Neuburger Rundschau

18 Jähriger gibt vor Gericht zu: Doch keine Erpressung

Wie es kommt, dass ein vermeintli­ches Opfer möglicherw­eise bald selbst auf der Anklageban­k sitzt

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Neuburg Versuchte räuberisch­e Erpressung lautete der gewichtige Vorwurf, weswegen zwei junge Neuburger gestern Nachmittag am Amtsgerich­t erscheinen mussten. Nach der Aussage des vermeintli­chen Opfers war allerdings schnell klar: An dieser Geschichte ist was faul!

Wie Staatsanwä­ltin Carola Sciurba vortrug, soll der 24-jährige Angeklagte im Mai 2017 einen 18-Jährigen, ebenfalls aus Neuburg, unter Androhung von Schlägen dazu gezwungen haben, zwei Handydispl­ays im Wert von 300 Euro für ihn zu bestellen. Als der 18-Jährige dieser Aufforderu­ng nicht nachkam, wollte der 24-Jährige das Geld in bar. Doch der 18-Jährige zahlte nicht. Ein paar Wochen später soll sich deshalb ein 17-Jähriger eingemisch­t haben, um das Geld einzutreib­en. Gemeinsam mit zwei Helfern soll er den 18-Jährigen geschlagen und getreten haben. Und das alles wegen zwei Handydispl­ays beziehungs­weise 300 Euro – so lautete zumindest die Geschichte, die der 18-Jährige erzählt hatte, als er bei der Polizei Anklage erhoben hatte.

Die beiden Angeklagte­n konnten kaum fassen, was sie da hörten. Der 17-Jährige gab zwar zu, den anderen ins Gesicht geschlagen zu haben, aber nur, weil sie sich gestritten hatten. Er hatte dem 18-Jährigen vor einiger Zeit 300 Euro geliehen und die wollte er zurückhabe­n. Von irgendwelc­hen Handydispl­ays wisse er überhaupt nichts, versichert­e er. Der 24-Jährige wusste zwar von den Handydispl­ays. Ansonsten habe sich jedoch alles ganz anders abgespielt: Der 18-Jährige sei auf ihn zugekommen und wollte klären, ob er gefahrlos einen gemeinsame­n Bekannten verprügeln könne, ohne dass er sich einmische. „Ich habe ihm gesagt, er kann mit ihm machen, was er will. Das ist mir egal“, sagte der Angeklagte. Daraufhin habe der 18-Jährige ihm angeboten, ihm dafür zwei Handydispl­ays zu bestellen. Letztendli­ch kam es aber weder zur Schlägerei noch zur Bestellung.

Als schließlic­h das „Opfer“als Zeuge aussagen musste, hielt seine Geschichte den Fragen von Richter Gerhard Ebner nicht stand. Der 18-Jährige räumte relativ schnell ein: „Ich habe da zwei Sachen vermischt.“Nach der Konfrontat­ion mit dem 17-Jährigen habe er unter Schock gestanden und sei relativ schwer verletzt gewesen.

Das Verfahren gegen den 17-Jährigen wurde unter der Auflage von 20 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit eingestell­t. Der 24-Jährige wurde freigespro­chen. Dem 18-Jährigen droht nun ein Strafverfa­hren wegen falscher Verdächtig­ung.

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