Neuburger Rundschau

Ledvance Chef: Schließung ist unvermeidb­ar

Rüdiger Tibbe wurde als Sanierungs-Experte geholt, um dem angeschlag­enen Lampenbaue­r aus der Krise zu helfen. In seinem ersten Interview in neuer Funktion hat der Manager schlechte Nachrichte­n für das Augsburger Werk

- Weshalb? Interview: Stefan Stahl

Augsburg Der chinesisch­en Investoren gehörende Lampenhers­teller Ledvance steckt in der Krise. Deutschlan­dweit sollen rund 1300 Arbeitsplä­tze abgebaut werden, drunter etwa 700 in Augsburg. Dem Standort droht die Schließung.

Herr Tibbe, Sie wurden zur Sanierung des Unternehme­ns auf Zeit geholt. Was qualifizie­rt Sie für den Job? Tibbe: Ledvance unterstütz­e ich seit Oktober 2017 in der Umsetzung des Transforma­tions-Prozesses. Zusammen mit einem Team habe ich in 22 Jahren und in mehr als 100 Projekten zahlreiche Unternehme­n bei der Umsetzung von Veränderun­gsprojekte­n beraten. Der Fokus meiner Arbeit lag vor allem auf Firmen aus dem produziere­nden Gewerbe.

Wie ernst steht es um Ledvance? Tibbe: Ich sehe für Ledvance ein großes Potenzial, auch zukünftig eine bedeutende Rolle im LichtMarkt zu spielen. Klar ist aus Sicht der Geschäftsf­ührung aber auch, dass wir schnell tiefe Einschnitt­e insbesonde­re bei unseren Fertigungs­kapazitäte­n für traditione­lle Produkte wie Halogen- und Leuchtstof­flampen vornehmen müssen.

Tibbe: Weil deren Nachfrage schon seit Jahren stark rückläufig ist und im abgelaufen­en Jahr noch stärker als prognostiz­iert eingebroch­en ist. Für die meisten klassische­n Lampen gibt es sehr gute LED-Alternativ­en, die nur unwesentli­ch teurer sind, aber viel länger halten. Hinzu kommen Gesetzesin­itiativen, durch die nach der Glühlampe auch Halogenund Leuchtstof­flampen verboten werden. Unsere Standorte in Deutschlan­d sind ganz überwiegen­d auf die Fertigung traditione­ller Lampen ausgericht­et und massiv von den Entwicklun­gen betroffen.

Was bedeutet das für Augsburg? Tibbe: Das Werk Augsburg schreibt wie Berlin bereits jetzt rote Zahlen. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Profitabil­ität von Ledvance insgesamt aus und bedroht unsere Wettbewerb­sfähigkeit. Dem müssen wir schnell entgegenst­euern.

Muss der Standort Augsburg wirklich geschlosse­n werden? Tibbe: In Augsburg werden vor allem die T8-Leuchtstof­flampen hergestell­t, die rund 75 Prozent der Produktion des Lampenwerk­es ausmachen. Mit seinen rund 700 Mitarbeite­rn ist Augsburg der größte und auch personalko­stenintens­ivste europäisch­e Standort von Ledvance. Die Fertigungs­anlagen im dortigen Werk sind nur zu gut 30 Prozent ausgelaste­t, das Glaswerk nur zu gut 20 Prozent. Im laufenden Geschäftsj­ahr wird das Werk Augsburg bei hohen zweistelli­gen Millionen-EuroUmsätz­en einen Verlust im niedrigen zweistelli­gen Millionen-EuroBereic­h ausweisen. Dies ist ökonomisch nicht tragfähig, da es sich direkt auf die Gesamtprof­itabilität des Unternehme­ns auswirkt.

Bleiben Sie dabei, das Werk dichtzumac­hen? Gibt es keine Hoffnung? Tibbe: Aktuell ist geplant, das Augsburger Werk bis Dezember 2018 zu schließen.

Gibt es wirklich keine Alternativ­e zur Schließung? Was ist das für ein Gefühl, insgesamt in Deutschlan­d rund 1300 Stellen bei Ledvance abzubauen? Tibbe: Wir sind uns der Tragweite der Entscheidu­ngen sehr bewusst und haben uns diese nicht leicht gemacht. Deshalb wollen wir mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn die bestmöglic­hen Lösungen für unsere Mitarbeite­r finden. Trotzdem müssen wir handeln. Bevor die Geschäftsf­ührung den einheitlic­hen Entschluss gefasst hat, dass sich die Schließung des Standorts Augsburg nicht vermeiden lässt, haben wir uns mit zahlreiche­n Alternativ­en intensiv auseinande­rgesetzt.

Welche Alternativ­en sind das?

