Neuburger Rundschau

Wer zahlt für die Straßen?

Anwohner müssen für den Ausbau kaputter Straßen oft ordentlich blechen. Ein Volksbegeh­ren soll deshalb die umstritten­e Straßenaus­baubeitrag­ssatzung zu Fall bringen. So denkt man in den Rathäusern darüber

- VON NORBERT EIBEL

Ein Volksbegeh­ren soll die umstritten­en Straßenaus­baubeitrag­ssatzung zu Fall bringen. Was Bürgermeis­ter in den Kommunen darüber denken.

Neuburg Schrobenha­usen Das Damoklessc­hwert schwebt auch über Michael Böhm. Die Straßenaus­baubeitrag­ssatzung (Strabs) treibt die Rathauchch­efs des knappen Drittels der über 2000 bayerische­n Kommunen um, die bisher keine Kosten für die Erneuerung von Ortstraßen von ihren Bürgern erheben. „Man handelt sich Ärger ein, so oder so“, meint Böhm. In seiner Marktgemei­nde fordern die Bürger die Sanierunge­n maroder Straßen, zahlen muss es die Gemeinde, Burgheim hat bisher keine Satzung. Die kommunale Rechtsaufs­icht drängt die Kommunen deshalb dazu. Dann werden die Anlieger zur Kasse gebeten, was natürlich auch zu Unmut führt – vor allem bei jenen, die tiefer in die Tasche greifen müssen. Alle Bürgermeis­ter im Freistaat verfolgen deshalb aufmerksam die aktuelle Diskussion im Landtag. Die Freien Wähler (FW) initiieren ein Volksbegeh­ren zur Abschaffun­g der umstritten­en Gebühren, die CSU möchte die bisher geltende Solldurch eine Kann-Regelung ersetzen.

Michael Böhm hält nichts von einem Aufweichen der geltenden Satzung. „Dann läuft’s nämlich wie bisher, es bleibt an den Gemeinden hängen.“Er schlägt vor, der Staat die Kommunen entlasten und einen großen Topf für kommunale Verkehrsin­frastruktu­rmaßnahmen einrichten.

Groß diskutiert wurde in jüngster Zeit die Strabs im Gemeindera­t Ehe kirchen. Das Landratsam­t verdonnert­e die Kommune zu einer Einführung, weil sie hoch verschulde­t ist und für den aktuellen Haushalt Darlehen aufnehmen muss. Die kommunale Rechtsaufs­icht drohte, das Finanzwerk andernfall­s nicht zu genehmigen. Das Thema wurde heiß diskutiert und sogar zweimal darüber abgestimmt. Zunächst hatte man sich für wiederkehr­ende Beiträge entschiede­n, dann aber den Beschluss gekippt und war auf Einmal- umgeschwen­kt. „Ein sehr schwierige­s Thema“, gibt Geschäftsl­eiter Stefan Fäustlin zu. Solange kein System gefunden werde, das Sanierung aus Steuermitt­eln finanziere, spalte die Strabs die Gemüter. „Die Straßen nutzen schließlic­h nicht nur die Anlieger. Es ist also mehr als gerecht, wenn die Allgemeinh­eit dafür bezahlt.“Die Kommunen alleine könnten diese Belastung nicht tragen, Flächengem­einden wie Ehekirchen schon gar nicht. „Sicher gibt es einige wohlhabend­e Kommunen in Oberbayern, die keine Satzung nötig haben. Und dann gibt es noch die Stadt München, die es sich politisch leisten kann, darauf zu verzichten.“Es sollte eine solidasoll­e rische Lösung gefunden werden, damit sich die Kommunen auf die Daseinsvor­sorge für ihre Bürger konzentrie­ren könnten, „also Kanal und Wasser, Kinderbetr­euung und so weiter.“

Bergheim und Rohrenfels vor den Toren Neuburgs haben schon lange eine Strabs. Doch es würde niemanden schmerzen, wenn sie abgeschaff­t würde, glaubt VG-Geschäftsl­eiter Josef Lux. „Man macht sich als Kommune immer unbeliebt. Entweder bei der Rechtsaufs­icht, wenn man keine hat, oder bei den Bürgern, wenn sie zahlen müssen.“Kommt das Volksbegeh­ren, werde diese Gebühr fallen, glaubt er deshalb.

„Abwarten und Tee trinken“, lauzahlung tet die Devise von Georg Hirschbeck. Der Rathausche­f von Rennerts hofen befindet sich allerdings in der komfortabl­en Lage, dass die Rechtsaufs­icht bei ihm bislang nicht vorstellig geworden ist. Die Marktgemei­nde ist seit Jahrzehnte­n schuldenfr­ei und kann darauf verzichten, die Anlieger heranzuzie­hen. Doch das wird nicht immer so bleiben, es stehen Investitio­nen in Millionenh­öhe ins Haus. Ein Anfang wird gerade mit der Schulsanie­rung gemacht. Doch solange die Rechtslage nicht eindeutig geklärt ist, sieht Hirschbeck (noch) keinen Handlungsb­edarf – dafür aber den Staat in der Pflicht. „Das darf am Ende nicht auf die Kommunen abgewälzt werden, die sich das Geld dann von den Bürgern holen müssen. Denen wird nämlich schon genug aus der Tasche gezogen.“

Ähnlich gelassen gibt sich Kollege Karl Seitle in Karlshuld, auch wenn er sich über die allgemeine Praxis ärgert. „Du musst in Bayern bald Angst haben, wenn du Besitz hast.“In Karlshuld sei eine Strabs nie Thema gewesen. „Wir haben unsere Bürger noch nie belastet und uns bisher davor drücken können, weil wir keine Schulden haben.“Seitle macht keinen Hehl daraus, dass er von staatliche­r Gängelung wenig hält und die Dinge lieber pragmatisc­h regelt. „Solange ich Bürgermeis­ter bin, zahlen unsere Bürger nix.“

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Foto: Norbert Eibel Wenn kaputte Ortsstraße­n saniert oder ausgebaut werden, müssen in den meisten Kommunen die Anlieger mitzahlen. Das könnte sich bald ändern.

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