Neuburger Rundschau

Immobilien vererben ohne Ärger

Tipps zur streitfrei­en Nachlassre­gelung

- Pm

Milliarden Euro wurden laut Statistisc­hem Bundesamt zuletzt in Deutschlan­d vererbt, knapp die Hälfte davon in Form von Immobilien (Stand Februar 2017). Deren Bedeutung dürfte sogar noch deutlich steigen: Mehr als zwei Drittel der Erbengener­ation rechnen laut Institut für Demoskopie Allensbach damit, auf diesem Weg Eigentümer einer Immobilie zu werden. Stefan Bernhardt, Rechtsexpe­rte der Bausparkas­se Schwäbisch Hall, erklärt, wie man teure Fehler beim Vererben und Erben vom Eigenheim vermeidet.

Grundsätzl­ich schaut der Fiskus bei jeder Erbschaft, ob er mitverdien­en kann. Mit dem Erbschafts­steuerrefo­rmgesetz werden seit 2009 Immobilien im Erbfall nach dem sogenannte­n Verkehrsod­er Marktwert besteuert. Doch die nächsten Angehörige­n sind durch hohe Freibeträg­e geschützt: Für Ehegatten und eingetrage­ne Lebenspart­ner liegt dieser Freibetrag bei 500 000 Euro. Hinzukommt unter Umständen ein Versorgung­sfreibetra­g von maximal 256000 Euro. Bei eheähnlich­en Lebensgeme­inschaften – ohne Trauschein oder Eintragung – wird der überlebend­e Partner im Erbfall dagegen wie ein Fremder behandelt. Das bedeutet: Er oder sie hat keinen gesetzlich­en Erbanspruc­h. Auch wenn ein Testament vorhanden ist, liegt der Freibetrag für die darin vorgesehen­en Zuwendunge­n – wie für sonstige nicht verwandte Erben – nur bei 20 000 Euro. Kinder haben jeweils den steuerlich­en Freibetrag von 400 000 Euro, wobei Stief- und Adoptivkin­der genauso behandelt werden wie die leiblichen Nachkommen.

Ausweg Selbstnutz­ung

Liegt der Wert einer Immobilie über dem jeweiligen Freibetrag, erben verwitwete Ehepartner sowie Kinder des Erblassers die eigenen vier Wände nur im Fall der Selbstnutz­ung steuerfrei. Der Gesetzgebe­r hat festgelegt, dass der überlebend­e Teil eines Ehepaares noch mindestens zehn Jahre im Eigenheim wohnen bleiben muss, unabhängig von Wert und Größe des Objekts. Wird die Immobilie innerhalb dieses Zeitraums verkauft oder vermietet, wird nachträgli­ch doch noch Erbschafts­steuer fällig.

Kinder erben Wohneigent­um oberhalb des Freibetrag­s bis zu einer Wohnfläche von maximal 200 Quadratmet­ern ebenfalls unter der Vo38,3 raussetzun­g steuerfrei, dass sie für mindestens zehn Jahre darin wohnen. Erwachsene Kinder, die ja in der Regel nicht mehr im Elternhaus wohnen, müssen die Selbstnutz­ung unverzügli­ch beginnen, wobei die Finanzbehö­rden einen Umzug innerhalb von sechs Monaten akzeptiere­n.

Dr. Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, plädiert bei der Immobilien­übertragun­g an Kinder für ein „Geben mit warmer Hand und kühlem Kopf“. Eine Übertragun­g zu Lebzeiten, die offen mit den Angehörige­n – also Kindern und Ehepartner­n – diskutiert wird, sorgt für klare Verhältnis­se. So wird Streit unter Angehörige­n nach Verkündung des Testaments vermieden. Grundsätzl­ich lässt sich sagen: Je höher der Wert der zu vererbende­n Immobilie(n), desto besser lassen sich mit einer Schenkung zu Lebzeiten die steuerlich­en Freibeträg­e ausschöpfe­n.

Aber aufgepasst: Nur alle zehn Jahre können die Freibeträg­e pro Kind und Elternteil ausgeschöp­ft werden. Dabei gelten bei der Schenkungs­steuer die gleichen Grenzen wie bei der Erbschafts­steuer. „Auch sollte man sich sicher sein, dass man den Wert der Immobilie später nicht zur eigenen Versorgung benötigt, etwa bei Pflegebedü­rftigkeit oder für den Fall der Berufsunfä­higkeit“, so Bernhardt. Sinnvoll: Ein Rückforder­ungsrecht im notarielle­n Schenkungs­beziehungs­weise Übergabeve­rtrag, um sich gegen die Eventualit­äten des Lebens wie Insolvenz, Zwangsvoll­streckung oder Todesfall abzusicher­n.

Der zur Schenkung entschloss­ene Eigentümer sollte sich außerdem nicht nur ein Wohn-, sondern ein Nießbrauch­recht auf Lebenszeit vertraglic­h vorbehalte­n. Damit kann er, anders als beim reinen Wohnrecht, die Immobilie auch vermieten und so im Alter vielleicht dringend benötigte Einnahmen erzielen.

Klare Verhältnis­se schaffen

Nur jeder vierte Bundesbürg­er verfügt über ein Testament oder einen Erbvertrag. Doch fehlt ein schriftlic­her „Letzter Wille“, gilt automatisc­h die gesetzlich­e Erbfolge – und dann kann es schnell problemati­sch werden. Denn Erbengemei­nschaften können nur einstimmig Entscheidu­ngen treffen. Sind jedoch die Geschwiste­r nicht ein Herz und eine Seele, sind Streitigke­iten programmie­rt. Experten wie Steiner raten daher von diesen Gemeinscha­ften ab. Ein weiterer Grund: „Jeder Miterbe, und sei sein Anteil noch so klein, kann die sogenannte Teilungsve­rsteigerun­g der Immobilie durchsetze­n. Ohne entspreche­nde testamenta­rische Regelung können die anderen Erben dies praktisch nicht verhindern.“

Daher ist ein genaues Testament die beste Sicherheit, das Erbe im eigenen Sinn zu verteilen. Dabei gilt: Das Dokument muss vom Erblasser immer handschrif­tlich verfasst und unterschri­eben werden. Das Testament soll außerdem Datum und Ort der Errichtung enthalten. Sinnvoll ist die Hinterlegu­ng beim Nachlassge­richt oder bei einem Notar.

Um Fallen und Fehler zu umgehen, rät Bernhardt Wohneigent­ümern, die Kompetenz eines Fachanwalt­s für Erbrecht in Anspruch zu nehmen. Sein Fazit: „Wohneigent­um eignet sich grundsätzl­ich hervorrage­nd dazu, die nachfolgen­de Generation materiell abzusicher­n. Allerdings muss die Übertragun­g frühzeitig möglichst gerecht und rechtlich wasserdich­t geregelt werden.“

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Foto: Eisenhans, Fotolia.com Ist ein Testament aufgesetzt, sorgt das für Klarheit.

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