Tibbe: Wir haben etwa geprüft, ob sich durch die Rückführun­g von Fertigung aus dem Ausland und die Umrüstung oder Neueinführ­ung von LED-Fertigungs­linien ausreichen­d Jobs erhalten lassen, um eine Schließung abzuwenden. Leider ist das nicht der Fall. Die Fertigung von LED-Produkten ist im Wesentli- chen eine Endmontage von Fertigkomp­onenten. Hierfür wird viel weniger Personal benötigt als bei den klassische­n Lampen. Insofern lassen sich durch solche Maßnahmen bei weitem nicht genügend Arbeitsplä­tze sichern, um all unsere bestehende­n Standorte halten zu können.

Mitarbeite­r in Augsburg haben aber gute Alternativ­konzepte erarbeitet. Warum werden sie nicht umgesetzt? Tibbe: Wir haben alle bis dato von Werksseite eingebrach­ten Alternativ­konzepte geprüft und teilweise probehalbe­r auch umgesetzt. Leider hat sich dabei herausgest­ellt, dass diese Konzepte nicht wirtschaft­lich sind. Im Werk Augsburg haben wir beispielsw­eise signifikan­t investiert, um eine LED-Röhren-Produktion­slinie in Betrieb zu nehmen. Bei maximaler Auslastung können jedoch nur rund 30 Leute an dieser Fertigungs­linie beschäftig­t werden. Selbst ein Ausbau bei den Fertigungs­linien würde also nicht einmal annähernd genug Arbeitsplä­tze sichern, um den Standort zu halten. Ähnliches gilt für die Herstellun­g von Glasröhren für Solarmodul­e.

Warum verlagern Sie die LedvanceZe­ntrale nicht von Garching nach Augsburg, um den Standort zu retten? Tibbe: Auch diesen Vorschlag haben wir ernsthaft geprüft. Dabei haben wir nicht nur auf die Kosten geschaut, sondern auch Kriterien wie Standortat­traktivitä­t für unsere Mitarbeite­r oder den zeitlichen Rahmen der Durchführu­ng in unsere Erwägungen miteinbezo­gen. Gemessen an all diesen Aspekten ist ein Umzug betriebswi­rtschaftli­ch nicht sinnvoll.

Bei Ledvance geht es drunter und drüber. Warum musste Firmen-Chef Hansen gehen? Ist er gescheiter­t? Tibbe: Mit der Bestätigun­g des globalen Hauptsitze­s des Unternehme­ns in Deutschlan­d wird die Geschäftsf­ührung von Ledvance zunehmend aus der Zentrale in Garching bei München arbeiten. Infolgedes­sen hat das Unternehme­n entschiede­n, Ex-Ledvance-Chef Hansen, der in den USA, also Wilmington in Massachuse­tts ansässig war, durch einen dauerhaft in Garching ansässigen Chef zu ersetzen.

Wer ist der neue Aufsichtsr­atschef? Der anerkannte Manager Bernd Minning hat diesen Posten ja niedergele­gt. Tibbe: Der Aufsichtsr­at hat mit Tim Yun Chen einen neuen Vorsitzend­en gewählt. Chen ist ein erfahrener Manager und versierter Experte in der Licht-Industrie. Dank seiner langjährig­en, internatio­nalen Management-Tätigkeit im asiatischp­azifischen Raum sowie in Europa wird er bei Ledvance die globale wie lokale Perspektiv­e einbringen.

Und wer wird neuer Ledvance-Chef? Tibbe: Derzeit suchen der Aufsichtsr­at und die Gesellscha­fter einen neuen Vorsitzend­en der Geschäftsf­ührung. Die Entscheidu­ng über die Personalie wird voraussich­tlich im Rahmen einer Aufsichtsr­atssitzung Ende Januar fallen.

ORüdiger Tibbe, 61, hilft seit Oktober 2017 dem angeschlag­enen Lampen hersteller Ledvance, einen Weg aus der Krise zu finden. Der Experte wurde auf Zeit geholt. Dann kommt ein neuer Chef.

 ?? Foto: Ledvance ?? Rüdiger Tibbe ist ein Experte für Unternehme­n, die Krisen überwinden wollen, um wieder eine bessere Zukunft zu haben. Bei Led vance will der Restruktur­ierungs Experte hart durchgreif­en. Das Augsburger Werk soll geschlosse­n werden.
Foto: Ledvance Rüdiger Tibbe ist ein Experte für Unternehme­n, die Krisen überwinden wollen, um wieder eine bessere Zukunft zu haben. Bei Led vance will der Restruktur­ierungs Experte hart durchgreif­en. Das Augsburger Werk soll geschlosse­n werden.

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