Wer zahlt für die Straßen?
Anwohner müssen für den Ausbau kaputter Straßen oft ordentlich blechen. Ein Volksbegehren soll deshalb die umstrittene Straßenausbaubeitragssatzung zu Fall bringen. So denkt man in den Rathäusern darüber
Ein Volksbegehren soll die umstrittenen Straßenausbaubeitragssatzung zu Fall bringen. Was Bürgermeister in den Kommunen darüber denken.
Neuburg Schrobenhausen Das Damoklesschwert schwebt auch über Michael Böhm. Die Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) treibt die Rathauchchefs des knappen Drittels der über 2000 bayerischen Kommunen um, die bisher keine Kosten für die Erneuerung von Ortstraßen von ihren Bürgern erheben. „Man handelt sich Ärger ein, so oder so“, meint Böhm. In seiner Marktgemeinde fordern die Bürger die Sanierungen maroder Straßen, zahlen muss es die Gemeinde, Burgheim hat bisher keine Satzung. Die kommunale Rechtsaufsicht drängt die Kommunen deshalb dazu. Dann werden die Anlieger zur Kasse gebeten, was natürlich auch zu Unmut führt – vor allem bei jenen, die tiefer in die Tasche greifen müssen. Alle Bürgermeister im Freistaat verfolgen deshalb aufmerksam die aktuelle Diskussion im Landtag. Die Freien Wähler (FW) initiieren ein Volksbegehren zur Abschaffung der umstrittenen Gebühren, die CSU möchte die bisher geltende Solldurch eine Kann-Regelung ersetzen.
Michael Böhm hält nichts von einem Aufweichen der geltenden Satzung. „Dann läuft’s nämlich wie bisher, es bleibt an den Gemeinden hängen.“Er schlägt vor, der Staat die Kommunen entlasten und einen großen Topf für kommunale Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen einrichten.
Groß diskutiert wurde in jüngster Zeit die Strabs im Gemeinderat Ehe kirchen. Das Landratsamt verdonnerte die Kommune zu einer Einführung, weil sie hoch verschuldet ist und für den aktuellen Haushalt Darlehen aufnehmen muss. Die kommunale Rechtsaufsicht drohte, das Finanzwerk andernfalls nicht zu genehmigen. Das Thema wurde heiß diskutiert und sogar zweimal darüber abgestimmt. Zunächst hatte man sich für wiederkehrende Beiträge entschieden, dann aber den Beschluss gekippt und war auf Einmal- umgeschwenkt. „Ein sehr schwieriges Thema“, gibt Geschäftsleiter Stefan Fäustlin zu. Solange kein System gefunden werde, das Sanierung aus Steuermitteln finanziere, spalte die Strabs die Gemüter. „Die Straßen nutzen schließlich nicht nur die Anlieger. Es ist also mehr als gerecht, wenn die Allgemeinheit dafür bezahlt.“Die Kommunen alleine könnten diese Belastung nicht tragen, Flächengemeinden wie Ehekirchen schon gar nicht. „Sicher gibt es einige wohlhabende Kommunen in Oberbayern, die keine Satzung nötig haben. Und dann gibt es noch die Stadt München, die es sich politisch leisten kann, darauf zu verzichten.“Es sollte eine solidasolle rische Lösung gefunden werden, damit sich die Kommunen auf die Daseinsvorsorge für ihre Bürger konzentrieren könnten, „also Kanal und Wasser, Kinderbetreuung und so weiter.“
Bergheim und Rohrenfels vor den Toren Neuburgs haben schon lange eine Strabs. Doch es würde niemanden schmerzen, wenn sie abgeschafft würde, glaubt VG-Geschäftsleiter Josef Lux. „Man macht sich als Kommune immer unbeliebt. Entweder bei der Rechtsaufsicht, wenn man keine hat, oder bei den Bürgern, wenn sie zahlen müssen.“Kommt das Volksbegehren, werde diese Gebühr fallen, glaubt er deshalb.
„Abwarten und Tee trinken“, lauzahlung tet die Devise von Georg Hirschbeck. Der Rathauschef von Rennerts hofen befindet sich allerdings in der komfortablen Lage, dass die Rechtsaufsicht bei ihm bislang nicht vorstellig geworden ist. Die Marktgemeinde ist seit Jahrzehnten schuldenfrei und kann darauf verzichten, die Anlieger heranzuziehen. Doch das wird nicht immer so bleiben, es stehen Investitionen in Millionenhöhe ins Haus. Ein Anfang wird gerade mit der Schulsanierung gemacht. Doch solange die Rechtslage nicht eindeutig geklärt ist, sieht Hirschbeck (noch) keinen Handlungsbedarf – dafür aber den Staat in der Pflicht. „Das darf am Ende nicht auf die Kommunen abgewälzt werden, die sich das Geld dann von den Bürgern holen müssen. Denen wird nämlich schon genug aus der Tasche gezogen.“
Ähnlich gelassen gibt sich Kollege Karl Seitle in Karlshuld, auch wenn er sich über die allgemeine Praxis ärgert. „Du musst in Bayern bald Angst haben, wenn du Besitz hast.“In Karlshuld sei eine Strabs nie Thema gewesen. „Wir haben unsere Bürger noch nie belastet und uns bisher davor drücken können, weil wir keine Schulden haben.“Seitle macht keinen Hehl daraus, dass er von staatlicher Gängelung wenig hält und die Dinge lieber pragmatisch regelt. „Solange ich Bürgermeister bin, zahlen unsere Bürger nix.“