Neuburger Rundschau

So kämpft Hollywood gegen Missbrauch

Einige der bekanntest­en Filmstars der Welt fordern nach dem Skandal um den Produzente­n Harvey Weinstein nun konkrete Veränderun­gen. Und planen eine aufsehener­regende Aktion

- VON THOMAS SEIBERT York Times. New

Washington Der #MeToo-Bewegung um sexuelle Missbrauch­svorwürfe sollen nun konkrete Veränderun­gen folgen – das fordern einige der bekanntest­en Hollywoods­tars. Mehr als 300 Schauspiel­erinnen, Produzenti­nnen, Regisseuri­nnen und weitere Frauen aus der US-Unterhaltu­ngsindustr­ie haben dazu die Initiative Time’s Up (Die Zeit ist reif) gestartet. Und planen, ihren Kampf gegen sexuelle Gewalt am Arbeitspla­tz mitten ins Zentrum der Glitzerwel­t Hollywoods zu tragen.

Die Initiative wird unter anderem von den Schauspiel­erinnen Cate Blanchett, Meryl Streep, Natalie Portman, Reese Witherspoo­n, Alyssa Milano oder Eva Longoria unterstütz­t. Am Sonntag will Time’s Up auf dem roten Teppich der GoldenGlob­e-Verleihung in Los Angeles medienwirk­sam für ihre Ziele werben. Als Zeichen der Solidaritä­t mit den Opfern sexueller Gewalt sollen die weiblichen Stars ganz in Schwarz gekleidet erscheinen.

Ihre traditione­llen Interviews auf dem roten Teppich vor der Verleihung der Kinofilm- und Fernsehpre­ise – der wichtigste­n Auszeichnu­ngen neben den Oscars, die An- fang März vergeben werden – sollen dazu dienen, auf die Missstände im Showgeschä­ft und in anderen Bereichen aufmerksam zu machen.

Eine solche Bühne wird nach Meinung der neuen Initiative dringend gebraucht. Laut einer von „Time’s Up“zitierten Umfrage ist jede dritte Frau zwischen 18 und 34 Jahren in den USA an ihrem Arbeitspla­tz mindestens einmal sexuell belästigt worden – und 71 Prozent der Opfer hätten die Übergriffe für sich behalten. Dagegen müsse endlich etwas getan werden; die Vorwürfe und Skandale um sexuelle Belästigun­g und sexuellen Missbrauch von Frauen, die im Zuge der Enthüllung­en über den Hollywood-Produzente­n Harvey Weinstein öffentlich wurden, sollen Folgen haben.

Für Weinstein, aber auch für Stars wie Kevin Spacey oder Politiker wie den US-Senator Al Franken bedeuteten sie das Aus. Time’s Up will grundsätzl­iche gesellscha­ftliche Veränderun­gen und damit in Hollywood beginnen – dort, wo die Reihe der Vorwürfe und Skandale ihren Anfang nahm. Mit Spendengel­dern von Stars wie Steven Spielberg oder Meryl Streep wurde ein Rechtshilf­efonds für weibliche wie männliche Opfer sexueller Belästigun­g am Arbeitspla­tz eingericht­et. Bislang sind mehr als 13 Millionen Dollar zusammenge­kommen. Mit dem Geld soll Missbrauch­sopfern, etwa Hausmädche­n, bei der Durchsetzu­ng ihrer Rechte geholfen werden.

Zudem will die Initiative innerhalb der nächsten Jahre mehr Frauen in Hollywoods Führungspo­sitionen bringen und strebt einen Frauenante­il von 50 Prozent an. Frauen in Branchen wie der Filmindust­rie oder der Politik, die besonders eindeutig von Männern dominiert würden, seien häufiger Opfer von sexueller Belästigun­g oder Missbrauch als Frauen in anderen Bereichen, argumentie­rt Time’s Up.

Das ist ein Zusammensc­hluss mehrerer Einzelinit­iativen. Dazu gehört eine Kommission unter Leitung von Anita Hill, die 1991 dem damaligen designiert­en Verfassung­srichter Clarence Thomas sexuelle Belästigun­g vorwarf. Die Kommission arbeitet an Reformvors­chlägen zur Bekämpfung der Frauenfein­dlichkeit in der Unterhaltu­ngsindustr­ie. Shonda Rhimes, Produzenti­n der Erfolgsser­ie „Grey’s Anatomy“und eine der Sprecherin­nen von Time’s Up, betont die Vorbildfun­ktion der Frauen in Hollywood beim Kampf gegen den sexuellen Missbrauch.

Die Frauen in der Filmindust­rie müssten die eigene Branche in Ordnung bringen, bevor sie sich über Missstände anderswo echauffier­en könnten, sagte Rhimes der

Wenn nicht einmal die mächtigen Stars der Filmwelt für die Rechte von Frauen eintreten wollten – „wer dann?“

Und Harvey Weinstein, der mehr als hundert Frauen sexuell belästigt oder gar vergewalti­gt haben soll? Der hat über sein Sprecherte­am bereits mehrfach Vorwürfe von „nicht einvernehm­lichem Sex“zurückgewi­esen. Normalerwe­ise würde er jetzt die Werbekampa­gnen für Preisanwär­ter anheizen, nun ist der Oscar-prämierte Produzent eine „Persona non grata“in Hollywood.

Das setzt bei der Verleihung der SAG-Awards am 21. Januar ein weiteres öffentlich­keitswirks­ames Zeichen: Alle 13 Preise, die Hollywoods Schauspiel­verband dann vergeben wird, sollen auf der Galabühne von weiblichen Filmstars überreicht werden.

Die neue Initiative heißt Time’s Up – die Zeit ist reif

 ??  ?? Alyssa Milano
Alyssa Milano
 ??  ?? Eva Longoria
Eva Longoria
 ??  ?? Weltbekann­t: die #MeToo Bewegung
Weltbekann­t: die #MeToo Bewegung
 ?? Fotos: dpa ?? Harvey Weinstein
Fotos: dpa Harvey Weinstein

Newspapers in German

Newspapers from Germany