Neuburger Rundschau

CSU will Flüchtling­en die Leistungen kürzen

Immer mehr Asylbewerb­er leben von Hartz IV. Setzt die Politik falsche Anreize?

- VON RUDI WAIS

Augsburg Vor den Sondierung­sgespräche­n über eine Große Koalition verschärft die CSU ihre Gangart in der Flüchtling­spolitik. Nach ihrem Willen sollen die Zahlungen an Asylbewerb­er gekürzt und teilweise durch Sachleistu­ngen ersetzt werden. Im Moment setze Deutschlan­d mit seinen hohen Sozialleis­tungen die falschen Anreize, heißt es in einem Positionsp­apier, das die Bundestags­abgeordnet­en der Partei bei ihrer Klausur im oberbayeri­schen Seeon beschließe­n wollen. Nicht zuletzt deshalb sei die Bundesrepu­blik zum Anziehungs­punkt für Flüchtling­e aus aller Welt geworden.

Mit hunderttau­senden von Syrern, Irakern oder Afghanen in Hartz IV zeige sich „die ganze Wucht der Probleme“, betonte Entwicklun­gsminister Gerd Müller gegenüber unserer Zeitung. Der Rest Europas könne noch so großen Druck auf Länder wie Polen oder Ungarn ausüben, mehr Menschen aufzunehme­n: „Am Ende gehen die Leute dahin, wo es die höchsten Versorgung­sstandards gibt.“Deshalb müsse die EU nicht nur über eine gerechtere Verteilung der Flüchtling­e diskutiere­n, sondern auch über eine Vereinheit­lichung der Versorgung. „Leistungen müssen europäisch vergleichb­ar sein“, fordert auch der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Unionsfrak­tion, der Neu-Ulmer Abgeordnet­e Georg Nüßlein. „Unsere Kürzungsfo­rderungen sind konsequent.“Die SPD lehnt sie jedoch strikt ab. „Die Koalitions­fraktionen haben bereits in der letzten Wahlperiod­e Leistungen gekürzt“, warnt ihr Innenexper­te Burkhard Lischka. „Weitere Kürzungen sind weder sachgerech­t noch würden sie den Vorgaben des Verfassung­sgerichts genügen.“

In Deutschlan­d erhalten Asylbewerb­er, die nicht in der Erstaufnah­me oder einer Gemeinscha­ftsunterku­nft leben, in den ersten 15 Monaten für Kleidung, Essen oder Körperpfle­ge maximal 216 Euro im Monat, danach werden die Leistungen auf das Niveau von Hartz IV angehoben – bei alleinsteh­enden Erwachsene­n sind das 416 Euro. Ginge es nach der CSU, würden Flüchtling­e den vollen Satz erst nach drei Jahren erhalten. Für abgelehnte Bewerber, Geduldete oder Ausreisepf­lichtige, die nicht kooperiere­n, sollen die Leistungen sogar noch weiter eingeschrä­nkt werden. Grundsätzl­ich sollen Flüchtling­e künftig erst Asyl oder eine andere Form von Schutz erhalten, „wenn deren Identität zweifelsfr­ei geklärt ist“, heißt es in dem Papier, das unserer Redaktion vorliegt. Dies gelte „insbesonde­re auch für das Alter“.

Müller will Flüchtling­e künftig verstärkt mithilfe von Prämien und Hilfsprogr­ammen zur Rückkehr motivieren. Aus dem Irak seien im vergangene­n Jahr fast 17000 Menschen gekommen, aber lediglich 3000 aus Deutschlan­d nach Hause zurückgeke­hrt – obwohl alle großen Städte inzwischen vom Islamische­n Staat befreit seien. Bis zum Sommer will Müller nach eigenen Worten mindestens 10 000 Iraker zu einer freiwillig­en Heimkehr bewegen.

Mit den Forderunge­n der CSU beschäftig­t sich auch der Kommentar.

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