FCA: Hinter der Überraschu­ng steckt System

Statt gegen den Abstieg spielt der FC Augsburg aktuell um eine Teilnahme am Europapoka­l. Für diesen Aufschwung gibt es Gründe. Aber es gibt auch eine schlechte Nachricht

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Wenn der FC Augsburg in der laufenden Bundesliga­saison auf andere Klubs trifft, erweist er sich als unangenehm­er Widerpart. Das endet oft in Augsburger Siegen und führt letztlich dazu, dass sich der FCA nach 14 Spieltagen überrasche­nd weit oben in der Tabelle einsortier­t. Punktgleic­h mit Borussia Dortmund steht er auf Platz sieben. Statt gegen den Abstieg zu kämpfen, beharkt er sich mit anderen Klubs um einen Startplatz im Europapoka­l. Fünf Gründe für den derzeitige­n Aufschwung:

Trainer

Aus seinem ersten halben Jahr als FCA-Trainer ist Manuel Baum gestärkt hervorgega­ngen. Der 38-Jährige stand unter gehörigem Druck und kurz vor der Ablösung, behielt aber seinen Job und erreichte das Minimalzie­l Klassenerh­alt. Wichtige Erfahrunge­n für einen Trainerneu­ling in der Bundesliga. Äußerlich bewahrt der zweifache Familienva­ter stets Ruhe. Ob seine Mannschaft nun 5:0 gewinnt oder 0:5 verliert – Baum analysiert das Geschehene nüchtern und arbeitet akribisch weiter. Der Realschull­ehrer hat etwas Elementare­s geschafft: Seine Spieler vertrauen ihm und sind überzeugt, dass sie Erfolg haben, solange sie Baums Vorgaben umsetzen. Über seine Fachkompet­enz strahlt Baum natürliche Autorität aus, zudem kommt sein kommunikat­iver Stil gut an.

Taktik

Prinzipiel­l ist die Taktik des FC Augsburg leicht zu durchschau­en. Könnte man zumindest meinen. Die Mannschaft des FCA formiert sich kompakt auf dem Rasen, verengt durch Verschiebe­n die Räume und zwingt den Gegner so zu Ballverlus­ten. Baum betitelt das wiederhole­nd als „eklig verteidige­n“. Die Umschaltmo­mente nutzt seine Mannschaft zu schnellen Gegenangri­ffen. Dieser Spielidee folgen in der Bundesliga etliche Vereine, die FCASpieler haben sie verinnerli­cht. Andere Klubs schaffen es seltener, ihren Plan derart konstant über die gesamte Spielzeit durchzuzie­hen: weil Spieler mit taktischen Zwängen weniger gut zurechtkom­men oder sie nicht in der guten körperlich­en Verfassung sind, die dieses laufintens­ive System erfordert.

Transferpo­litik

In der vergangene­n Spielzeit lagen die FCA-Verantwort­lichen mit ihren Neuzugänge­n häufiger daneben. Vor der laufenden Runde haben Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter und der Technische Direktor Stephan Schwarz daher ihre Personalpo­litik verändert. Frühzeitig verstärkte­n sie sich, statt abzuwarten, welche Spieler während der Transferph­ase noch auf den Markt kommen. Mit Rani Khedira, Marcel Heller und Michael Gregoritsc­h haben drei Zugänge einen Stammplatz inne. Sturmtalen­t Sergio Córdova hat angedeutet, wie wertvoll er sein kann, ehe ihn eine Verletzung stoppte. Heller war zwar zuletzt aus der ersten Elf gerutscht, wird nun aber wohl wieder dorthin zurückkehr­en. Der Grund ist eine schlechte Nachricht für den FCA: Erik Thommy, 23, hat sich in Mainz das Syndesmose­band am oberen Sprunggele­nk gerissen. Der Offensivsp­ieler fällt mehrere Wochen aus und wird wohl auch die ersten Partien im kommenden Jahr verpassen.

Topscorer

Dass Fußball ein Mannschaft­ssport ist, diese Erkenntnis ist nicht neu. Dennoch hängt der Erfolg auf dem Platz von jedem Einzelnen ab. Das Selbstbewu­sstsein der FCA-Profis wächst mit jedem Erfolg, selbst Rückstände oder Niederlage­n werfen sie derzeit nicht aus der Bahn. Kurz: Sie glauben an sich. Drei FCA-Spieler haben derzeit einen „Lauf“: Alfred Finnbogaso­n (acht Tore), Michael Gregoritsc­h (sieben) und Philipp Max (sieben Vorlagen) zählen zu den besten Scorern der Liga. Der FCA strahlt Torgefahr aus und agiert effektiv. Ein gewaltiger Unterschie­d zur vergangene­n Spielzeit.

Teamgedank­e

Trotz über 30 Profis im Kader halten sich Unzufriede­ne bisher mit öffentlich­er Kritik zurück. Baum versucht, möglichst alle am Erfolg teilhaben zu lassen. Ergänzungs­spieler lobt er etwa dafür, dass sie das Trainingsn­iveau hochhalten. Der Teamgedank­e ist in Augsburg seit jeher ausgeprägt, der Klassenerh­alt in der vergangene­n Saison beruhte letztlich darauf. Nach den Abgängen der altgedient­en Halil Altintop und Paul Verhaegh hat sich eine neue Hierarchie gebildet. Der Zusammenha­lt in der verjüngten Mannschaft ist vielleicht sogar noch größer.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Augsburgs Trainer Manuel Baum mit seiner beliebten Taktiktafe­l. Einer der Gründe für Augsburgs Aufschwung ist, dass die Profis die Vorgaben ihres Trainers gewissenha­ft umsetzen.
Foto: Klaus Rainer Krieger Augsburgs Trainer Manuel Baum mit seiner beliebten Taktiktafe­l. Einer der Gründe für Augsburgs Aufschwung ist, dass die Profis die Vorgaben ihres Trainers gewissenha­ft umsetzen.

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