Also sprach Mariss Jansons
Der geliebte Star-Dirigent kämpfte lange, letztlich erfolgreich, für den neuen Münchner Konzertsaal. Er dirigierte mit drei Jahren sein erstes Orchester
An diesem Samstag ist er mit „seinem“Orchester in Hamburg. Elbphilharmonie, Großer Saal. Gute Adresse. Sein Konzert aber wäre so oder so ausverkauft – ob Elphi oder Carnegie Hall, New York, oder Suntory Hall, Tokio. Die Auditorien dieser Welt liegen ihm zu Füßen, und es lieben ihn sogar – nicht unbedingt der Regelfall bei Dirigenten – seine Orchestermusiker.
An diesem Samstag dirigiert er „Also sprach Zarathustra“von Richard Strauss – Sie wissen schon, das Stück mit den Trompetenfanfaren zu Beginn, das auch in „2001 Odyssee im Weltraum“ertönt – und Prokofjews fünfte Sinfonie. Wir prophezeien und hören schon den Jubel der kühlen Hamburger zum Finale des Abends, der per Live-Stream im Internet zu verfolgen ist. Aber danach werden Huldigungen und Ehrbezeigungen, Lob und Preis erst richtig anheben. Denn um null Uhr Sonntagmorgen wird Mariss Jansons, der Chefdirigent vom Symphonieorchester des Bayerischen
75 Jahre alt.
72 Jahre davon war er musikalisch tätig – wenn seine Erinnerungen nicht trügen. Sie beginnen 1946, als er als Dreijähriger in seiner lettischen Geburtsstadt Riga sowohl Knöpfe als auch Stofftiere zu – leider noch stummen – Orchesterformationen drapierte. Dafür gab wohl mehr der Vater Anlass als die Mutter, eine Sängerin: Papa Arvid Jansons war auch schon ein bekannter Dirigent gewesen. Es fiel der Apfel nicht weit vom Stamm. Später studierte der junge Mariss in St. Petersburg das Klavier, die Violine und Orchesterleitung derart erfolgreich, dass Herbert von Karajan ihn in die legendäre Wiener Dirigenten-Schmiede von Hans Swarowsky vermittelte. Erste Berufserfahrungen sammelte Jansons in der Folge beim gefürchteten Jewgeni Mrawinski in Petersburg und – für stete 21 Jahre – bei den Philharmonikern in Oslo. Dann erst war er, durch Erfahrung gereift, bereit für die große Weltkarriere. Zweimal folgte er den Fußstapfen des überragend virtuosen Schlagtechnikers Lorin Maazel: 1997, als er das Pittsburgh Symphony Orchestra übernahm, und 2003, als ihn das Symphonieorchester des
nach München rief. Dort weiß man seitdem, was man an ihm hat: ein Interpreten-Vorbild, das für die Musik brennt und keine Anstrengung scheut – schon gar nicht in der Feinarbeit. Und so ist sein Vertrag bis 2021 festgezurrt.
Damit hat Mariss Jansons, der vielfach preisgekrönte DmitriSchostakowitsch-Spezialist, gute Chancen, den neuen Münchner Konzertsaal für das Orchester des
Bayerischen Rundfunks selbst einweihen zu können. Für ihn kämpfte er lange, für ihn spendet er auch sein 250 000-Euro-Preisgeld des Münchner Siemens-Musikpreises 2013. Vielleicht realisiert er dann im Münchner Werksviertel noch einen privaten Traum: neben dem Konzerthaus einen Kindergarten und eine Schule mit gezielter musikalischer Ausbildung.